Alfred Gusenbauer (links) und Sebastian Kurz (rechts) arbeiteten nach ihrer Zeit als Kanzler jeweils für Signa-Gründer René Benko (Mitte).
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Dass der Immobilientycoon und Signa-Gründer René Benko beim Aufbau seines Imperiums seine engen Kontakte in die heimische Politik ausgiebig nützte, ist bekannt. Anlässlich der Insolvenz der Signa Holding werden jetzt aber wieder Forderungen nach einer Cooling-off-Phase für Spitzenpolitikerinnen und -politiker laut. Denn nicht nur standen mit Sebastian Kurz (ÖVP) und Alfred Gusenbauer (SPÖ) zwei Ex-Kanzler mit Millionengagen auf der Gehaltsliste der Signa. Gusenbauer wechselte nach Ende seiner Kanzlerschaft als frischgebackener Unternehmer quasi volley in eine Beraterfunktion für die Signa. Kurz trat Ende 2021 zurück und war ab 2023 als Kreditvermittler für das Unternehmen tätig.

"Das Bild ist natürlich kein gutes", sagte Antikorruptionsexperte Martin Kreutner am Freitag im Ö1-"Morgenjournal". Als Unternehmer oder Interessenvertreterin würde man sich schließlich wohl nicht nur fachliches Know-how einkaufen, sondern "natürlich auch Netzwerke beziehungsweise potenziellen politischen Einfluss". Anders gesagt: Ohne die in ihrer Kanzlerschaft geknüpften Kontakte würden vermutlich weder Gusenbauer noch Kurz auf der Gehaltsliste Benkos stehen.

Auch während ihrer jeweiligen Amtszeit als Bundeskanzler fungierten beide bereits als Türöffner für Benko. Gusenbauer soll sich damals für den Neubau des Kaufhauses Tyrol, eines der ersten Prestigeprojekte des Immo-Unternehmers, eingesetzt haben. Kurz vermittelte als Kanzler Benkos Übernahme der später insolventen Kika/Leiner-Gruppe.

"Moral und Eigenverantwortung"

In Österreich können Spitzenpolitiker und Spitzenpolitikerinnen ohne verpflichtende Pause direkt von der Ausübung eines politischen Amts in die Privatwirtschaft wechseln. "Cooling-off-Phasen wären aber dringend notwendig", sagt Georg Krakow, Österreich-Vorstand von Transparency International. Zwar sei die Erwerbsfreiheit ein Grundrecht, und über einstige Berufspolitiker dürfe natürlich kein Berufsverbot verhängt werden. Es müsse aber zumindest sichergestellt werden, "dass sie keine Funktionen übernehmen, in denen sie in- oder ausländische Amtsträger durch ihre ehemalige Funktion beeinflussen". Transparency International fordert eine entsprechende Cooling-off-Phase von zumindest einem Jahr. Das Engagement von Kurz für Benko wäre damit nicht erfasst.

Dass Lösungen auch für Fälle wie diesen nicht möglich wären, glaubt Kreutner aber nicht. Er verweist etwa auf Bestellvorgänge am Obersten Gerichtshof oder für die Leitung des Bundesamts für Korruptionsbekämpfung, wo bereits eine Abkühlphase von fünf Jahren besteht. Gleichzeitig hält der Antikorruptionsexperte fest, dass nicht alles durch den Gesetzgeber und Strafgesetze regelbar sei. Es gehe letztlich auch um Moral und Eigenverantwortung jedes einzelnen früheren Amtsträgers. (Martin Tschiderer, 1.12.2023)