Stefan Hochstaffl appelliert in seinem Gastkommentar an alle Bergsteigerinnen und Bergsteiger, ihre Entscheidungen in den Bergen stets an den Grundsätzen von Mitgefühl, Solidarität und Verantwortung auszurichten.

Blick auf den Gipfel des K2
Der gefährlichste Achttausender: ein Blick auf den K2. Auf dem Weg zu diesem Gipfel ereignete sich das Unglück, bei dem ein Hochträger starb.
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Der Unfall am K2, dem zweithöchsten Berg der Welt, bei dem Bergsteiger an einer sterbenden Person im Gipfelbereich vorbeigegangen sind, hat in der internationalen Bergsteigergemeinschaft und darüber hinaus für Aufsehen und Debatten gesorgt.

Zunächst müssen wir verstehen, dass die Bedingungen in solchen extremen Höhen – oft als "Todeszone" bezeichnet – extrem gefährlich sind. Die Luft ist dünn, die Kälte intensiv, und jeder Schritt erfordert unglaubliche Anstrengung. Unter solchen Bedingungen ist das Überleben oft eine Frage von Minuten, nicht Stunden.

An Situation angepasst

Jeder, der sich dazu entschließt, einen solchen Berg zu besteigen, sollte sich nicht nur über die körperlichen und technischen Anforderungen im Klaren sein, sondern auch über die moralischen und ethischen. Einem Mitmenschen in Not zu helfen sollte für jeden eine Selbstverständlichkeit sein. Dies gilt auch oder insbesondere für die Community der Bergsteigerinnen und Bergsteiger. An einem Berg wie dem K2 geht man bewusst ein erhöhtes Risiko ein, unabhängig davon darf die Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleiben.

Einige könnten argumentieren, dass der eigene Überlebenstrieb in solchen Extremsituationen jegliche andere Verantwortung überwiegt. Ich würde dem entgegenhalten, dass wir genau dann, wenn die Umstände am schwierigsten sind, zeigen müssen, was uns als Menschen ausmacht. Der Umfang einer Hilfeleistung mag unterschiedlich und an die Situation angepasst werden.

Menschlichkeit nicht verlieren

Ich appelliere an alle Bergsteigerinnen und Bergsteiger, ihre Entscheidungen in den Bergen – und auch jenseits davon – stets an den Grundsätzen von Mitgefühl, Solidarität und Verantwortung auszurichten. Das Bewusstsein für die potenziellen Gefahren und die Anerkennung unserer ethischen Verantwortung gegenüber anderen sollte immer Hand in Hand gehen mit unserer Leidenschaft für das Bergsteigen.

Der Österreichische Bergrettungsdienst steht stets bereit, um in Not Geratenen zu helfen. Ob in den heimischen Alpen oder im fernen Himalaya-Gebiet: Stets sollten wir uns daran erinnern, dass wahre Größe nicht darin besteht, einen Gipfel zu erreichen, sondern darin, auf dem Weg dorthin unsere Menschlichkeit nicht zu verlieren. In Gedanken sind wir bei den Familien und Freunden des verunglückten Sherpas. Mögen solche Vorfälle uns alle daran erinnern, auch in den Bergen stets achtsam, verantwortungsbewusst und menschlich zu sein. (Stefan Hochstaffl, 12.8.2023)