Sessel und Tische während der verordneten Geschäftsschließung gestapelt vor einem Geschäftslokal.
Leere Sessel, leere Kassen: So trist war die Situation für Gasthäuser, Restaurants und Hotels während der Corona-Lockdowns. Drei Jahre danach sorgt das Thema Corona-Hilfen noch immer für Ärger und Frust.
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Die Aufhebung der Konstruktion des Corona-Hilfen-Vehikels Cofag durch den Verfassungsgerichtshof ist für Finanzministerium peinlich, Einfluss auf die anstehende Sanierung der von der EU als unzulässig hoch befundenen Förderungen hat dies jedoch nicht. Die bevorstehenden Kürzungen ("Haircut") bei Corona-Hilfszahlungen für Unternehmen sorgen bei betroffenen Fördernehmern für Unruhe. Betroffen seien hauptsächlich große Fördernehmer, wird im Finanzministerium betont, insbesondere jene, bei denen Förderobergrenzen gemäß EU-Beihilfenrecht ignoriert und überschritten wurden.

Deren teils längst eingebrachte und abgearbeitete Förderanträge würden überprüft und gegebenenfalls aufgeschnürt. Betroffene müssten jedenfalls nicht fürchten, dass ihr Fördergeld linear um fünf Prozent gekürzt wird, wie man dies gemäß dem mit der EU vereinbarten Damage Compensation Scheme annehmen könnte. Vielmehr haben betroffene Unternehmen nun die Möglichkeit, das seinerzeit gewählte Förderinstrument durch den kommenden, unter dem Titel "Schadensausgleich" kursierenden neuen Hilfsmechanismus zu ersetzen. Nur die darüber hinausgehende Differenz würde dann von der Covid-19-Finanzierungsagentur Cofag zurückgefordert, also kassiert, heißt es.

Eine höhere Förderung ist jedoch ausgeschlossen. Ergebe die Neuberechnung eine höhere Unterstützungsleistung, was laut neuen Musterbeispielen rein rechnerisch nicht auszuschließen ist, wird die ursprüngliche Förderung aber nicht aufgestockt. Damit ist klar: Die angekündigten fünf Prozent Kürzung beziehen sich nicht auf die seinerzeit gemäß nationaler Verordnung gewährte Hilfszahlung, sondern auf eine Verminderung der Berechnungsbasis, also dem Gewinn beziehungsweise das Betriebsergebnis 2019..

Rückgang der Nachfrage

Denn die EU-Kommission legt als Maßstab einen allgemeinen Nachfragerückgang durch Corona zugrunde und kürzt um diesen Betrag den Gewinn, respektive das Betriebsergebnis.. Diesen Betrag haben die Betriebe zu schlucken. Aus 50 Euro Gewinn im Jahr 2019 werden so im neuen Schadensausgleich-Modell 47,5 Euro Gewinn.

Auf diesen Profit wird der im Jahr 2022 aufgrund von Lockdowns und Zutrittsbeschränkungen erlittene Verlust, also der durch Lockdowns entstandene tatsächlich erlittene Schaden von angenommen 50 Euro aufgeschlagen. Unterm Strich ergibt dies laut einem neuen Musterbeispiel des BMF eine Schadensausgleichssumme von 97,7 Euro. Ausgezahlt bekommt der Förderwerber gemäß dem neuen Schadensausgleich aber trotzdem nur die seinerzeit beantragte bewilligte Ersatzrate, die beim Verlustersatz70 Prozent des Gewinns von 2019 ausmachte. Denn die "Damage Compensation" sieht vor, dass kein Unternehmen mehr als die seinerzeit vorgesehene Hilfe bekommt. Das lässt insbesondere all jene Förderwerber hoffen, deren Hilfszahlungen deshalb noch nicht geflossen sind, weil ihr Antrag aus Sicht der EU-Kommission zu spät, nämlich erst nach dem 30. Juni 2022, eingebracht wurde.

Einigt sich die türkis-grüne Koalition nun endlich auf diesen mit Brüssel bereits im August 2023 vereinbarten "Schadensausgleich", sollte ein Großteil der Förderungen relativ rasch fließen, gibt man sich im Ministerium betont zuversichtlich. Zwar sind dafür neue Anträge zu stellen, aber da das Zahlengerüst der Cofag und dem Finanzamt bereits vorliegt, dürfte es sich eher um eine Art Formsache handeln.

Es pressiert

Offiziell muss die Reparatur der Corona-Hilfen bis Ende 2024 abgeschlossen sein. Aber in den meisten Fällen pressiert es. Vor allem Gaststätten und Beherbergungsbetriebe stehen unter Druck, sie müssen Steuerstundungen bedienen, können die Finanz nicht länger auf zu erwartende Corona-Hilfszahlungen vertrösten. Komplizierter ist das Prozedere in jenen Fällen, wo Obergrenzen überschritten wurden, etwa indem über Eigentümerschaft verbundene Unternehmen (Konzernbetrachtung) wie Einzelunternehmen gefördert wurden. Beim Ausfallbonus lag diese Obergrenze bei 2,3 Millionen Euro, beim Verlustersatz bei zwölf Millionen Euro. Diese Unternehmen werden "case by case", also einzeln geprüft, und dann ist zu viel Erhaltenes zurückzuzahlen, mit Zinsen, versteht sich. Oder die betroffenen Förderwerber steigen auf den neuen Schadensausgleich um und zahlen die Differenz gemäß neuer Berechnung zurück. Darauf habe die EU bestanden, wie es heißt.

Um Fälle wie diese wird laut STANDARD-Recherchen in der Regierung gerungen. Offiziell gibt es dazu keine Stellungnahmen. Aber der kleine Regierungspartner besteht dem Vernehmen nach darauf, dass in der nationalen Verordnung nicht nur der EU-Schadensausgleich umgesetzt, sondern auch Ungerechtigkeit beseitigt wird: Ein Elektrohandelskonzern, der jede einzelne Filiale als GmbH führt, solle nicht mehr Staatshilfe bekommen als eine große GmbH, in der dutzende Foto- und Optikfilialen gebündelt sind. Just darauf stellt die nun geplante Reparatur aber nicht ab. Die große GmbH habe steuerlich ihrerseits Vorteile, die Einzel-GmbH nicht hätten, hält man in der ÖVP dagegen. (Luise Ungerboeck, 17.10.2023)