Die Inflation treibt die Mieten, davon sind auch die Kategoriemieten betroffen, die bereits per 1. Juli um 5,5 Prozent erhöht wurden, DER STANDARD hat berichtet. In bestehenden Mietverträgen wird diese Erhöhung mit etwas Verspätung erst jetzt, Anfang August, schlagend. "Das sind dann vier Erhöhungen in 15 Monaten von in Summe fast 24 Prozent", rechnet AK-Wohnrechtsexperte Walter Rosifka vor. Betroffen seien etwa 135.000 Mieterinnen und Mieter in Altbauten mit alten Mietverträgen, die zwischen 1982 und 1994 abgeschlossen wurden, davon rund 125.000 in Wien.

Zinshäuser in Wiens 4. Bezirk.
In Wien (Bild) sind rund 125.000 Haushalte von der aktuellen Erhöhung der Kategoriemieten betroffen.
Putschögl

Bei den Kategoriemieten gibt es eine gesetzliche Fünf-Prozent-Schwelle. Sobald die Inflationsrate (Verbraucherpreisindex, VPI) diese Schwelle überschreitet, steigt die Miete. Der Kategoriebetrag für die Kategorie A steigt nun von 4,23 auf 4,47 Euro pro Quadratmeter.

Für die Erhöhung per 1. Juli war die Indexzahl von März 2023 ausschlaggebend, mit der die Fünf-Prozent-Hürde erneut überschritten wurde. Weil die Indexzahl aber immer erst mit Verspätung von der Statistik Austria publiziert wird, steigt die Miete bei bestehenden Verträgen nun mit August. Bei Neuverträgen – die es im Kategoriemietsystem aber ohnehin so gut wie nicht mehr gibt, die Kategoriebeträge gelten hier nur für Wohnungen der Kategorien B bis D – gelten die neuen Mieten schon ab Juli. Die gesetzliche Erhöhung wurde am 7. Juni im Bundesgesetzblatt verlautbart.

Bei Neuverträgen gilt meist der Richtwert

Wird in einem Altbau mit mehr als zwei Wohneinheiten, der vor 1945 errichtet wurde, heute eine Wohnung vermietet, gilt – sofern es sich um eine Kategorie-A-Wonung handelt – das Richtwertsystem. Die Richtwerte unterscheiden sich von Bundesland zu Bundesland, in Wien liegt der Richtwert derzeit bei 6,67 Euro pro Quadratmeter. Auch die Richtwerte sind an die Inflation gekoppelt, sie wurden zuletzt im April angehoben. Vorausgegangen waren dieser Erhöhung politische Diskussionen über eine Mietpreisbremse, die aber scheiterten.

Auch im Neubau sind die meisten Mieten an die Inflation gekoppelt. In der Regel findet sich eine Wertsicherungsklausel im Mietvertrag.

Forderungen an die Politik

Arbeiterkammer, Mietervereinigung und ÖGB trommeln weiterhin für eine Mietpreisbremse. In jeweils eigenen Aussendungen forderten sie Dienstagfrüh die Bundesregierung zum Handeln auf. "Bei den Mieten kommt der nächste Hammer", schreibt ÖGB-Ökonomin Angela Pfister. Rund 425.000 Haushalte seien von inflationsbedingten Erhöhungen auch bei den freien Mieten betroffen – mit zum Teil schon der sechsten Erhöhung in zwei Jahren. Es müsse "endlich aktive Politik betrieben werden, um dieses gewaltige Problem zu lösen, sonst stehen wir vor noch viel größeren gesellschaftlichen Krisenherden".

Die aktuelle Erhöhung der Kategoriemieten werde für Mieterhaushalte in einer durchschnittlichen 70-Quadratmeter-Wohnung im privaten Altbau mit rund 220 Euro mehr pro Jahr zu Buche schlagen, rechnet Elke Hanel-Torsch, Vorsitzende der Mietervereinigung Wien, vor. "Rechnet man die insgesamt vier Steigerungen seit April 2022 bei den Kategoriemieten zusammen, dann muss ein 70-Quadratmeter-Haushalt eine Mehrbelastung von mehr als 800 Euro pro Jahr stemmen." Die Mietervereinigung sammelt nun auch per Petition Unterschriften für eine Mietpreisbremse: "Die Mieten sollen nicht öfter als einmal im Jahr erhöht werden, und die Erhöhung soll auf zwei Prozent begrenzt werden." In Ländern, die einen solchen Deckel umgesetzt haben – etwa Spanien, Portugal und Frankreich –, sei die Inflationsrate wesentlich geringer als in Österreich.

Beratungstermine häufen sich

Doch die Politik befindet sich nun in der Sommerpause. Einstweilen nehmen die Termine bei Beratungseinrichtungen weiter zu. "Wir werden seit Anfang des Jahres ziemlich überrannt", berichtet Anne Wehrum von der Fachstelle für Wohnungssicherung (Fawos) der Volkshilfe Wien dem STANDARD (siehe Artikel). Und auch in Vorarlberg steigt die Anzahl der Beratungen. Bei der Arbeiterkammer wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres 6.111 Termine gezählt, berichtet Präsident Bernhard Heinzle laut APA. Im Vergleichszeitraum des Vorjahre waren es noch 4.319.

Heinzle fordert angesichts dieses Anstiegs um 41,5 Prozent "Lösungen, die den Bürgern und nicht den Investoren helfen". Konkret verlangt er, dass das Land Vorarlberg "das leistbare Wohnen endlich als Grundsatz in seine Verfassung und ins Raumplanungs- und Grundverkehrsgesetz aufnimmt". (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 1.8.2023)