Die Studiengebühren als Stein am Fuss ausländischer Studierender: So sieht es die ÖH.

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Mit einer Aktion vor dem Bildungsministerium in Wien machte die Österreichische HochschülerInnenschaft (ÖH) am Mittwoch auf die Situation von ausländischen Studierenden aufmerksam. Der Hintergrund: Es zeichnet sich ab, dass Studierende aus Entwicklungsländern in Zukunft Studiengebühren zahlen müssen. "Das trifft eine Gruppe von Studierenden, die nicht viel Geld hat. Die meisten können sich das Studium dann nicht mehr leisten", ärgert sich die AusländerInnenreferentin der Bundes-ÖH, Basma Abu-Naim, im Gespräch mit derStandard.at.

Immerhin 726 Euro, doppelt so viel wie ihre österreichischen KollegInnen, müssen ausländische Studierende für ihr Studium pro Semester berappen. Studierenden aus Entwicklungsländern wurde dieser Betrag bisher wieder rückerstattet. Doch seit der Uniautonomie ist das anders, denn seit dem Sommersemester ist das Sache der Universitäten. Im Ministerium verteidigt man diese Vorgehensweise. "Das ist Ausdruck der Autonomiepolitik", erklärt Sektionschef Sigurd Höllinger gegenüber derStandard.at. "Die Gewöhnung an die Uniautonomie wird aber wohl noch dauern."

"Unis wollen die Gebühren nicht rückerstatten"

Die ÖH befürchtet, dass die meisten Universitäten diese Zahlungen nicht übernehmen werden. "Das hat unterschiedliche Gründe", erklärt Abu-Naim, "zum Beispiel weil es ein bürokratischer Aufwand ist, aber auch weil die Unis einfach Budgetprobleme haben." Ein Beispiel dafür sei die Musikuni Wien, erzählt die AusländerInnenreferentin: "Das ist die einzige Universität, die bereits angekündigt hat, diese Zahlungen nicht übernehmen zu wollen." Die ÖH gehe aber davon aus, dass die meisten Unis diesem Beispiel folgen werden.

Dies hat zur Folge, dass es österreichweit je nach Uni unterschiedliche Regelungen gibt. "Das ist einfach so", erwidert Höllinger. Es stehe Universitäten aber frei, ausländische Studierende im Rahmen von Austauschprogrammen nach Österreich zu holen: "Das haben die Unis selbst in der Hand", erklärt der Sektionschef.

"Chaos"

Die ÖH will sich mit dieser Erklärung aber nicht zufrieden geben. "Die derzeitige Situation ist ein Chaos, das das Ministerium mitverursacht hat", ärgert sich Abu-Naim. "Es hat den Unis einfach die Entscheidung überlassen." Aus ihrer Sicht dürfe sich das Ministerium nicht aus der Verantwortung stehlen: "Das ist Teil der Entwicklungspolitik und müsste auch aus diesem Budget bezahlt werden", fordert Abu-Naim. "Eine andere Möglichkeit wäre gewesen, Studierende aus Entwicklungsländern allgemein von den Studiengebühren zu befreien."

Diesem Gedanken kann Höllinger etwas abgewinnen, doch dass dem aber nicht so ist, sei eine politische Entscheidung. Das sei aber auch nachvollziehbar: "Schon bei österreichischen Studierenden ist die Überprüfung der finanziellen Lage schwierig. Bei ausländischen Studierenden ist das nahezu unmöglich."

"Großteils aus der Oberschicht"

Natürlich gäbe es Studierende, die aus armen Familien kommen, erklärt Höllinger. Er sei aber davon überzeugt, dass Studierende, die ihr Studium im Ausland absolvieren, großteils aus der Oberschicht stammen. "Studierende aus Entwicklungsländern grundsätzlich als arm anzusehen, wäre falsch. Die Armen sind in der Minderzahl", meint der Sektionschef und fügt hinzu: "Das ist natürlich nicht gut, aber es ist nicht unsere Aufgabe, das zu überprüfen."

Lösung für eine Gruppe ausländischer Studierende absehbar

Für einen Teil der ausländischen Studierenden aus Entwicklungsländern würde sich eine Lösung abzeichnen, erzählt Abu-Naim. "Studierenden aus den am wenigsten entwickelten Ländern werden die Studiengebühren vermutlich erlassen. Das ist gut, doch das sind nur 20 Länder und insgesamt betrifft das nur 250 Studierende", erkärt Abu-Naim ihre Vorbehalte.

"Bis zu 7.000 Studierende könnten ihr Studium abbrechen"

Die konkreten Zahlen, wie viele Studierende aus den betroffenen Ländern deshalb das Studium abbrechen, müsse man erst abwarten, erklärt Abu-Naim. "Viele trifft diese Änderung mitten im Studium und sie können es sich auf einmal nicht mehr leisten. Wir schätzen, dass bis zu 7.000 Studierende ihr Studium abbrechen könnten", vermutet die AusländerInnenreferentin. Diese Befürchtung teilt Höllinger nicht: "Das ist nicht absehbar."

Im Ministerium will man erst einmal abwarten. Natürlich sei es wichtig, dass Studierende aus Entwicklungsländern, aus den neuen EU-Mitgliedstaaten oder aus den zukünftigen Kandidatenländern in Österreich studieren. "Sollten die Unis tatsächlich vom Ausland abgeschnitten werden, muss man sich etwas überlegen", versichert Höllinger.