Im letzten Jahr mit den GIS-Gebühren dürfte der ORF tatsächlich auf einen Verlust zusteuern. Nach den jüngsten, den Stiftungsräten vorgelegten Prognosen wird nun ein Minus von zwölf Millionen Euro erwartet, Stand: Juli 2023. Mit Sparmaßnahmen liege es ein gutes Stück unter den vor dem Sommer prognostizierten 17 Millionen Minus. 2024 löst ein ORF-Beitrag von allen, unabhängig vom Empfang, die GIS ab. Der ORF soll ab 2024 mit dem Beitrag 710 Millionen Euro pro Jahr umsetzen. 2023 waren 676 Millionen aus der GIS prognostiziert.

An weiteren Sparmaßnahmen im Herbst werde gearbeitet. Ein ausgeglichenes Ergebnis lasse sich aber kaum erreichen, und wenn, dann nur mit massiven Einschnitten im Programm. 2022 schloss der ORF (ohne Töchter) mit 1,9 Millionen Ergebnis vor Steuern ab, 2021 mit 6,7 Millionen Plus.

Nullsummenspiel bei GIS-Meldungen

39.000 Menschen weniger als vom ORF für 2023 erwartet dürften sich schon im laufenden Jahr bei der GIS anmelden, lautet nun die aktuelle Prognose für das Gesamtjahr. Der ORF rechnete für 2023 mit rund 181.000 Anmeldungen, nun revidiert er den Wert auf rund 141.000.

Dafür meldeten sich auch weniger Menschen von der GIS ab, als er in seinen Prognosen für 2023 voraussagte. Als der ORF die Prognose im Sommer 2022 erstellte, hatte der Verfassungsgerichtshof die GIS zwar schon wegen verfassungswidriger Ausnahmen für Streaming aufgehoben, dass sie von einer Haushaltsabgabe von allen abgelöst wird, war da aber noch nicht fix.

Die Aussicht auf die seit März 2023 offiziell verkündete Haushaltsabgabe ab 2024 könnte die GIS-Abmeldungen für ein paar letzte Monate gebremst haben. Die Nogis, Anbieter von tunerfreien TV-Geräten zur GIS-Vermeidung, begann mit dem absehbaren Ende ihres Geschäftsmodells schon im Februar mit dem Schlussverkauf ihrer Geräte. Der ORF erwartete für 2023 221.000 Abmeldungen, nun sieht es nach dem jüngsten Statusbericht nach 182.000 Abmeldungen bis Jahresende aus. Ergibt: 39.000 Abmeldungen weniger als befürchtet. Das gleicht sich mit rund 39.000 Anmeldungen ziemlich genau aus.

ORF-Logo vor ORF-Zentrum
Noch ein paar Monate GIS sparen, bevor der ORF-Beitrag kommt: Nach ORF-internen Daten liegen die GIS-Anmeldungen unter den Erwartungen für 2023.
APA Eva Manhart

GIS auf den letzten Metern

Die GIS mit Ausnahmen für reine Streamingnutzung gibt es nur noch bis 31. Dezember 2023. Mit Jahresende hat der Verfassungsgerichtshof die bisher eingehobenen Rundfunkgebühren aufgehoben. Die Ausnahmen für Streaming seien verfassungswidrig, weil sie wesentliche Nutzungsmöglichkeiten von der Zahlungspflicht ausnehmen, entschied das Höchstgericht im Juni 2022.

Die Verfassungsrichter verlangten in der Entscheidung eine unabhängige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. ÖVP und Grüne entschieden sich für eine Haushaltsabgabe, eingehoben für alle Hauptwohnsitze (mit Befreiungen etwa für besonders Einkommensschwache) und von Firmen (ausgenommen: Einpersonenunternehmen) mit bis zu 99 Beiträgen pro Monat.

