In der Gegend rund um die süditalienische Millionenmetropole Neapel kommt die Erde nicht zur Ruhe. Wie schon weit Wochen – und insbesondere am 27. September – bebte auch am Montagabend kurz nach 22.00 Uhr neuerlich die Erde mit der Stärke 4,0. Epizentrum waren einmal mehr die Phlegräischen Felder am westlichen Ende des Golfes von Neapel.

Abendliche Schreck-Minuten in Pozzuoli bei Neapel
Abendliche Schreckminuten in Pozzuoli bei Neapel. Wieder einmal bebte die Erde. Die Sachschäden blieben diesmal gering.
EPA/CIRO FUSCO

"Es handelte sich um einen neuen 'Erdbeben-Schwarm'", erklärte am Dienstag Roberto Isaia vom Vesuv-Observatorium des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Die Intensität dieser Beben nehme zwar immer wieder zu, "aber es gibt noch keine Anzeichen dafür, dass Magma an die Oberfläche aufsteigt", fügte Isaia hinzu. Man könne allerdings „nicht die Möglichkeit ausschließen, dass sich kleine Mengen Magma in mehreren Kilometern Tiefe bewegen". Das Entstehen oder gar der Ausbruch eines Vulkans stehe also zurzeit nicht bevor.

Dutzende kleinere Erdbeben

Das Erdbeben der Stärke 4,0 vom Montag ist das bisher stärkste seit jenem eingangs erwähnten mit der Stärke 4,2. Seitdem ereigneten sich dutzende kleinerer Erdbeben, oft nur im Abstand von wenigen Stunden. Diese Beben sind jeweils nur kurz, treten aber mit hoher Frequenz auf.

"Die Dynamik ist ganz anders als bei Erdbeben, die beispielsweise im Apennin auftreten“, erklärte Isaia. Vor allem in den Regionen Umbrien, Marken und Abruzzen kommt es entlang des Gebirgszuges des Apennin alle paar Jahre zu vereinzelten, dafür aber sehr starken Beben – zuletzt war das in den Jahren 2016 und 2017 der Fall. Diese zerstörerischen Beben rund um Amatrice und L'Aquila, die mehrere Ortschaften dem Boden gleichgemacht hatten, ereigneten sich aber mehr als 200 Kilometer von Neapel entfernt und stehen geologisch und vulkanologisch in keinem Zusammenhang mit den Ereignissen unter den Phlegräischen Feldern.

Das aktuelle Beben bei Neapel hatte sein Epizentrum bei Pozzuoli in einer Tiefe von drei Kilometern. Die seismische Aktivität, die seit einiger Zeit zu beobachten ist, ist auf das Aufbrechen von Verwerfungen zurückzuführen, an denen sich der Boden aufgrund des Drucks des aufsteigenden Gases verformt", so Isaia.

Als schlimmstes Szenario wäre über kurz oder lang das Entstehen und der Ausbruch eines "Supervulkans" zu befürchten, berichten italienische Medien. Eine solche Eruption wäre wohl um ein Vielfaches zerstörerischer als der Ausbruch des östlich von Neapel gelegenen Vesuvs im Jahr 79 nach Christus, bei dem Pompeji und Herculaneum unter einer meterdicken Ascheschicht begraben wurden.

Menschen wären auch diesmal in Gefahr, und zwar zu Hunderttausenden: Allein auf den rund 120 Quadratkilometern Fläche der Phlegräischen Felder leben circa 500.000 Menschen. Zählt man den Großraum Neapel dazu, kommt man auf rund drei Millionen von einem allfälligen Ausbruch des Supervulkans direkt betroffene Personen.

Evakuierungspläne für den Ernstfall gibt es zwar – doch zahlreiche Fachleute halten sie für unzureichend. Und ganz prinzipiell sei es nicht möglich, ein Erdbeben oder einen Vulkanausbruch mit einer größeren Vorwarnzeit zu prognostizieren. (Gianluca Wallisch, Dominik Straub, 3.10.2023)