Vor ein paar Jahren noch investierte jede und jeder in die aufstrebenden Logistik-Start-ups im Land; auch im STANDARD wurde von einer Revolution der Logistikbranche geschrieben. Expansionen wie jene von Schüttflix, einem Start-up, das eine Onlineplattform zum Handeln und Kaufen von Schüttgut entwickelte, wurden geradezu gefeiert.

Im Jahr 2022 erlebten österreichische Start-ups aber laut dem EY-Start-up-Barometer einen dramatischen Rückgang der Investitionen. Gegenüber dem Spitzenjahr 2021 wurde eine Reduktion von 18 Prozent festgestellt, wobei das zweite Halbjahr sogar einen drastischen Rückgang von 83 Prozent im Jahresvergleich aufwies. Obwohl die Anzahl der Finanzierungsrunden zunahm, verringerte sich das Investitionsvolumen im ersten Halbjahr 2023 auf 356 Millionen Euro; im Gegensatz zu 884 Millionen Euro im gleichen Zeitraum des Vorjahres 2022. Ein Rückgang von fast 60 Prozent.

Kaffeebohnen
Österreichische Start-ups setzen vermehrt auf Nachhaltigkeit. Dabei entdecken sie Produkte wie Kaffee oder Tee, die sie mit neuen Ideen verbessern wollen.
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Angesichts dieser sich anbahnenden Krise adaptieren einige Start-ups bewährte und beliebte Ideen als Strategie. Der Gedanke dabei ist: Warum nicht Produkte auf den Markt bringen, die universell beliebt und erprobt sind? Hierzu gehören Kaffee und Tee, die nun in einem frischen, innovativen Format präsentiert werden. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Thema Nachhaltigkeit zu.

Starke Kaffee-Nachfrage als Basis für neue Konzepte

Laut dem De'Longhi Kaffeereport 2022 ziehen 85,9 Prozent der Österreicherinnen und Österreicher Kaffee anderen Getränken vor. In der Rangliste der Heißgetränke folgen Tee mit 69,8 Prozent, Kakao mit 45,3 Prozent und Milch mit 26,4 Prozent. Im Jahr 2023 lag der durchschnittliche Kaffeekonsum pro Person bei etwa 162 Litern, wobei die tägliche Konsummenge zwischen zwei und drei Tassen schwankte. Der Verlängerte bleibt mit 38,9 Prozent die bevorzugte Wahl unter den Österreicherinnen und Österreichern, dicht gefolgt von Cappuccino mit 34,5 Prozent und Espresso mit 25,3 Prozent.

Angesichts dieser Zahlen haben sich in Österreich diverse Kaffee-Start-ups etabliert, die darauf abzielen, das beliebte Heißgetränk neu zu interpretieren und nachhaltiger zu produzieren. Während das (kürzlich vom Kaffeespezialisten J. Hornig übernommene) Wiener Start-up Kaffeetschi mit Cold Brew einen Kaffee anbietet, der nicht heiß aufgebrüht, sondern in kaltem Wasser gezogen wird, bietet das ebenfalls in Wien ansässige Start-up Fabico kompostierbare Kapseln an, die fair gehandelten Bio-Kaffee enthalten.

Start-ups präsentieren Tee in neuem Licht

Auch Tee, das zweitbeliebteste Heißgetränk in Österreich, birgt immenses Potenzial. Der Gesamtmarkt für Tee in der DACH-Region (Deutschland, Österreich und Schweiz) umfasst rund 2,5 Milliarden Euro und verzeichnet ein jährliches Wachstum von 2,5 Prozent. Allein in Österreich sind Dutzende Start-ups in diesem Sektor aktiv und bringen innovative Konzepte in die Teeherstellung und Vermarktung ein.

Einerseits gehören Innovationen wie beispielsweise biologisch abbaubare Teebeutel und nachhaltig produzierter Tee dazu. Schwarzer Tee von Hitoca wird beispielsweise in einer FSC-zertifizierten Verpackung ohne Aluminium versandt. Das Unternehmen bietet verschiedene Teesorten in Bio-Qualität an und legt großen Wert auf ökologischen Landbau.

Andererseits sind das Servicekonzepte: Das Tee-Start-up Flocke aus Puch bei Hallein aus dem Salzburger Land bietet Bio-Tees an und betreibt sogar einen eigenen Bio-Podcast. Darin werden unter anderem die positiven Effekte von Tee auf die menschliche Gesundheit beleuchtet und die Produktvorteile aufgezeigt.

Klima und Nachhaltigkeit: Green-Tech-Start-ups

Über reine Lebensmittel oder Getränke hinaus gibt es natürlich noch mehr Unternehmen mit nachhaltiger Ausrichtung. Die Übersicht der Green-Tech-Start-ups Austria allein versammelt 165 technologiebasierte junge Unternehmen mit ihren innovativen Lösungen für Klimaschutz- und Kreislaufwirtschaft. Zu den beteiligten Branchen gehören Energie, Mobilität, Lebensmittel und Landwirtschaft, Building, Digital oder Kreislaufwirtschaft. Die meisten Jungunternehmen finden sich in den Bereichen Energie (23 Prozent), Lebensmittel und Landwirtschaft (22 Prozent) und Kreislaufwirtschaft (19 Prozent). Sie decken damit 64 Prozent aller beteiligten Themen ab.

Ein paar Beispiele:

Renaissance der Gründerszene

Investorengruppen richten ihr Augenmerk bei der Investition in Start-ups klar auf Aspekte der Digitalisierung und neuer Technologien. Allerdings hat sich Nachhaltigkeit als zweiter Hauptbereich in den letzten Jahren immer stärker profiliert. Dies spiegelt sich auch in den Zahlen wider. In den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 wurden zehn Finanzierungsrunden mit einem deutlichen Fokus auf Nachhaltigkeit durchgeführt. Das Investitionsvolumen erlebte einen merklichen Anstieg. So flossen 58 Millionen Euro in nachhaltige Start-ups. Dies entspricht einem Anteil von etwa 16 Prozent an der gesamten Investitionssumme von 356 Millionen Euro.

Österreichische Start-ups erfinden sich in einem schwierigen Marktumfeld neu. Dabei greifen sie auf alte und bewährte Konzepte zurück, übertragen diese aber in die digitale Welt und setzen auf mehr Nachhaltigkeit. In einer Welt, in der das Bewusstsein für Gesundheit und Umwelt wächst, erfährt auch die Gründerszene eine Renaissance. Es ist zu erwarten, dass das Thema Nachhaltigkeit in Zukunft noch in vielen weiteren Bereichen nicht nur eine Lebenseinstellung beschreiben, sondern auch eine Triebfeder für innovative Lösungen sein wird – oder zumindest sein könnte. (Christian Allner, 9.10.203)