Der Ausbau der Windkraft in Österreich stagniert.
APA/ROBERT JAEGER

Ein Windrad zu errichten ist heute deutlich teurer als noch vor kurzem. Die Anlagen selbst kosten mehr, ebenso ihre Errichtung. Die IG Windkraft beziffert den Preisanstieg mit rund 40 Prozent im Vergleich zu noch vor zwei Jahren. Dazu kommen hohe Zinsen, die wiederum die Finanzierung neuer Windräder erschwert.

Dieses Umfeld bremst den Ausbau – und trotz aller Regierungsziele für die Erneuerbaren verfehlt die staatliche Unterstützung für die Errichtung neuer Anlagen derzeit ihr Ziel. Wie sehr, das veranschaulicht das Ergebnis der jüngsten Ausschreibung für die Windkraft: Die Frist endete am Montag – und kein einziger Antrag war eingegangen, wie der STANDARD erfuhr.

Als Grund nennt die Branche den niedrigen Fördersatz, den die Regierung festgelegt hat. Die Grünen drängten im Sommer auf eine schnelle Anpassung, die ÖVP winkte ab.

So funktioniert die Absicherung

Grob funktioniert das Modell, um das es dabei geht, folgendermaßen: Anlagenbetreiber bekommen seit 2022 keinen festen Tarif mehr für den Strom, den sie ins Netz einspeisen. Stattdessen können sie in einer Ausschreibung einen Preis pro Kilowattstunde bieten, den sie mit ihrer Anlage mindestens erreichen wollen. Liegt der Strompreis, den sie später am Markt bekommen, über diesem Wert, gibt es keine Förderung durch den Staat. Bei deutlichem Überschreiten des Strompreises und damit der Erlöse müssen die Betreiber der Förderstelle zahlen.

Fallen die Stromkosten hingegen unter den gebotenen Preis, bekommen Betreiber die Differenz ausgezahlt. Der Höchstpreis für diese sogenannte Marktprämie, die in der Ausschreibung geboten werden kann, liegt derzeit bei 8,22 Cent pro Kilowattstunde. Das Modell soll als eine Art Absicherung dienen und etwa Betreibern helfen, Kredite von Banken zu bekommen – und gleichzeitig eine Überförderung in Zeiten besonders hoher Strompreise verhindern.

Doch ein Gutachten, das ein Konsortium der TU Wien, des Austrian Institute of Technology (AIT), der WU Wien und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung im vergangenen Herbst erstellt hatte, empfahl schon damals, den Betrag auf 9,28 Cent pro Kilowattstunde anzuheben. Passiert ist das nicht.

Schon im Frühjahr, bei der vergangenen Ausschreibung, wurde dann nur knapp die Hälfte des verfügbaren Volumens abgeholt. Jetzt sank die Zahl der Anträge sogar auf null.

Wenig Zeit für die Reform

"Die Energiewende wird drastisch verzögert", warnt der Geschäftsführer der IG-Windkraft, Stefan Moidl. Projekte, die in den Startlöchern stehen, gäbe es mehrere. Doch er kenne niemanden, der eine Anlage ohne die staatliche Absicherung bauen würde – allein schon weil Banken diese bei der Kreditvergabe verlangen. Überraschen würde ihn das Ergebnis nicht, ergänzt Moidl. Schon in den vergangenen Monaten hatte die Branchenvertretung eine Erhöhung gefordert, um den Ausbau nicht zu verschleppen.

Auch in der Regierung ist das angekommen: Die Grünen drängten bereits in den vergangenen Monaten auf eine Anhebung der Marktprämie. Ausschlaggebend dafür, dass keine Projekte zur Förderung eingereicht wurden, seien vermutlich die inflationsbedingt deutlich gestiegenen Errichtungskosten gewesen, erklärt das grüne Klima- und Energieministerium. "Wir streben deshalb weiterhin eine möglichst rasche Anpassung des Fördersatzes per Verordnung an", heißt es aus dem Ministerium.

Die ÖVP hingegen äußerte sich gegenüber dem STANDARD bis Redaktionsschluss nicht zu der fehlgeschlagenen Ausschreibung und einer möglichen Anhebung des Fördersatzes.

Doch die Zeit drängt: Die Bedingungen der Ausschreibung müssen zwei Monate vor dem Ende der nächsten Ausschreibung fixiert sein. "Jetzt muss schnell entschieden werden, ob die Marktprämienverordnung angepasst wird. Wenn sich die Regierung kommende Woche nicht einigt, ist das ebenfalls eine Entscheidung", sagt Moidl.

Weit ab vom Kurs

Ins Gewicht fällt das Ergebnis vor allem mit Blick auf den schleppenden Ausbau der Windkraft in Österreich. Während der Ausbau der Solarenergie annährend auf dem festgelegten Zielpfad ist, stagniert der Zubau von Windkraftanlagen.

Die Bundesregierung plant, dass ab 2030 jährlich 17,22 Terawattstunden Strom aus Windkraftanlagen kommen sollen.
Klimadashboard / Der Standard

Damit die Stromversorgung bis 2030 komplett aus erneuerbaren Energien gedeckt werden kann, soll die Windkraft bis dahin knapp über 17 Terawattstunden Strom im Jahr liefern. Heute liegt sie bei etwa sieben Terawattstunden – bereits seit Anfang 2022 gab es keinen nennenswerten Zuwachs mehr.

Der langsame Ausbau schlägt sich auch auf die Stromkosten in Österreich nieder: Die Stromkosten waren hierzulande seit der Stromzonentrennung im Oktober 2018 in Summe um rund drei Milliarden Euro höher als jene in Deutschland.

Ein großer Faktor dabei: die Windkraft. Sie hat in Deutschland einen ungefähr doppelt so hohen Anteil am Strommix wie in Österreich – das senkt vor allem im Winter, wenn Windkraftanlagen besonders viel Strom liefern, die Preise an den Strombörsen. (Alicia Prager, 27.9.2023)