Gibt es künftig noch GIS-Hausbesuche? Eher nein, wenn eine Haushaltsabgabe für alle unabhängig vom Gerätebesitz kommt.

Foto: STANDARD Grafik Marie Jecel

Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) kann sich eine Haushaltsabgabe statt der GIS vorstellen, tat sie am Freitag öffentlich kund. Und: Sie soll für die zahlenden Menschen günstiger werden als bisher die GIS. Alle anderen Fragen ließ diese Erklärung offen. Davon gibt es eine ganze Menge. Ein erster Überblick über beantwortbare Fragen – und die vielen Punkte mit Klärungsbedarf.

STANDARD-Anfragen beim Medienministerium zu vielen der genannten Punkte wurden bisher mit dem Hinweis beantwortet, dass die Verhandlungen über die Haushaltsabgabe und ihre Ausgestaltung zeitnah beginnen würden. Im Finanzministerium verweist man auf das Medienministerium. Dort rechnet man derzeit nach STANDARD-Infos an Bundes- und womöglich Landesabgaben auf die GIS und ihrer Zukunft.

Frage: Wann kommt die Haushaltsabgabe statt der GIS?

Antwort: Der Verfassungsgerichtshof hat die aktuelle GIS-Regelung, die Streaming von der Zahlungspflicht ausnimmt, mit Ende 2023 als verfassungswidrig aufgehoben. Mit 1. Jänner 2024 sollte es dann die Haushaltsabgabe geben.

Frage: Warum soll ich eine Haushaltsabgabe für den ORF zahlen?

Antwort: Die Idee dahinter ist ein Beitrag zu einem Medienangebot im öffentlichen Interesse – von Information über Bildung, Kultur, Wissenschaft und Sport bis Unterhaltung; eigenproduzierte österreichische Fiction leistet sich neben dem ORF bisher nur Servus TV, das vom großen Mutterkonzern Red Bull unterstützt wird.

Und: Laut Marktforschung nutzt der größte Teil der Menschen in Österreich zumindest eines der ORF-Angebote von "Zeit im Bild" bis Ö3, von ORF.at bis TVthek.

Frage: Wer muss ab 2024 Haushaltsabgabe für den ORF zahlen?

Antwort: Im Grunde jeder Haushalt, wenn er nicht aus sozialen Gründen davon befreit ist. Die Regelung dürfte von der GIS übernommen werden: Derzeit sind Haushalte befreit, deren Nettoeinkommen nicht über dem jeweils aktuell gültigen Befreiungsrichtsatz liegt – das sind derzeit 1.243,49 bei Einpersonenhaushalten, 1.961,75 Euro monatlich bei zwei Personen und 191,87 für jede weitere Person. Derzeit sind fast 280.000 Haushalte von der GIS befreit.

Frage: Wie viele Menschen zahlen heute eigentlich GIS – und wie viele zahlen künftig?

Antwort: 2022 dürften rund 3,35 Millionen Haushalte und Firmen GIS-pflichtig gewesen sein – Kombigebühr und reine Radiogebühr inklusive Zweitwohnsitzen, für die teilweise nur saisonal (mindestens vier Monate) gezahlt wird. Wer künftig zahlen muss, lässt sich nicht beziffern, dafür fehlen künftige Regelungen über Zweitwohnsitze und für Unternehmen. Bisher vertritt die GIS etwa für Unternehmen mit Sitz im Haushalt, dass für Haushalt und Unternehmen jeweils einmal zu zahlen ist.

Frage: Müssen von der GIS verschonte Streaminghaushalte künftig Haushaltsabgabe zahlen?

Antwort: Ja, die Haushaltsabgabe wird unabhängig vom Gerätebesitz eingehoben. Befreiungen für Einkommensschwache soll es weiter geben.

Frage: Wie hoch wird die Haushaltsabgabe ausfallen?

Antwort: Gute Frage – es kursieren 16,50 oder 16,70 Euro pro Monat pro Haushalt für den ORF, derzeit erhält der ORF aus der GIS 18,59 Euro pro Monat (Kombigebühr). Aber selbst wenn dieser Wert klar wäre, weiß man noch nichts über den künftigen Aufwand pro Haushalt. Denn rund ein Drittel der GIS machen derzeit Bundes- und Landesabgaben aus. Ob sie künftig mit einer Haushaltsabgabe eingehoben werden, ist noch unklar.

Frage: Wer bestimmt künftig die Höhe der Haushaltsabgabe für den ORF?

Antwort: Derzeit beantragt der ORF-General spätestens alle fünf Jahre eine Neufestsetzung des Programmentgelts – meist eine Erhöhung. Über den Antrag entscheidet zunächst der Stiftungsrat und der Publikumsrat des ORF. Dann prüft die unabhängige Medienbehörde KommAustria, ob das beantragte Programmentgelt ausreicht, um den gesetzlich vorgegebenen öffentlich-rechtlichen Auftrag zu finanzieren oder ob gar zuviel beantragt wurde. Über die künftige Regelung ist noch nichts bekannt, die Medienbehörde dürfte aber eine wesentliche Rolle dabei spielen. Den Rahmen gibt die EU vor: Der ORF darf nur soviele öffentliche Beihilfen erhalten, wie er braucht, um den gesetzlich definierten öffentlichen Auftrag zu erfüllen.

