Die Embraer C-390 Millennium fliegt
Die Embraer C-390 Millennium ist das neue taktische Flugzeug des Bundesheeres.
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Das österreichische Bundesheer hat eine neue Transportmaschine: Die Embraer C-390 Millennium ist das modernste Flugzeug seiner Art und soll die Lockheed C-130 Hercules ersetzen. Die Hercules wird seit 1956 produziert und ist damit bald 70 Jahre im Einsatz. Trotz ihres hohen Alters gilt sie bis heute als das Rückgrat der Luftversorgung vieler westlicher Streitkräfte. In Österreich ist die Hercules seit 1999 im Dienst und dient bislang vor allem der Versorgung von Bundesheersoldaten im Auslandseinsatz. Aber auch die österreichischen Maschinen sind bereits 56 Jahre alt, und ihre Wartung wird immer kostspieliger.

Auftritt: Embraer. Der brasilianische Flugzeugbauer erkannte, dass die Lockheed aufgrund ihres Alters wohl bei vielen Armeen bald ersetzt werden würde. Zwar gibt es eine moderne Variante, die "Super Hercules", aber Embraer setzte alles daran, eine Alternative zu entwickeln. Die neu gebaute Maschine sollte die alternde Konkurrenz in allen Belangen übertreffen, noch mehr Aufgaben übernehmen können und selbst unter Extrembedingungen noch funktionieren. Und: Statt der vier Turboprop-Triebwerke der Hercules sollte die Millennium über zwei Strahltriebwerke verfügen.

Der südamerikanisch-europäische Flieger

An der Entwicklung der C-390 waren neben Brasilien weitere zukünftige Nutzerstaaten beteiligt. So stammen Fahrwerk, Türen und Teile des Rumpfs aus Argentinien, manche Teile werden in Kolumbien und Chile gefertigt. Aber auch europäische Staaten sind am Bau der Millennium beteiligt: Unter anderem wird die Laderampe in Tschechien hergestellt. Weitere Zulieferer stammen aus Portugal und Frankreich. Der erste Prototyp wurde 2014 fertiggestellt. Abgehoben ist die C-390 zum ersten Mal im Februar 2015. Vier Jahre und einige Modifikationen später, am 4. September 2019, wurde die erste C-390 an die brasilianischen Luftstreitkräfte ausgeliefert.

Ein Blick ins Cockpit der C-390.
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Einsatzerfahrung in der Antarktis

Da es sich bei der Embraer um ein völlig neu entwickeltes und sehr junges Flugzeug handelt, ist die Einsatzerfahrung aktuell noch überschaubar. Aber die brasilianische Armee konnte mit der Flotte bereits über 8.000 Flugstunden sammeln und Missionen auf allen Kontinenten durchführen. Unter anderem waren C-390 bei der Versorgung von Geflüchteten zu Beginn des Ukrainekriegs im Einsatz. Der Hersteller sowie die brasilianische Armee verweisen auch gerne auf zwei Missionen, bei denen eine brasilianische Forschungsstation in der Antarktis erfolgreich versorgt wurde.

Löschflugzeug mit Bad und Bett

Doch was kann die C-390? Der Schulterdecker ist eine Art Schweizer Taschenmesser, was militärische Lufttransporte betrifft. 26 Tonnen Nutzlast können im 169 Kubikmeter großen Frachtraum transportiert werden. Zum Vergleich: Die Frachtraum ist groß genug, um einen gepanzerten Mannschaftstransporter Pandur Evo samt aufgebauter Waffenstation zu transportieren. Auch ein Blackhawk-Helikopter findet in der Transportmaschine Platz. Einzelladungen mit einem Gewicht von 19 Tonnen können während des Flugs abgeworfen werden. Dafür verfügt das Flugzeug über eine eigene Software, die den Abwurf steuert und die Landeposition ermittelt, während das Fly-By-Wire-System die Maschine auf Kurs hält. Alternativ ist die Millennium auch als Truppentransporter geeignet. Bis zu 64 Fallschirmjäger samt Ausrüstung kann die Maschine für Luftlandeoperationen transportieren.

Ein Blick in den Frachtraum mit geöffneter Ladeluke
Im Frachtraum der C-390 können bis zu 26 Tonnen Facht transportiert werden. Ein ganzer Blackhawk findet darin Platz.
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Alternativ kann die C-390 auch zu einem Löschflugzeug umgerüstet werden. Hierfür wird die Maschine mit einem 11.400 Liter großen Tank beladen. Abgeworfen werden Löschmittel und Wasser über einen Auslass hinter der linken Tragfläche. Bedient wird die C-390 von einer dreiköpfigen Crew: Pilot, Co-Pilot und Lademeister. Letzterer arbeitet in einem Terminal im Frachtraum. Außerdem verfügt das Flugzeug über ein kleines Badezimmer an Bord sowie eine Schlafmöglichkeit im Cockpit.

Militärische Ausstattung

Die C-390 ist zwar unbewaffnet, aber nicht wehrlos. Das neue Flugzeug des Bundesheeres verfügt über Nachtsicht, ein taktisches Radar und eine Wurfanlage für Täuschkörper, die anfliegende Raketen stören sollen. Zudem ist die C-390 gegen Beschuss durch leichte Infanteriewaffen (bis 7,62 Millimeter) gepanzert. Für den Einsatz in Krisengebieten kann die Maschine auch auf unbefestigten oder beschädigten Pisten landen. Für die Überlebensfähigkeit ebenfalls wichtig ist die im Gegensatz zur propellergetriebenen Hercules stark gestiegene Geschwindigkeit. Die Embraer erreicht 890 Stundenkilometer, die Hercules maximal 592 Stundenkilometer. Mit Zusatztanks und ohne Ladung hat die C-390 eine Reichweite von rund 8.400 Kilometern. Ist die Maschine mit 26 Tonnen voll beladen, reicht der Treibstoff für etwa 2.000 Kilometer.

Die fliegende Tankstelle

Vor allem letztere Zahl mag nicht nach viel klingen, aber hier kommt ein weiteres Feature der C-390 ins Spiel, das ihre Reichweite deutlich erhöht. Aufmerksamen Beobachtern dürfte auf Fotos der Maschine bereits ein seltsamer Fühler auf der linken Cockpitseite aufgefallen sein. Dabei handelt es sich aber nicht um einen Sensor oder gar eine Bordwaffe, sondern eine Sonde für Luftbetankung. Bei dem sogenannten Probe-and-drogue-System wird vom Tankflugzeug ein flexibler Schlauch mit einem kleinen Bremsschirm am Ende abgelassen. Das zu betankende Flugzeug dockt mit der Sonde daran an und wird so während des Flugs aufgetankt. Rund 1.500 Liter Treibstoff können so pro Minute übertragen werden. Die Aufgabe des Tankflugzeugs kann ebenfalls von einer C-390 übernommen werden. Die Embraer kann zur fliegenden Tankstelle umgerüstet werden (wobei diese Variante als KC-390 bezeichnet wird) und zwei weitere Flugzeuge auf die eingangs beschriebene Art und Weise auftanken.

Laut Hersteller Embraer ist die C-390 um 40 Prozent leistungsfähiger als die 1967 gebauten Hercules-Maschinen des Bundesheeres. Der Stückpreis des taktischen Flugzeugs aus Brasilien wird zwischen 130 und 150 Millionen Euro liegen. Zum Vergleich: Eine modernisierte Hercules kostet laut Angaben der U.S. Air Force aktuell mit rund 114 Millionen Dollar nur unwesentlich weniger. (Peter Zellinger, 29.9.2023)