Wien – Kaum ein Mediengesetz hat in letzter Zeit für so viel Aufregung gesorgt wie die geplante ORF-Gesetzesnovelle. Sie bringt eine Neuregelung der ORF-Finanzierung und mehr Möglichkeiten für das öffentlich-rechtliche Medienhaus im Digitalbereich. Der private Mitbewerb kritisierte das Vorhaben teils scharf. Am Mittwoch könnte die Novelle nach Begutachtung der zahlreichen Stellungnahmen den Ministerrat passieren. Noch vor der Sommerpause soll das Gesetz im Parlament fixiert werden.

Mit der ORF-Gesetzesnovelle soll es in den Endspurt gehen.
Mit der ORF-Gesetzesnovelle soll es in den Endspurt gehen.
Foto: APA/EVA MANHART

Die Begutachtungsphase ist seit längerem verstrichen. Tausende Stellungnahmen gingen ein, viele davon von Privatpersonen, die sich am geplanten ORF-Beitrag in Höhe von 15,30 Euro pro Monat (anstelle 18,59 Euro) in Form einer Haushaltsabgabe anstatt der gegenwärtigen gerätegekoppelten GIS-Gebühr stoßen. Derzeit verhandeln ÖVP und Grüne noch, ob und, wenn ja, welche Veränderungen am Entwurf vorgenommen werden.

Konkretes ließ sich aus dem Medienministerium dazu nicht in Erfahrung bringen. Nur so viel: "Die Stellungnahmen werden geprüft. Ziel ist, das Gesetz vor dem Sommer auf den Weg zu bringen." Auch die Mediensprecherin der Grünen, Eva Blimlinger, hielt sich gegenüber der APA zu Inhaltlichem bedeckt, bekräftigte aber den zeitlichen Fahrplan. Die letzte Nationalratssitzung vor dem Sommer findet am 5. und 6. Juli statt.

Streaminglücke muss geschlossen werden

An der Umstellung der ORF-Finanzierung dürfte kaum gerüttelt werden, sieht doch auch ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshof (VfGH) vor, dass die sogenannte Streaminglücke - also das Streamen von ORF-Programm, ohne dafür zu zahlen - mit Jahresende geschlossen werden muss. Spekuliert wird dagegen über Änderungen bei den Werbebeschränkungen für den ORF. Diese könnten eventuell noch etwas nachgeschärft werden.

Laut Gesetzesentwurf sind stärkere Werbebeschränkungen im Radio- und Digitalbereich, die pro Jahr ca. 25 bis 30 Millionen Euro ausmachen sollen, geplant. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) bezeichnete diese als "praktisch wirkungslos". Der VÖP fordert, die Möglichkeit des ORF zur Überschreitung der täglichen Werbezeitgrenzen in TV und Radio ersatzlos zu streichen, die Werbezeit im TV-Hauptabend auf ein Maximum von 15 Minuten pro Sender zu beschränken und die Radiowerbezeit wirksam um 15 Prozent zu senken.

Heiß umstritten ist auch die Zukunft von ORF.at. Die "blaue Seite" ist mit ihrer Berichterstattung die mit Abstand reichweitenstärkste Nachrichtenseite des Landes. Dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) ist sie ein Dorn im Auge. Die Verleger kritisieren die Zeitungsähnlichkeit der Seite. Der Entwurf sieht vor, dass künftig 70 Prozent der "blauen Seite" aus Video- und Audiobeiträgen bestehen müssen und Textmeldungen nur noch 30 Prozent ausmachen, wobei diese bei 350 Meldungen pro Woche gedeckelt sind. Dem VÖZ geht dies nicht weit genug.

Limitierung gefordert

Der VÖP fordert wiederum eine Limitierung der Video- und Audiobeiträge. Maximal 300 bis 350 sollen laut dem Verband erlaubt sein. Die Onlinebereitstellungsdauer in der ORF-TVthek, die je nach Inhalt von derzeit sieben Tagen verlängert werden soll, will der Privatsenderverband auf maximal 30 Tage beschränkt wissen.

Der ORF sah in seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf, der dem öffentlich-rechtlichen Medienhaus künftig auch ermöglicht, Inhalte online only und online first produzieren zu dürfen, einen "ausgewogenen Kompromiss für das österreichische Medien-Ökosystem". Neben Werbebeschränkungen muss der ORF etwa auch einen Sparkurs fahren und einen Transparenzbericht zu Löhnen und Nebeneinkünften veröffentlichen. (APA, 12.6.2023)