Frage: Bleibt es bei den Landesabgaben auf die GIS auch bei der Haushaltsabgabe?

Antwort: Signale gibt es, dass sieben Bundesländer die Mittel aus der GIS auch künftig bekommen sollen – Vorarlberg und Oberösterreich verzichten auf Landesabgaben auf die GIS. Unklar scheint aber, ob sie tatsächlich mit der Haushaltsabgabe eingehoben werden oder ob sie doch über Bund-Länder-Vereinbarungen aus einem anderen Topf kommen. Dann aber stellt sich wiederum die Frage, ob Vorarlberg und Oberösterreich davon ausgenommen werden (können).

Die Landesabgaben auf die GIS machen derzeit immerhin bis zu 6,21 Euro pro Monat (in der Steiermark) aus. Insgesamt nehmen die sieben Länder mehr als 150 Millionen Euro pro Jahr mit der GIS ein.

Haushaltsabgabe mit oder ohne Landesabgaben macht schon einen deutlichen Unterschied bei den Kosten pro Haushalt.

Frage: Bleibt es bei den Bundesabgaben auf die GIS auch bei einer Haushaltsabgabe?

Antwort: Derzeit hebt der Bund Umsatzsteuer auf die GIS ein – das bringt dem ORF im Gegenzug einen Vorsteuerabzug von hohen zweistelligen Millionenbeträgen pro Jahr, auf die er ungern verzichtet. Aber: Derzeit läuft eine Sammelklage gegen die Mehrwertsteuer auf die GIS, der EU-Gerichtshof verhandelte gerade darüber, Ende Mai wird ein (meist richtungsweisender) Schlussantrag des EU-Generalanwalts zum Thema erwartet. Die Mehrwertsteuer macht derzeit 1,86 Euro pro Monat und Haushalt aus.

Auf die GIS hebt der Bund aber auch einen Kunstförderungsbeitrag ein – der könnte ins allgemeine Budget wandern und die Haushaltsabgabe entlasten, sagen Menschen mit erstem Einblick in die Materie. Dieser Beitrag macht derzeit 48 Cent aus.

Der Bund hebt zudem Radio- und Fernsehgebühr auf die GIS ein, sie machen zusammen 1,52 Euro pro Monat und Haushalt aus. Der Bund finanziert damit unter anderem 25 Millionen Euro Privatrundfunkförderung pro Jahr.

Frage: Wird die Haushaltsabgabe sozial gestaffelt?

Antwort: Die SPÖ fordert das, die Grünen thematisierten auch schon einen reduzierten Satz. Bisher gibt es aber dazu keine offiziell geäußerten Überlegungen – Milliardäre zahlen pro Haushalt so viel wie Supermarktregalbetreuer, soweit bisher erkennbar.

Frage: Wie wird die Haushaltsabgabe künftig eingehoben?

Antwort: Auch das ist noch nicht offiziell geklärt. Aber: Eine deutlich reduzierte ORF-Tochterfirma GIS – die künftig vielleicht anders heißt – könnte diese Abgabe einheben. Die GIS übernimmt schon jetzt hoheitliche Aufgaben für die Republik – sie managt etwa soziale Befreiungen von Telekom-Grundgebühren.

Frage: Müssen Zweitwohnsitze künftig volle Haushaltsabgabe zahlen?

Antwort: Bisher gibt es dazu keine tragfähigen oder gar offiziellen Informationen. Zweitwohnsitze mit Rundfunkgeräten sind bisher GIS-pflichtig, es gibt aber die Möglichkeit, nur für zumindest vier Monate Nutzung GIS zu zahlen.

Frage: Müssen Firmen künftig Haushaltsabgabe zahlen?

Antwort: Bisher gibt es dazu keine tragfähigen oder gar offiziellen Informationen. Bisher zahlen Unternehmen pro zehn TV- oder Radiogeräte im Betrieb GIS. Auch für Hotels, Pensionen und Ferienwohnungen gibt es Regelungen. Firmen sind jedenfalls auch in Deutschland, wo es seit 2013 eine Haushaltsabgabe für öffentlichen Rundfunk gibt, zahlungspflichtig.

Frage: Wann weiß man mehr über die Haushaltsabgabe?

Antwort: Gute Frage: Wenn das ÖVP-geführte Medienministerium die Verhandlungen "zeitnah" mit den Grünen und dem Finanzministerium und wohl auch mit den Ländern führt und zu Ergebnissen kommt.

Frage: Warum kündigt man eine Haushaltsabgabe an, wenn noch so viele Fragen offen sind?

Antwort: Gute Frage. Leider haben wir auch darauf keine Antwort. (Harald Fidler, 21.2.2023)