26 M-Fahrzeuge zeigt die Sonderschau. Im Bild deren Historie, mit dem legendären M1 im Hintergrund.

Foto: Andreas Stockinger

Resi ist ungefähr das, was der F150 bei Ford – der meistgebaute Pick-up bei BMW. Stammt von 1986, ist ein Einzelstück, und der 192 PS starke "M3 Pick-up" diente viele Jahre im internen Werksverkehr als Transporter. Jetzt steht er hier im größten freien Raum der Sonderschau, die dem 50-Jahr-Jubiläum der M GmbH gewidmet ist, in acht Kapiteln würdevoll erzählt.

Doch schön der Reihe nach. Die Ausstellung beginnt, passend zum Objekt des Jubiläums, gleich einmal mit einem Paukenschlag: 2002 turbo und 3.0 CSL. Der Vorläufer des Turbo, der 2002 TIK, und der CSL waren zum Zeitpunkt der Gründung der BMW Motorsport GmbH (1972) "die jeweils erfolgreichsten Rennwagen im BMW-Motorsport", wie die Infotafeln verraten.

Das Entree mit BMW 2002 turbo und 3.0 CSL.
Foto: Andreas Stockinger

Alle Objekte stehen frei im Raum, kein Glaskobel, fast kein "Noli me tangere"-Schild, nur reinsetzen darf man sich natürlich nicht. – "Wir sind ganz bewusst in Vertrauensvorleistung gegangen, und das Publikum dankt es uns", erläutert Museumsdirektor Andreas Braun, der gern auch inkognito durch die Ausstellung flaniert, beim Rundgang. Er hat sich, gemeinsam mit Martin Schleypen (Pressesprecher BMW M) und Marc Thiesbürger (Pressesprecher BMW Klassik-Abteilung), extra Zeit genommen für ein anlassbedingtes Gespräch mit dem STANDARD, davon gleich mehr, erst einmal drehen wir in Ruhe unsere Runde.

In die Schatzkammer

Der Kurs ist ausgesteckt in den Farben der M-Trikolore – Blau-Violett-Rot –, und der bringt uns als Nächstes in die Schatzkammer, die nicht von ungefähr so heißt. In dezent abgedunkeltem Raum finden sich ein 328 von 1939, ein 3.0 CSi von 1971 und, vor allem: BMW-Chefdesigner Paul Bracqs geniales Konzeptfahrzeug "Turbo". Vorgestellt im M-Gründungsjahr 1972, nebenan liefen die Olympischen Spiele, ließ der schon das Design des M1 von 1978 erahnen.

BMW 3.0 CSi (1971) steht in der Schatzkammer.
Foto: Andreas Stockinger

"Front und Heck sind nicht etwa gesondert beleuchtet", macht Braun auf die Sinnestäuschung aufmerksam, "hier wurden extrem schreiende Farben verwendet, sehr aufwendig, um gute Sichtbarkeit im Verkehr zu erzielen". Also etwa das, was das Tagfahrlicht heute bewirkt. Genial.

Abteilung Motorsport

Weiter geht’s, dem M-Leitfaden folgend, nach dem Aerodynamik-Séparée zur Abteilung Tourenwagen, Motorsport. Hier stauen sich die Leute, Besucher aus aller Damen und Herren Ländern, wie denn überhaupt die Schau gut besucht ist, nicht nur an diesem Tag, bei draußen 35 Grad im Schatten.

Fünf Tourenwagen sind in diesem Kabinett ausgestellt, in einer Art Mezzanin darüber noch Motorräder, Rennlärm dringt zur authentischen Untermalung in Endlosschleife aus den Lautsprechern, multimediale Untermauerung und reichlich Textgestaltung runden das Thema ab.

Die Abteilung Motorsport wird nach der Schau Bestandteil der Dauerausstellung.
Foto: Andreas Stockinger

Vorbei am Lagerfeld-7er – BMW Individual hatte nach Vorgabe des Modegurus 2001 den L7 ausgeführt –, landet man im neben dem Tourensport wichtigsten Raum der Schau, in jenem, der sich mit der Historie der Serien-Ms befasst.

Historie der Serien-Ms

Von den ersten M3, M5, M7 bis hin zum, traraaaa, M1. Einmal zivil in Orange (277 PS, vmax 262 km/h), einmal rennmäßig: M1 Procar Nelson Piquet von 1979 – Procar war 1979/80 eine eigene Rennserie im Formel-1-Rahmenprogramm, ältere Semester werden sich noch daran erinnern. 3,5 Liter Hubraum aus sechs Zylindern in Reihe hat der geniale Keil, 470 PS und 310 km/h Höchstgeschwindigkeit und zwei Propeller hinten an den Ecken des Hecks.

BMW M1 (1978 bis 1981)
Foto: Andreas Stockinger

Propeller? Im selben Raum sind auch noch Kofferraumdeckel ausgestellt, die die koloristische Facettenvielfalt der aktuellen M-Fahrzeuge veranschaulichen sollen, und da weist Schleypen auf das Emblem. Das M-blem, um genau zu sein, weil in den M-Farben gehalten, und das kann jede M-Kundin, jeder M-Kunde sich anstelle des sonst üblichen Standard-Propellers aufs Auto pappen lassen – "aber nur heuer, im Jubiläumsjahr".

