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Auf dem Land ist das Einfamilienhaus der Standard.

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Wie unser Ideal vom Wohnen aussieht, hat damit zu tun, wie wir selbst aufgewachsen sind, erzählte mir unlängst die Soziologin Carina Altreiter. Viele, die das Einfamilienhaus von klein auf kennen, vergleichen, wenn auch nur unterbewusst, jede Wohnung mit der Wohnsituation in der eigenen Kindheit – und dem, was damals als Maßstab galt. Und es stimmt, auch bei mir. Zwar habe ich es nie konkret geplant, dennoch war immer in meinem Hinterkopf: Auch meine Kinder würden irgendwann in einem Haus mit Garten leben.

Wer, wie ich, auf dem Land groß wird, für den ist das Einfamilienhaus der Standard. Das zeigt sich etwa darin, dass jene Menschen, die dort doch in Wohnungen leben, möglicherweise sogar zur Miete, automatisch als finanziell schlechtergestellt gelten. Obwohl sie das vielleicht gar nicht sind.

Leere Kinderzimmer

In der Stadt ist das anders: Wer in einer Wohnung aufwächst, hält es auch für vorstellbar, dass es die eigenen Kinder ebenso tun. Oft werden Mietwohnungen sogar in der Familie weitergegeben und dadurch immer wieder neu genutzt – je nach Familienkonstellation. Letztlich ist dies auch der nachhaltigere Weg, der am ehesten unserer Zeit entspricht. Anders als jene unzähligen Einfamilienhäuser, wo es mehrere Kinderzimmer gibt, in denen niemand mehr wohnt – höchstens mal am Wochenende.

Doch selbst ich, die ich mehr als glücklich bin in einer Wohnung in der Stadt, kann nur schwer Abstand nehmen von jener Prägung, die tief in mein Gehirn eingebrannt ist. Dazu kommen Politik und Gesellschaft, die uns vorgaukeln, das Einfamilienhaus sei die erstrebenswerteste Form des Wohnens: Bauen wird mit Förderungen unterstützt, die glückliche Familie lebt in der Fernsehwerbung natürlich im Haus mit Garten. Und schwups, schon glaubt man, das auch haben zu wollen – obwohl man es eigentlich besser weiß. (Bernadette Redl, 2.9.2022)