Es ist ein paar Jahre her, da warnte die ÖVP-Bildungsministerin die Maturantinnen und Maturanten: Wenn sie einen Job wollen, dann sollen sie ja kein Lehramtsstudium anfangen. Weitsicht hat Elisabeth Gehrer zu Beginn der 2000er-Jahre wahrlich nicht bewiesen. Mittlerweile kämpfen Schulen in ganz Österreich mit dem konträren Problem: Lehrkräfte sind zur heißbegehrten Mangelware geworden, die laut den Plänen der Regierung künftig durch Quereinsteigerinnen aufgestockt werden soll.

Lehrende brauchen neben ihrem Wissen in ihrem Fach auch eine ausreichende pädagogische Expertise.
Foto: imago images/photothek/Thomas Imo

Die mit der Corona-Pandemie einhergehenden Ausfälle aufgrund von Quarantänen, Erkrankungen oder Risikopatientenregelungen haben das Problem an den Schulen offensichtlich gemacht und zudem massiv verschärft. Allerdings: Der Lehrkräftemangel begleitet das Land weit länger als das Virus.

Zu lange hat man nur die Symptome bekämpft, Sonderverträge vergeben, Studierende in die Klassen geholt und Lehrende etwas später in die Pension geschickt. Alles, um den Bedarf kurzfristig abzudecken, alles keine Dauerlösungen. Ähnlich ist es mit der präsentierten Dienstrechtsnovelle. Auch sie packt das Problem nicht an der Wurzel – nämlich, dass wenige junge Erwachsene nach der Schule weiter in der Klasse stehen wollen.

Sicher: Es ist gut für die Spätberufenen, dass sie eine höhere Planungssicherheit erhalten und keine Gehaltsabschläge mehr in Kauf nehmen müssen. Und es ist gut für die Schulen, dass sie ihre Personallöcher stopfen können. Aber auch das kann nur ein Provisorium sein.

Lehrende brauchen neben ihrem Wissen in ihrem Fach auch eine ausreichende pädagogische Expertise. Nur weil man chemische Prozesse versteht, kann man sie noch lange nicht Jugendlichen erklären. Vielmehr gehören Lehramtsstudien und der darauffolgende Karriereweg attraktiviert. Sonst muss sich die Regierung bald die nächste Sonderregel einfallen lassen. (Oona Kroisleitner, 29.6.2022)