Auch 2023 wird uns wohnpolitisch betrachtet wohl nicht fad werden.

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Ein neues Jahr, ein neues ... ja, was eigentlich? Ein neues Mietrecht, und das wäre ja aus wohnpolitischer Sicht sehr zu begrüßen, wird es auch 2023 nicht geben, jedenfalls höchster, an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nach. Dennoch stehen 2023 ein paar wohnpolitische Weichenstellungen an, auf die hier kurz eingegangen werden soll.

Jänner: Bautenausschuss, unter anderem mit Bestellerprinzip

Zum einen findet am 24. Jänner die sechste Sitzung des parlamentarischen Bautenausschusses in dieser Legislaturperiode statt. Dort gibt es zahlreiche Dinge zu besprechen, etwa den vierten Baukulturreport, der schon seit fast eineinhalb Jahren fertig ist und erst jetzt im Parlament behandelt wird. Sicher ist aber auch das noch nicht, denn die Tagesordnung für die Sitzung steht noch nicht fest. Die SPÖ will hier auch über ihren Antrag für ein Einfrieren sämtlicher Mieten bis 2025 diskutieren, der seit vergangenem Juli im Parlament liegt.

Was hier aber mit Sicherheit von den Regierungsfraktionen beschlossen werden wird – denn das ist der Hauptgrund für die Einberufung der Ausschusssitzung –, ist das Bestellerprinzip bei den Maklerprovisionen. Kurz danach sollte die Änderung des Maklergesetzes dann auch vom Plenum abgesegnet werden. In Kraft treten soll das Bestellerprinzip wie berichtet am 1. Juli. Zu Änderungen dürfte es nicht mehr kommen, zu hart umkämpft war die Regierungsvorlage im Vorfeld.

Eventuell im März: Lagezuschlag vor dem VfGH

Ein paar Wochen später könnte es dann aber doch auch mietrechtlich spannend werden: In seiner Session im kommenden März könnte sich der Verfassungsgerichtshof mit einer Normenprüfung in Sachen Lagezuschlag befassen. Wie berichtet, wollte die Stadt Wien eigentlich eine solche Normenprüfung durchführen lassen – per Beschluss der Landesregierung. Dazu kam es bisher aber nicht, mutmaßlich deshalb, weil der kleinere Koalitionspartner der SPÖ, die Neos, in der Aufhebung des Lagezuschlags "kein besonders wirksames Mittel gegen die Teuerungen bei den Mieten" sieht, wie es vonseiten der Neos zum STANDARD heißt.

Die Mieterhilfe der Stadt Wien, die zum Wohnservice Wien gehört, wurde dann aber aktiv und hat in einem exemplarischen Fall eine Normenprüfung vor dem VfGH beantragt. Neuerlich werden sich die Verfassungshüter also unter anderem mit der Frage beschäftigen, ob die mittlerweile völlig aus dem Ruder gelaufene Berechnung des Lagezuschlags im Richtwertsystem noch gerechtfertigt ist. Ob es in der März-Session dazu kommt, entscheidet sich laut VfGH-Sprecherin Cornelia Mayrbäurl aber erst kurz vorher.

April: Richtwert-Anhebung

Ganz bestimmt hochkochen wird das Mieten-Thema bald aber auch deshalb (wieder), weil am 1. April die nächste gesetzliche Inflationsanpassung der Richtwerte ansteht. Diese sind die Basis für die Miete im Altbau, und die nun vorzunehmende Erhöhung wird wohl mit mehr als acht Prozent überaus empfindlich ausfallen. Basis für die Berechnung ist nämlich die Jahresinflationsrate des Vorjahres, die laut Schätzungen bei 8,3 Prozent zu liegen kommen dürfte. Genaueres weiß man in ein paar Tagen, wenn die Statistik Austria die offizielle Jahresinflationsrate des VPI bekanntgeben wird.

Die Richtwerte waren zwar erst im Vorjahr erhöht worden, doch dabei handelte es sich um ein Nachholen der für 2021 vorgesehenen Erhöhung. Diese fand pandemiebedingt nicht statt, sie wurde auf 2022 verschoben. Im damals beschlossenen Mietzinsrechtlichen Pandemiefolgenlinderungsgesetz ist aber klar festgehalten, dass es sowohl 2022 als auch 2023 zu einer Anhebung kommen muss, erst danach soll wieder der übliche Zwei-Jahre-Rhythmus eingehalten werden. Ein neuerliches politisches Gezerre um diese Anhebung ist programmiert.

Klarstellungen im WGG verlangt: Schutz vor Anlegern ...

Immer wieder ein Thema im oben erwähnten parlamentarischen Bautenausschuss ist auch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG), in das regelmäßig eingegriffen wird, zuletzt war das erst im Juni des Vorjahres der Fall. Bei der damaligen Novelle soll zumindest nach Ansicht einiger Expertinnen und Experten aber mutmaßlich ein handwerklicher Fehler passiert sein, der derzeit für erhebliches Aufsehen sorgt. Nichts Geringeres als ein "Ausverkauf" von Sozialwohnungen drohe dadurch nämlich, darauf machte unter anderen FPÖ-Bautensprecher Philipp Schrangl bereits wiederholt aufmerksam.

