Wladimir Putin hat die Welt in Brand gesetzt. Der Einmarsch in die Ukraine war eine Kriegserklärung nicht nur an den Nachbarn, sondern an die gesamte vom Westen und speziell von den USA dominierte Weltordnung.

Unter dem Vorwand, die Rechte der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine zu schützen, hat er hunderttausende Ukrainer in die Flucht getrieben, tausende verwundet und mindestens hunderte getötet. Ausgerechnet die russischsprachige Bevölkerung trifft die Invasion dabei härter als alle anderen: Charkiw wird bombardiert, im Donbass rücksichtslos um jeden Meter verbrannter Erde gekämpft. Das ist ein Verbrechen!

Putin hat hunderttausende Ukrainer in die Flucht getrieben, tausende verwundet und mindestens hunderte getötet.
Foto: imago images/Agencia EFE

Sein Ziel, mit einer Art Blitzkriegtechnik die ukrainischen Streitkräfte zu vernichten, Kiew innerhalb weniger Tage einzunehmen, die Regierung festzusetzen und damit den Westen vor vollendete Tatsachen zu stellen, hat Putin dabei augenscheinlich nicht erreicht. Der Widerstand der Ukrainer erwies sich als härter, der Westen als geschlossener, als im Kreml gedacht. Auch wenn er militärisch weiterhin die Oberhand hat, steht er strategisch vor einem Scherbenhaufen. Der Nato, die er sich vom Leib halten wollte, könnte nun Finnland beitreten, das jahrzehntelang neutral war. Die Sicherheit Russlands, die er garantieren wollte, ist durch die Aufstockung der Militäretats in Europa gefährdeter denn je, und fast jeden Tag wird Russland mit neuen Sanktionen überschüttet.

Doch gerade hier ist Maß gefordert. Ziel muss sein, den Konflikt zu beenden, nicht ihn mit aller Macht weiter eskalieren zu lassen, um vielleicht Putin zu stürzen. Denn es geht hier nicht um Chips auf dem Casinotisch, sondern um Menschenleben.

Soziopathische Art Konfliktlösung

Putins Einsatz ist so hoch wie nie. Das hat er mit der Drohung eines Atomwaffeneinsatzes deutlich gemacht. Der Kreml-Chef hat sich praktisch keine Rückzugsmöglichkeit gelassen. Weiter in die Ecke getrieben, könnte er tatsächlich den roten Knopf drücken. Diese soziopathische Art Konfliktlösung kann niemand auf der Welt wollen.

Auch Variante zwei, in der Russland die Ukraine militärisch einnimmt, der Westen Russland durch Sanktionen straft und der Eiserne Vorhang sich schwerer als je zuvor über Europa legt, ist unbefriedigend.

Der Krieg kann nur durch einen Dialog beendet werden. Dass sich Kiew und Moskau ohne Vermittler auf ein Ergebnis einigen, ist mehr als ungewiss. Ein Schlichter ist gefragt, zudem jemand, der Putin einen Ausweg weisen kann, eine Möglichkeit, sich gesichtswahrend aus der Ukraine zurückzuziehen.

Viele Möglichkeiten gibt es nicht. Der Ukraine zuzumuten, weiteres Territorium aufzugeben, um Putin eine Pufferzone zu sichern, ist ungerecht. Es würde zudem womöglich in Moskau als Ermutigung aufgefasst, Konflikte auch künftig militärisch zu lösen. Drittens scheint auch unrealistisch, dass Kiew darauf eingehen würde.

Aber Selenskyj hat gesagt, dass er bereit sei, über den neutralen Status der Ukraine zu reden. Das könnte ein Ansatzpunkt sein – unter der Bedingung, dass dieser Status nicht nur Russlands Sicherheit, sondern auch die der Ukraine gewährleistet. Eine Art Finnland – das nach Westen strebende Land tritt der EU bei, verzichtet aber gleichzeitig auf den Nato-Beitritt – wäre eine Möglichkeit, die es zumindest auszuloten gilt. (André Ballin, 2.3.2022)