Bundeskanzler Karl Nehammer bei Hintergrundgespräch
Karl Nehammer lädt Medienvertreterinnen regelmäßig zu einem "Kanzlergespräch".
Michael Völker

DER STANDARD war das erste Medium, das über die Pläne von Bundeskanzler Karl Nehammer, das Bargeld in die Verfassung zu heben, berichtete. Das war gar nicht nach den Plänen des Bundeskanzlers. Für diese Geschichte sollte es nämlich eine Sperrfrist geben. Diese Sperrfrist war allerdings nur mit jenen Medien vereinbart, die vorab vom Bundeskanzleramt über die Initiative von Nehammer informiert wurden.

Grundsätzlich halten wir uns an Sperrfristen. Aber wenn man uns nicht einbindet und wir über Dritte draufkommen, was sollen wir tun?

Verwirrung und Verärgerung

Es war ein Zufall, wie wir auf diese Geschichte stießen. Eine Kollegin erfuhr, dass Nehammer eine Initiative zur Verankerung des Bargelds in der Verfassung plante, eine zweite Kollegin recherchierte über ihre Quellen die Details, ein dritter Kollege schrieb die Geschichte. Kurz vor 20 Uhr ging sie am Donnerstag online. Bei den anderen Medien, die vom Kanzleramt vorab informiert, aber angehalten wurden, diese Info erst am Freitag zu veröffentlichen, herrschte Verwirrung und Verärgerung. Mit ihnen war das anders ausgemacht. Aber nicht mit dem STANDARD. Der wurde vom Kanzleramt in keiner Phase eingebunden.

Freitagfrüh um fünf Uhr veröffentlichte schließlich die Austria Presse Agentur die Informationen, die sie im Rahmen eines Interviews mit Nehammer erhalten hatte. "Kurier", "Kronen Zeitung" und ein paar andere Medien waren zu diesem Zeitpunkt bereits mit der Geschichte draußen, inklusive Zitate des Kanzlers. Ab 5.30 Uhr veröffentlichte schließlich das Kanzleramt über mehrere Kanäle die Pläne. Auf die Rückfrage einer Kollegin des ORF, was denn aus der Sperrfrist geworden sei, antwortete der Sprecher des Kanzlers, das sei mit dem STANDARD zu besprechen.

Da gibt es nicht viel zu besprechen. Mit dem STANDARD wurde keine Sperrfrist vereinbart, wir wurden in dieser Angelegenheit vom Kanzleramt weder kontaktiert noch informiert. Was man besprechen könnte: Warum das Kanzleramt Informationen, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, nur sehr selektiv an bestimmte Medien weitergibt, andere aber von der Kommunikation ausschließt.

Faire Bedingungen für alle

Dass es Pressetermine oder auch Hintergrundgespräche gibt, in denen eine Sperrfrist für die Veröffentlichung vereinbart wird, ist nicht unüblich. Dann können alle Medien, egal ob Online, Print, Radio oder TV, zur gleichen Zeit berichten.

Abseits von der Causa Bargeld lässt sich allerdings feststellen, dass sich die Einladungspolitik des Kanzleramts insgesamt verbessert hat. Der Kreis der eingeladenen Medien wird weiter gefasst als etwa unter Sebastian Kurz, es werden nicht mehr nur "befreundete" Medien informiert. Und dann gibt es Vorgänge wie jenen von Donnerstagabend, wo das Kanzleramt versucht, einige Medien bevorzugt zu behandeln und andere zu ignorieren. Das kann auch schiefgehen. (Michael Völker, 4.8.2023)