Die vergangenen Jahre waren für die KPÖ erfreuliche: 2021 konnte in Graz mit Elke Kahr erstmals ein Bürgermeisterinnensessel erkämpft werden, und im diesjährigen April führte in Salzburg Kay-Michael Dankl, der bereits Gemeinderat in der Stadt Salzburg war, die Partei in den Landtag des konservativ geprägten Bundeslandes.

Bei Nationalratswahlen ist die KPÖ jedoch seit Jahrzehnten stets höchst erfolglos. Nun will sie auch Kurs auf das Hohe Haus nehmen. Dabei könnten den Dunkelroten nicht nur die Erfolge der vergangenen Jahre helfen, sondern auch ein Bündeln der Kräfte der Bundespartei und der steirischen Landespartei.

Bettina Prochaska, Pflegerin aus Salzburg, und Tobias Schweiger, Teil der Bundesparteispitze, wollen die KPÖ 2024 ins Parlament führen.
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Was nämlich außerhalb der linken Bubble niemand groß wahrgenommen hat: Die Bundes- und die Landespartei gingen rund 20 Jahre mehr oder weniger getrennte Wege. Die steirische KPÖ gab sich damals ein eigenes Parteiprogramm. Das Verhältnis erinnerte ein bisschen an jenes zwischen CDU und CSU. Aus der Steiermark war in dieser Zeit auch niemand im Bundesvorstand.

Wiedervereinigung

Nun soll der 1990 in Graz geborene Wahlwiener Tobias Schweiger die Partei 2024 in die Nationalratswahl führen. Das wurde am Samstag am Beginn einer zweitägigen Parteikonferenz bekanntgegeben. Der Termin mit mehr als 300 Teilnehmenden war die erste gemeinsame Konferenz der Landes- und der Bundes-KPÖ seit 20 Jahren.

Neben der Annäherung zwischen Wien und Graz ist die Verjüngung an der Bundesparteispitze, die mit dem Wechsel von Mirko Messner zum Vorsitzteam mit Tobias Schweiger, Günther Hopfgartner und anderen vor zwei Jahren vollzogen wurde, ein Aufholversuch. Beides könnten bei kommenden Wahlen, insbesondere bei der Nationalratswahl im nächsten Jahr, auch andere Parteien zu spüren bekommen.

Namentlich die SPÖ, die es noch immer nicht geschafft hat, deutlich geschlossen hinter ihrem neuen Chef Andreas Babler zu stehen. Aber auch die Grünen, die das Schicksal mit vielen Regierungsparteien vor ihnen teilen, Teile der Stammwählerschaft in der Koalition mit der ÖVP verärgert zu haben, könnten an die KPÖ einige Stimmen verlieren. Auch linke Listen mit dem Nimbus einer Spaßpartei, wie die Bierpartei, könnten im Rennen gegen eine Linke mit Mandaten in Städten und Ländern zu wenig erfahren wirken.

Der Salzburger Landtagsklubchef Kai-Michael Dankl, die Listenzweite für die Nationalratswahl Bettina Prochaska, der Spitzenkandidat für die Nationalratswahl 2024 Tobias Schweiger und die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr vor dem Sitz der steirischen KPÖ, dem Grazer Volkshaus.
Wisiak

Selbst die im ganz anderen Lager angesiedelte FPÖ, die sich gerne als Partei der "kleinen Leute" gibt, könnte angesichts der KPÖ, die sich rassismusfrei um diese Klientel kümmert, Federn lassen. Das haben Wählerstromanalysen in Graz und Salzburg bereits gezeigt. Demnach fischte die KPÖ auch im blauen Stimmenpool und im Segment früherer Nichtwählerinnen und -wähler.

Klientel im Schatten

Was ebenso im Schatten tagespolitischer Debatten passiert: Die KPÖ macht nun auch im Bund das, was die Partei in Graz seit 25 Jahren tut. Sie nimmt sich beharrlich der Themen Wohnen und Teuerung an. Kahr berät selbst als Stadtchefin teils noch immer Menschen, die vor der Delogierung stehen, persönlich.

Schweiger, der wie Dankl 2017 aus der Grünen Jugend geworfen wurde, koordiniert seit 2021 bundesweit die politische Arbeit in Sachen Wohnen und Sozialberatungen und berät selbst. In Wien-Ottakring verteilt die KPÖ Gratisessen für Bedürftige. Die Klientel, die hier erreicht wird, kann bei Wahlen mobilisiert werden, zumindest jene unter ihnen mit österreichischem Pass.

Am Samstag präsentierten Kahr, Hopfgartner und Dankl, seines Zeichens auch gebürtiger Grazer, nicht nur Schweiger, den 88,9 Prozent zum Spitzenkandidaten gewählt hatten, sondern auch die Listenzweite: Bettina Prochaska wurde mit 91,9 Prozent gewählt.

Prochaska ist seit rund 40 Jahren im Bereich der Pflege beruflich und politisch tätig. Sie arbeitet seit vielen Jahren auf der Intensivstation des Krankenhauses der Barmherzigen Brüder in Salzburg. Die 1968 in Radstadt geborene Mutter zweier Kinder erklärte ihre Kandidatur mit ihrem Beruf: Das Gesundheitswesen leide besonders unter "privaten Profitinteressen", so Prochaska. "Ein Kaputtsparen der Pflege geht letztendlich zulasten unser aller Gesundheit. Deshalb braucht es auf Bundesebene eine starke Stimme für die Beschäftigten im Gesundheitswesen."

Haltung im Nahostkonflikt

Bei der Pressekonferenz, bei der das Spitzenduo offiziell vorgestellt wurde, war auch die Haltung der KPÖ im Nahostkonflikt Thema. Sowohl die Grazer als auch die steirische KPÖ hatten den Hamas-Terror zuvor bereits mehrmals verurteilt. Doch sie empörten die anderen Parteien im Grazer Gemeinderat, weil das Hissen der israelischen Flagge am Rathaus ohne ihre Stimmen beschlossen werden musste.

Schweiger erneuerte am Samstag die Forderung der KPÖ nach "aktiver Neutralitätspolitik Österreichs". Es sei nicht die Frage, "auf welcher Seite des Sterbens man steht". Österreich müsse sich bemühen, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bekommen, um zu einer Friedenslösung beizutragen. (Colette M. Schmidt, 5.11.2023)