Eine Aluminiumrolle zur Herstellung von Getränkedosen ist in einer Alu-Fabrik fertig zur Auslieferung.
In der Metallindustrie rollen Blech und Rubel - und die Inflation. Das treibt Personalkosten in lichte Höhen.
AFP / Sebastien Bozon

Sozusagen im Windschatten der Metaller beginnt am Dienstag die Herbstlohnrunde in der Sozialwirtschaft. Für mehr als 110.000 Beschäftigte in rund hundert Berufsgruppen des privaten, meist gemeinnützigen Sozial- und Gesundheitsbereichs wird um einen neuen Kollektivvertrag gerungen.

Viele der österreichweit 590 Mitglieds- und Trägerorganisationen sind überwiegend staatlich finanziert, letztlich sitzen also Bund und Länder mit am Verhandlungstisch, wenn über die Gehaltserhöhungen, Arbeits- und Urlaubszeiten der Dienstnehmerinnen und Dienstnehmer von Volkshilfe, Hilfswerk und Co verhandelt wird.

Das ist der große Unterschied zu den Metallern. In der aus fünf Branchenverbänden bestehenden Metallindustrie zahlen die Unternehmen die Löhne und Gehälter. Und deren Höhe gewinnt zunehmend an Bedeutung. Wohl sind Rohstoff- und Energiekosten nach wie vor von herausragender Bedeutung für die Erzeugerpreise, die Personalkosten sind in Krisenzeiten allerdings der dritte große Kostenblock, der nicht vorübergehend zum Tragen kommt, sondern dauerhaft. Ihn können Eisen- und Stahlerzeuger, Gießereien ebenso wie Maschinen- und Metallverarbeitungsindustrie bis zu einem gewissen Grad selbst beeinflussen. Hohe Abschlüsse, wie sie in Zeiten hoher Inflation von den Arbeitnehmervertretern gefordert werden, verschlechtern die durch hohe Energie-, Rohstoff- und Transportkosten ohnehin belastete Wettbewerbsposition auf den Weltmärkten.

Metaller-Abschlüsse seit 2017

"Zwei Abschlüsse mit neun oder zehn Prozent sind selbst für gut verdienende Branchen schwer auszuhalten", stellt einer aus dem Arbeitgeber-Verhandlungsteam der Metalltechnischen Industrie klar. Er verweist auf die anhaltend hohe Inflation, die wenig Hoffnung macht, dass die den jeweiligen Lohnverhandlungen zugrunde liegende "rollierende Inflation" (der zurückliegenden zwölf Monate; heuer 9,6 Prozent) erheblich sinken dürfte. Zwar ging die Teuerungsrate im September laut Schnellschätzung der Statistik Austria auf 6,1 Prozent zurück – ob dieser Trend im Lichte der beginnenden Heizsaison nachhaltig ist, bleibt abzuwarten.

Nachhaltig ist das Lieblingswort der Gewerkschaften Pro-Ge und GPA, deren Abgesandte unter Leitung von Pro-Ge-Chef Reinhold Binder und GPA-Geschäftsführer Karl Dürtscher am Montag für rund 160.000 Beschäftigte in der Maschinen- und Metallwarenindustrie verhandelten. Wobei verhandeln ein (zu) großes Wort sein dürfte. Vielmehr seien Standpunkte ausgetauscht worden. "Eine typische Auftaktrunde", verlautete es aus beiden Lagern unisono in der Verhandlungspause am frühen Nachmittag.

Was es kostet

Ein Gegenangebot der Arbeitgeber zur Forderung der Gewerkschaften nach einer Lohn- und Gehaltserhöhung um 11,6 Prozent gab es nicht. Dazu sei das Forderungspaket der Gewerkschaft zu unbestimmt. Zuerst müsse man wissen, was dieses Paket kostet, hieß es mit Verweis auf einen Produktionsrückgang um 5,5 Prozent und einen Einbruch der Auftragseingänge um 18 Prozent. Die Industrie ist in der Rezession.

Was unter der Gewerkschaftsforderung nach einer leichteren Erreichbarkeit der sechsten Urlaubswoche zu verstehen ist, dafür geben die parallel laufenden KV-Verhandlungen im Metallgewerbe einen Hinweis: Dort verlangt die Gewerkschaft nach jeweils fünf Jahren beim gleichen Arbeitgeber einen zusätzlichen Urlaubstag. Das könnte ein moderater Weg sein, Firmenzugehörigkeit und Treue zu honorieren, ohne Unternehmen zu überfordern. Denn es würde 25 Jahre dauern, bis die sechste Urlaubswoche voll ist.

Freundlich und friedlich

Wiewohl das Gesprächsklima als freundlich, friedlich und gesittet beschrieben wurde: Wie es um die Verhandlungskultur bestellt ist, wird sich am kommenden Montag weisen. Da kommen die Metallverarbeiter zur zweiten echten Verhandlungsrunde zusammen. Im Vorjahr, als die Energiepreise durch die Decke gingen und die Inflation stetig anstieg, bot die Industrie stoisch 4,1 Prozent, also die um Energie- und Lebensmittelpreise bereinigte "Kerninflation". Die Gewerkschaft antwortete mit Betriebsrätekonferenzen gleich nach der ersten Runde. Nach dem zweiten Termin gab es Betriebsversammlungen, und als auch der dritte Termin am 24. Oktober ohne ernstzunehmendes Arbeitgeber-Angebot verstrich, wurden Warnstreiks beschlossen. Dazu kam es nicht, am 3. November im Morgengrauen gab es einen Abschluss mit einem Plus von im Schnitt 7,4 Prozent. (Luise Ungerboeck, 2.10.2023)