Eine Weiterführung des FH-Lehrgangs "Ganzheitliche Therapie und Salutogenese" wäre auf breite Zustimmung an der FH angewiesen.

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Von Homöopathie über Anthroposophie und ausleitende Verfahren bis hin zu Ayurveda: All diese und zahlreiche andere Fächer fernab der evidenzbasierten Medizin standen im Curriculum eines Masterlehrgangs, der laut ursprünglichem Plan dieser Tage mit neuen Studierenden an der Fachhochschule Campus Wien hätte starten sollen.

Doch nachdem DER STANDARD zu Jahresbeginn mehrfach über das inhaltliche Profil und Hintergründe zum ärztlichen Lehrpersonal – darunter Impfgegner und zahlreiche Proponenten alternativmedizinischer Vereine – berichtet hatte, ruderte die FH nach anfänglich vehementer Verteidigung ihres 2017 gegründeten Lehrgangs zurück. Die Bewerbungsphase für das berufsbegleitende Lehrangebot, das für Teilnehmende dieses Mal insgesamt rund 14.000 Euro für vier Semester hätte kosten sollen, wurde angesichts der Diskussionen gestoppt.

Aufgeheizte Atmosphäre

Man nehme sachliche Kritik ernst und werde den "Ganzheitliche Therapie und Salutogenese" getauften Lehrgang im Sommersemester evaluieren, überarbeiten und weiterentwickeln, hieß es. Lehrgangsleiter Gerhard Hubmann, der sich selbst sowohl als "Homöopath" wie auch als "Schulmediziner" bezeichnet, beklagte damals in einem Blogbeitrag die aufgeheizte Atmosphäre und dass sein methodisches Programm zum Opfer einer "Pauschalverurteilung" geworden sei. Zugleich versprach er jedoch etwa die Etablierung eines "Expertenrats auf wissenschaftlicher Basis" und gab sich überzeugt, den "Lehrgang in bester Weise weiterzuführen".

Nun aber zeigt sich: Eine weitere Auflage des Lehrgangs ist im jüngst gestarteten Wintersemester nicht zustande gekommen. Auch für etwaige spätere Zeitpunkte sind keine Bewerbungen möglich, wie die Fachhochschule bestätigt. Vollends aufgegeben haben die FH-Verantwortlichen die Zukunft des Lehrgangs aber offenbar nicht. In einer gemeinsamen Stellungnahme schreiben Geschäftsführer Wilhelm Behensky und Rektor Heimo Sandtner, dass der Prozess der Überarbeitung des Lehrgangs im Frühjahr sehr wohl begonnen habe, allerdings noch in der "ersten, analytischen Phase" stehe, die sich mit den vergangenes Jahr novellierten gesetzlichen Grundlagen für Weiterbildungslehrgänge beschäftige.

Fokus auf inhaltliche Qualität

Für die Frage des STANDARD, welche Expertinnen und Experten in den angekündigten wissenschaftlichen Beirat berufen wurden und zu welchen Befunden sie hinsichtlich der medizinisch fragwürdigen Fächer kamen, sei es hingegen noch zu früh, heißt es nun sinngemäß – neun Monate nach dem verhängten Stopp des Curriculums. Die Expertinnen und Experten würden "im nächsten Schritt der Überarbeitung eingebunden sein", stellen die Hochschulleiter Behensky und Sandtner in Aussicht. Dabei würden dann wissenschaftliche Qualitätskriterien im Fokus stehen.

Allerdings dürfte der Widerstand an der FH auch gegen eine abgewandelte Version des Masterlehrgangs – übrigens nicht zu verwechseln mit einem Masterstudium – beträchtlich sein. Die lokale Studienvertretung hat schon zu Jahresbeginn kritisiert, dass es dem allgemeinen Ruf eines Studienabschlusses an der FH Campus schade, wenn dort ein Master of Science für einen Lehrplan vergeben werde, der von alternativmedizinischen Ansätzen geprägt sei.

Stimmen gegen Neuauflage

Nun erklärt Leokadia Grolmus, ÖH-Chefin an der FH Campus: "Ich würde im Kollegium einer Neuauflage dieses Lehrgangs mangels wissenschaftlicher Grundlage nicht zustimmen. Ich kann mir angesichts der Stimmung an der FH auch generell nicht vorstellen, dass ein solches Ansinnen Chancen auf eine Umsetzung hat."

Die Meinungen im Kollegium sind für die Zukunft des Lehrgangs zentral, weil die Satzung der FH rechtlich vorschreibt, dass jede geänderte Version eines Weiterbildungslehrgangs dort beschlossen werden muss. Im Kollegium sitzen neben dem Rektorat auch Vertreterinnen und Vertreter des gesamten FH-Lehrpersonals, der Studiengangsleitungen und der Studierenden. Ohne Mehrheit im Kollegium würde der Master in Ganzheitlicher Therapie und Salutogenese also weiterhin auf Eis liegen. (Theo Anders, 7.10.2022)