"Für den gesamten Kulturbetrieb könnte man schon sagen, dass früher alles besser war. Aber für das Impulstanz-Festival ist es umgekehrt. Wir können uns – die staatliche Unterstützung betreffend – zwar noch immer nicht mit ähnlichen Festivals vergleichen, aber wir werden von der öffentlichen Hand zunehmend wahrgenommen und sind mittlerweile zu unserer Zufriedenheit subventioniert. Das war nicht immer der Fall. Obwohl wir immer ausverkauft waren, hat das Festival rote Zahlen geschrieben. Paradoxerweise veränderte sich das während der Pandemie. Durch die gezielten kulturpolitischen Maßnahmen konnten wir finanzielle Nachteile ausgleichen. Aktuell überlegen wir gemeinsam mit der Republik Österreich und der Stadt Wien, eine Stiftung zu gründen. Aber das ist ein Thema für die Zukunft. Jetzt konzentrieren wir uns auf unser 40. Jubiläum.

Intendant Karl Regensburger sitzt in seinem Büro
Karl Regensburger ist Impulstanz-Intendant. Das Festival feiert dieses Jahr 40. Jubiläum.
Impulstanz

Wir sind als reines Workshop-Festival gestartet und wurden anfangs von manchen Mitbewerbern belächelt. Doch wir konnten große Namen der Tanzszene gewinnen und entwickelten uns ständig weiter. Ich glaube, Impulstanz hat nichts an seinem subversiven Charakter verloren. Es hat sich bloß unsere Palette erweitert – oft um große Companies wie das Ballett der Pariser Oper oder das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch. Das sind die Programmpunkte, die oft auch ein eher traditionell eingestelltes Publikum ansprechen. Aber wir möchten diese hohe Kunst im Tanzbereich vor allem der jungen Generation näherbringen. Wir wollen zeigen, dass kommerziell erfolgreiche Stücke nicht zwangsweise konventionell sein müssen. Manche Menschen in der Tanzcommunity haben Vorbehalte gegenüber Choreografen und Choreografinnen, ohne jemals ein Stück von ihnen gesehen zu haben.

Empörung und Konflikte

Letztes Jahr eröffneten wir das Festival mit "Vollmond" von Pina Bausch. Jeder, der die deutsche Choreografin kannte, weiß, dass sie traditionelle Geschlechterrollenbilder überhöhte und damit persiflierte. Doch ich bin mir sicher, dass einige Studierende in Nordamerika über ihre Stücke heute nur den Kopf schütteln und sie als antifeministisch verstehen würden. Aber gut, die sind sowieso in einer ideologischen Einbahnstraße.

Vor ein paar Jahren war eine Art Karaoke-Veranstaltung Teil unseres Programms. Anstatt Lieder konnten die Teilnehmer und Teilnehmerinnen Reden, die sie besonders inspirierend fanden, vortragen. Eine blonde junge Frau aus der Schweiz hatte Martin Luther Kings "I Have a Dream" ausgewählt. Die Veranstaltung musste abgebrochen werden, weil die Empörung eines Teils des Publikums so groß war – eine weiße Person dürfe sich die Rede nicht aneignen, lautete der Vorwurf.

Karl Regensburger vor einem Impulstanz-Plakat
Vom 6. 7. bis 6. 8. gibt es bei Impulstanz Performances, Workshops und vieles mehr.
Impulstanz

Auch innerhalb unserer Community kommt es gelegentlich zu Konflikten, in denen sich die geopolitische Lage widerspiegelt: Palästinenser gegen Israelis oder Ukrainer gegen Russen, zum Beispiel. Aber wir verstehen das Festival als ein Zusammenkommen und Kennenlernen. Das kann auch sehr versöhnend sein, wenn man mit Menschen aus anderen Teilen der Welt spricht und von deren Problemen und Themen erfährt.

Klimafreundliches Festival

In Zeiten der Klimakrise achten wir natürlich darauf, dass unsere Gäste möglichst umweltschonend anreisen. Das klappt nicht immer. 2021 zum Beispiel hatten wir zwar für den Großteil der Leute aus Europa Zugfahrten gebucht. Aber aufgrund der Überschwemmungen in Deutschland mussten wir dann kurzfristig erst wieder auf umso teurere Flugreisen umdisponieren. Eine Ironie des Schicksals!

Der berühmte Choreograf Jérôme Bel treibt das klimabewusste Reisen auf die Spitze. Er fliegt überhaupt nicht mehr und lehnt es sogar ab, sich an seinem Wohnort Paris Performances von Companies anzusehen, die mit dem Flugzeug angereist sind. Früher war das überhaupt kein Thema. Heute setzen wir auf unsere Netzwerke vor Ort. Fachkundige Menschen, denen wir vertrauen, schauen sich Companies an und beraten uns bezüglich der Engagements fürs Festival.

Für die nächsten 40 Jahre Impulstanz wünsche ich mir, dass sich das Festival weiterhin gut entwickelt und seinen Spirit, aber auch seinen subversiven Charakter beibehält." (Michael Steingruber, 7.7.2023)

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