Skurrilitätenkabinett

Zum Bremsenabkühlen durchqueren wir anschließend einen luftigen Raum mit Isetta und 2002 ti, ein Gaudium fürs Publikum, und dann raus zur Abteilung Miscellanea, Skurrilitätenkabinett könnte man auch sagen, wenn man das nicht negativ wertend missversteht.

Dort grüßen wir erneut ergriffen: Resi. Und stolpern fast über den feuerwehrroten M8-Prototyp von 1989. Mit Klappscheinwerfern, 6,06-Liter-V12, 640 PS. Und, Stichwort V12: Z3.

Im Hintergrund der M8-Prototyp mit V12, davor "Resi" – M3-Pick-up für interne Transportdienste. "Resi, bring mal schnell ein paar Reifen."
Foto: Andreas Stockinger

"Wie, was?", werden Sie fragen. Wir trauten auch den Augen kaum, aber die haben tatsächlich probehalber einen 5,4-Liter-V12 mit 326 PS eingebaut. Kurz zur Auffrischung Z3: Mit dem stieg BMW 1995 in Großserie ins Roadster-Metier ein, er war auch BMWs erstes Bond-Car (M ist dort der Chef), in Golden Eye. Direktor Braun lässt extra die Motorhaube öffnen. Es hat kein Blatt mehr Platz, aber untergebracht haben sie den Zwölfender tatsächlich. Wie der sich fährt? "Etwas kopfschwer", grinsen die drei Herren.

Kapitel Design

Mit dem Kapitel Design, direkt vor der Rampe, wo es wieder rausgeht – drei Hommagen auf den M1 von 2008, 2015 und 2019 –, verlassen wir die ebenso gehaltvolle wie empfehlenswerte Sonderschau, die noch bis Ende des Jahres läuft. Zwei Räume werden dann, erläutert Braun, leicht umgestaltet und erweitert, Teil der Dauerausstellung: Tourensport und M-Historie; dort kommen zum Beispiel noch Motoren hinzu.

Und damit kurz zur M GmbH. Völlig zu Recht hält Braun eine Laudatio auf Jochen Neerpasch, Mitgründer und erster Geschäftsführer (1972–80). "Er hat mit seiner Person geprägt. Eigentlich war die M-Gründung nur ein Verwaltungsakt, Motorsport hat es bei BMW ja vorher schon gegeben. Da kam einer vom Niederrhein, der hatte bei Ford in Köln bewiesen, wie man als Rennleiter Rennen gewinnt, den wollte man haben. Die manchmal unbequeme, meist hemdsärmelige Art, wie er vorgegangen ist, das ist geprägt von höchster Professionalität. Er war der rechte Mann zur rechten Zeit." Schleypen ergänzt: "Neerpasch war einfach ein Macher. Der Geschäftsführer von M hat immer ein Macher zu sein."

Jaja, die Preußen

Eine hübsche Episode fügt Thiesbürger hinzu: "Paul Rosche (in den 1980ern verantwortlich für BMWs Formel-1-Projekt, Anm.) hat damals gesagt: ,Mit den Preußen kam das Chaos.‘ Dieser frische Wind vom Niederrhein, der hat einiges auf den Kopf gestellt. Das Lustige ist: Die M saß damals in der Preußenstraße."

50 Jahre jung ist auch das markante architektonische Ensemble BMW-Zentrale "Vierzylinder" und Museum vulgo "Weißwurstkessel".
Foto: Andreas Stockinger

Eine Firma in der Firma, rank und schlank und kurze Wege: Ob so was heute in Zeiten überbordender Bürokratie noch möglich wäre, darf bezweifelt werden. BMWs Hochleistungssubmarke ist heute jedenfalls hoch profitabel, jeder Schuss ein Treffer, und die größten M-Märkte sind Australien, Mittlerer Osten, Großbritannien und Japan.

Old- und Youngtimer-Szene: Bisheriger M-Rekord? Thiesbürger hat sich schlaugemacht: "Das war abseits von Auktionen. Ein M1 in Grau, von dem es nur vier Stück gab. Wurde 2021 für etwas unter einer Million Euro veräußert."

Legendenbildung

Und woher der anhaltende, phänomenal gute Ruf des 2002 turbo rührt, obwohl er eigentlich eine üble Heckschleuder war? Thiesbürger: "Das ist der erste Serien-Turbo in Europa, 1672 wurden produziert, der erste auch mit den legendären M-Farben. Unglaubliche Leistungswerte damals. Ein echter Porsche-Fighter, das schürt Legendenbildung."

Was sein persönlicher Favorit der M-Schau sei, wollen wir von Braun zuletzt noch wissen. "Da würde ich gerne kneifen." Stilistisch am gelungensten hält er aber M1 und M3. Thiesbürger kann sich dem anschließen: "Der M1, weil er eine ,italienische Affäre‘ ist, durch die Unterstützung von Lamborghini, Italdesign und Italengineering." Und der gelungenste aktuelle M? Für Schleypen zählt da unbedingt auch der gegen Jahresende startende M3 Touring dazu. Der Kombi für den eiligen Vater, die eilige Mutter.

Bei den Besucherzahlen glaubt Braun, nächstes Jahr wieder an Vor-Corona-Niveau anknüpfen zu können, "die Kurve geht jetzt schon steil nach oben". Wie es weitergeht, 2023? Mit 100 Jahren Motorrad. (Andreas Stockinger, 17.8.2022)