Mit heute, Freitag, gilt der neue ORF-Beitrag von allen ab 2024 als beschlossen, eine Abstimmungspanne der Regierungskoalition im Bundesrat führte zu einer sommerlichen Verzögerung. Eine freiheitliche Bundesrätin, eigentlich entschuldigt, erschien im Juli überraschend doch zur Abstimmung in der Länderkammer; ohne sie hätten ÖVP und Grüne im Bundesrat eine Mehrheit gehabt, obwohl sich zwei Mandatare aus den Regierungsparteien ebenfalls entschuldigt hatten. Mit der freiheitlichen Abgeordneten stand es nun 29 zu 29 – und dafür sind acht Wochen Abwarten vorgesehen, bis das Gesetz doch als beschlossen gilt. Am geplanten Inkrafttreten des Gesetzes mit Beitragspflicht für Hauptwohnsitze und Firmen unabhängig vom Empfang mit 1. Jänner 2024 ändert die Verzögerung nichts.

625.000 mehr zahlen weniger ORF-Beitrag 

Ab 2024 sollen 525.000 Haushalte und 100.000 Firmen mehr als bisher die GIS künftig ORF-Beitrag zahlen, wenn es nach den Erwartungen von ORF und Finanzministerium geht. Vom neuen Beitrag gehen künftig 15,30 Euro pro Zahlerin und Zahler an den ORF, bisher sind es bei GIS-Zahlern 18,59 Euro im Monat.

Vorschreibung für ganzes Jahr

Die ORF-Gebührentochter OBS (ORF-Beitrags-Service, bisher GIS) soll laut neuem ORF-Gesetz bisherigen Nichtzahlern gleich im Jänner die volle Jahresgebühr von fast 184 Euro vorschreiben. Wer der OBS die Abbuchung per Sepa-Lastschrift erlaubt, kann auch halbjährlich oder alle zwei Monate zahlen.

Ab 2026 gelten diese neuen Regeln – jährlich auf einmal zahlen oder per Sepa-Lastschrift stückeln – auch für alle bisherigen GIS-Zahlerinnen und -Zahler.

Bund streicht, Länder schlagen auf

Der Bund streicht mit 2024 seine bisher auf die GIS eingehobenen Abgaben – 3,86 Euro im Monat an Mehrwertsteuer, TV- und Radiogebühr (an den Bund) und Kunstförderungsbeitrag.

Sechs Bundesländer werden nach aktuellem Stand wie bisher auf die GIS Länderabgaben aufschlagen oder vergleichbare neue Gebühren verlangen. In Wien hat Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) diese Absicht gerade bekräftigt. Die Einnahmen gehen hier etwa in Altstadterhaltung.

Die Steiermark ließ verlauten, sie wolle künftig statt 6,20 Euro monatlich 4,70 Euro aufschlagen – das entspräche exakt dem bisher eingehobenen Prozentsatz bei reduziertem Betrag für den ORF. Kärnten arbeitet an seiner künftigen Landesabgabe, bisher hebt man einen Fixbetrag von 5,10 Euro ein und finanziert damit Musikschulen. Auch das Burgenland bleibt bei der Abgabe, derzeit 30 Prozent auf das Programmentgelt. Tirol hebt 20 Prozent Landesabgabe auf die GIS ein – und will auch eine auf den ORF-Beitrag.

Niederösterreich verzichtet mit 2024 auf die Landesabgabe auf die GIS. Salzburgs Landeshauptmann hat schon vor der Landtagswahl auf STANDARD-Anfrage wissen lassen, er fände einen Verzicht auf die Abgabe "sympathisch", wollte aber die Bildung der Landesregierung abwarten. Den "Kurier" ließ sein Büro nun wissen, das die neue Landesregierung das noch immer gut fände, die Umsetzbarkeit aber geprüft werde.

Vorarlberg und Oberösterreich heben schon bisher keine Landesabgaben auf die GIS ein und bleiben künftig dabei.

710 Millionen plus Bundeszuschuss für ORF

Der ORF erhält über die nächsten drei Jahre aus dem ORF-Beitrag je 710 Millionen Euro pro Jahr. Mit der Mehrwertsteuer entfällt für den ORF auch die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs, der beim ORF bisher rund 70 Millionen Euro pro Jahr ausmacht. Den entfallenden Steuervorteil gilt die Republik dem ORF mit 70 Millionen Euro ab. Dazu kommen 2024 30 Millionen Euro für den Weiterbetrieb des Radio-Symphonieorchesters und von ORF Sport Plus als TV-Kanal, 2025 und 2026 je zehn Millionen. (fid, 1.9.2023)