Ganz grob gesagt geht es darum, dass die Erläuterungen (!) zur erwähnten WGG-Novelle 2022 teilweise so missverständlich formuliert wurden, dass es zu erheblichem Interpretationsspielraum seitens der Gemeinnützigen, der Revision und der Aufsichtsbehörden kommen kann. Dadurch halten es zahlreiche Beobachter für möglich, dass dies zu ungewünschten Paketverkäufen führen kann, indem etwa ein Anleger "von einer gemeinnützigen Bauvereinigung in beispielsweise zehn Anlagen je drei Wohnungen – also ein Paket über 30 Einheiten – erwerben dürfte", wie Schrangl sagt. "Eine verheerende Interpretation, die dem schleichenden Ausverkauf des gemeinnützigen Wohnbaus Tür und Tor öffnet." Schrangl will deshalb einen Entschließungsantrag einbringen, mit dessen Hilfe diese mögliche Gesetzeslücke beseitigt wird. Zuvor hatten sich auch der Verband der Gemeinnützigen, der Verein für Wohnbauförderung, die Arbeiterkammer, die Wirtschaftskammer und das Land Niederösterreich besorgt gezeigt.

... und bessere Regeln bei der Kaufoption

Doch auch anderswo im WGG gibt es mehr oder weniger offensichtliche Schwachstellen. Dass es in immer mehr Fällen der nachträglichen Übertragung von Wohneigentum an Mieterinnen und Mieter mittels gesetzlicher Kaufoption zu Auffassungsunterschieden über die Höhe des Kaufpreises kommt (wie zuletzt etwa in Kitzbühel oder jüngst auch in Graz), stößt auch vielen Vertreterinnen und Vertretern der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft sauer auf.

In Tirol ist man auch schon vorgeprescht und fordert das zuständige Wirtschaftsministerium dazu auf, "klare Regelungen hinsichtlich Kaufpreisbildung beim Mietkauf" zu treffen. Auch hier könnte bzw. sollte es heuer noch zu einem gesetzlichen Eingriff kommen.

Was sonst noch fehlt: EWG

Für Hausbesitzer aller Art bzw. deren Interessenverbände wird auch überaus relevant sein, wann es nun endlich zum Beschluss des Erneuerbaren-Wärme-Gesetzes kommt. Die Regierungsparteien haben bereits im November im Ministerrat eine Regierungsvorlage dazu beschlossen, doch sie brauchen eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, ergo die Zustimmung einer Oppositionspartei. Laut Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) wird "an einem schnellstmöglichen Abschluss der Verhandlungen" gearbeitet.

Bundesländer: Wahlen, Bauordnungen, Raumordnungen

Und auch in manchen Bundesländern tut sich so einiges, das das Jahr 2023 wohnpolitisch zu einem sehr interessanten machen dürfte. In Niederösterreich, Kärnten und Salzburg wird demnächst gewählt, das Thema Wohnen wird in den Wahlkämpfen mit Sicherheit sehr präsent sein.

Tirol hat vor kurzem gewählt, auch hier war Wohnen ein wichtiges Thema; im Regierungsprogramm der neuen Koalition von ÖVP und SPÖ (PDF) ist ihm nun auch gleich das erste Kapitel gewidmet. Unter anderem hat man sich vorgenommen, ein Tiroler Modell des "sicheren Vermietens", wie es auch in Vorarlberg bereits besteht, zu etablieren, "um leerstehende Wohnungen wieder auf den Markt zu bringen". Und bekanntlich wurde in Tirol – wie auch in der Steiermark und in Salzburg – schon im Vorjahr ohnehin auch eine Leerstandsabgabe beschlossen, von der man heuer erst sehen wird, wie sie sich bewährt.

In Wien wird gerade die Bauordnung novelliert, man will da unter anderem die Altbauten (noch) besser schützen und auch in vielen weiteren Bereichen Weichenstellungen vornehmen. Die Novelle soll im Lauf des heurigen Jahres verhandelt werden, in Kraft treten dürfte sie voraussichtlich erst zu Beginn 2024.

Und im Burgenland ist derzeit eine Novelle des Raumordnungsgesetzes am Laufen. Dabei will das Land auch erstmals eine Abgabe auf unbebautes Bauland einführen. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) hat kürzlich bereits Änderungen durchklingen lassen, bis zum Februar will er die Abgabe durch den Landtag gebracht haben. Danach wird sie wohl ein juristisches Nachspiel haben: Sehr wahrscheinlich wird die Frage, ob sie verfassungsgemäß ist, vom Verfassungsgerichtshof beantwortet werden müssen.

Ein neues Mietrecht? Die Zeit drängt

Tja, und dann ist auf Bundesebene natürlich noch die eingangs schon erwähnte Frage offen: Geht die Regierung, wie von der Justizministerin im März 2022 versprochen, nach der Erledigung des Bestellerprinzips endlich die geplante Mietrechtsreform an? Nun, die Sterne stehen schlecht, denn 2024 wird schon wieder gewählt, und so ein Reformdialog wäre wohl – auch wenn schon wichtige Vorarbeiten geleistet wurden – nicht unter einem Jahr hinzubekommen. Fest steht aber: Mit der einen oder anderen Überraschung ist wohl zu rechnen; insofern erhebt diese Jahres-Vorschau keinen Anspruch auf Vollständigkeit. (Martin Putschögl, 5.1.2023)