Wen erreicht der ORF nicht? ORF-Chef Roland Weißmann lässt vermessen.
Wen erreicht der ORF nicht? ORF-Chef Roland Weißmann lässt vermessen.
Foto: APA/EVA MANHART

Der ORF-Beitrag von allen wirkt offenbar, bevor er noch im Nationalrat beschlossen ist: Die in den vergangenen Jahren spürbaren Abmeldungen von der GIS haben sich verlangsamt, berichtete das ORF-Management seinen Stiftungsräten. Manche Streamer meldeten sich offenbar schon vorauseilend bei der GIS an.

Ab 2024 sollen alle Haushalte und Firmen ORF-Beiträge zahlen, unabhängig vom Empfang. Das Gesetz wird kommende Woche von der Regierungsmehrheit im Nationalrat beschlossen.

Das neue Gesetz sichert die Finanzierung des ORF mit einer Haushaltsabgabe, die Österreichs größtem Medienkonzern im Schnitt 2024 bis 2026 710 Millionen Euro einspielt. Für 2026 hat der ORF schon 742,5 Millionen Euro Finanzbedarf angemeldet, um seinen öffentlichen Auftrag zu bestreiten. Dazu kommen 70 bis 100 Millionen pro Jahr aus dem Bundesbudget, Abgeltungen für entfallenden Vorsteuerabzug und für die Fortsetzung von Radio-Symphonieorchester und ORF Sport Plus.

2023, mit dem letzten Jahr der GIS, wird sich kein ausgeglichenes Ergebnis ausgehen, berichtete ORF-Chef Roland Weißmann den Stiftungsräten am Montag im Finanzausschuss. Am Donnerstag hört noch das ganze ORF-Gremium seine Prognosen.

17 Millionen prognostiziert

17 Millionen Euro Minus erwartet der ORF-Chef derzeit für das Gesamtjahr 2023. Das liegt vor allem an der Werbung.

Die Werbeeinnahmen des ORF liegen im Gesamtjahr 16 Millionen Euro unter Plan, vor allem im Fernsehen. Der Werbemarkt insgesamt steht massiv unter Druck, private Medienunternehmen reagieren bereits mit Sparmaßnahmen.

Dem ORF fehlen zudem aus heutiger Sicht im laufenden Jahr 2,5 Millionen Euro aus den GIS-Gebühren, hieß es im Stiftungsrat. Dieses Pro­blem dürfte der ORF-Beitrag für den öffentlich-rechtlichen Medienkonzern lösen.

Stiftungsräte verwiesen im Finanzausschuss auf die ORF-Prognose vor einem Jahr. Da sagte das Management 23 Millionen Euro Minus für 2022 voraus – und landete schließlich im Jahresabschluss doch wieder klar im Plus.

Zehn Millionen erwartet

Das sei diesmal nicht zu schaffen, versicherte das ORF-Management. Erwartet würden zehn bis zwölf Millionen Minus für das laufende Jahr.

Und dieses Minus müsse der ORF in den Folgejahren zusätzlich mit Sparmaßnahmen einbringen. Das Management hat schon für das ORF-Gesetz mit ORF-Beitrag versprochen, 2024 bis 2026 kumuliert 325 Millionen Euro einzusparen. Üblich sind im ORF wegen laufender Kostensteigerungen 30 Millionen Euro pro Jahr zu kürzen.

Ab 2024 übernimmt die Republik schon die Kosten für das Radio-Symphonieorchester (RSO) und die TV-Ausstrahlung des ORF-Sportkanals.

Um den ORF-Beitrag von allen zu rechtfertigen, hat der ORF-Chef das Motto eines "ORF für alle" ausgegeben. Er darf künftig mit dem neuen Gesetz Formate für Streaming produzieren (bisher nur für Radio und TV). Das zielt auf ein Streaming­angebot vor allem für jüngeres Pu­blikum, als Vorbild und Kooperationspartner gilt Funk von ARD und ZDF; einen Kinder-Streamingkanal gibt das Gesetz vor.

Mit einer am Mittwoch im Programmausschuss präsentierten "Landkarte" lässt Weißmann die Marktforscher dokumentieren, welche Zielgruppen der ORF bisher nicht erreicht – und welche mit vielen überschneidenden Angeboten. Hier dürfte auch Spar- oder Effizienzpotenzial liegen. (fid, 28.6.2023)