Landesrat Gottfried Waldhäusl sorgt für Empörung – mit einer Provokationstaktik der FPÖ, wie man sie in Österreich seit Jahrzehnten kennt.

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Die FPÖ hat sich mit der Landtagswahl in Niederösterreich als politische Wiedergängerin und als erneuerter Machtfaktor bewiesen. Mit den ausländerfeindlichen, rassistischen Äußerungen Landesrat Gottfried Waldhäusls hat sie sich aber auch in den politischen Diskurs der Republik zurückkatapultiert.

Da stellt ein führender freiheitlicher Politiker aus dem größten Bundesland Österreichs im Fernsehen die Existenz von Wiener Schülerinnen und Schülern aus Einwandererfamilien infrage. Er stößt junge Menschen, ja Kinder, vor den Kopf – und schwelgt in der Vorstellung einer Stadt ohne Ausländer. Das markiert ein bedenkliches Comeback: Die ressentimentgetriebene freiheitliche Wählerstimmenbeschaffungsmaschinerie ist auf der politischen Bühne zurück.

Gezielter Tabubruch

Besagte Maschinerie ist eine der FPÖ inhärente Strategie. Sie besteht auf gezieltem Tabubruch durch rechtslastige Inhalte – und verleitet manche ihrer Adepten zum Handeln. So auch diesmal: In der Nacht auf Freitag brachten Identitäre in der Schule, deren Schülerin von Waldhäusl stellvertretend für alle Einwanderer beleidigt worden war, ein ausländerfeindliches Transparent an. Sie fluteten das Gelände mit Flyern rassistischen und verhetzenden Inhalts.

Vom Ablauf her sind derlei FPÖ-Provokationen immer gleich: Erst erfolgt der Angriff, etwas bisher Unsagbares wird laut verkündet. Das führt zu einem Aufschrei der Zivilgesellschaft und zu Kritik aus anderen Parteien. Das ist wichtig für das Land, doch die rechte Propagandawirkung kann es nicht beenden. Auch schlechte Nachrede erhöht die Bekanntheit.

Nehmen im weiteren Verlauf Empörung und Kritik überhand, so ist eine hohle Entschuldigung möglich. Absetzungen und Rücktritte von FPÖ-Politikern wegen rassistischer Ausfälle hingegen sind höchst unwahrscheinlich. Etwaige gerichtliche Urteile erfolgen erst Monate, wenn nicht Jahre später.

"Die Provokationstaktik der FPÖ hat Österreich seit inzwischen mehr als dreißig Jahren im Griff."

Nichts an diesem Ablauf ist zufällig, alles ist geplant – auch wenn der ursprüngliche Ausspruch spontan erfolgt sein sollte, wie es bei Waldhäusl jetzt vielleicht der Fall war. Im Grunde hat die Provokationstaktik der FPÖ Österreich seit inzwischen mehr als dreißig Jahren im Griff. Das hat zu einem massiven gesellschaftlichen Rechtsruck geführt und zu einer Verrohung der politischen Kultur beigetragen.

In den vergangenen zweieinhalb Jahren war das nun ein wenig anders. Dank Ibiza hatten wir derlei FPÖ-Affären schon fast verdrängt. Jetzt aber könnte uns das wieder öfter ins Haus stehen – wenn es nicht gelingt, den blauen Höhenflug zu stoppen. Die anderen Parteien scheinen dazu im Moment nicht wirklich in der Lage. Bleibt die Zivilgesellschaft, doch die hat sich diesbezüglich noch nicht formiert.

Aber funktioniert diesmal die Abwehr nicht, wird das Erwachen schmerzhaft werden. Scheinbar Überwundenes würde erneut die Politik dominieren. Erinnern wir uns etwa an das Ali-Video aus der Zeit von Türkis-Blau, das muslimische Einwanderer pauschal des E-Card-Sozialbetrugs bezichtigte. Oder ziehen wir, um dem aktuellen Anlassfall näher zu kommen, Waldhäusls Plan heran, Käufer von koscherem oder Halal-Fleisch zu registrieren.

Wieder gilt es zu beweisen: So sind wir nicht! Österreich hat Besseres verdient als solche Schmutzkampagnen. (Irene Brickner, 4.2.2023)