Heiße Schokolade mit Rum wird mancherorts noch "Lumumba" genannt.
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Ein Häferl Lumumba, bitte. So mancher mag auf dem Weihnachtsmarkt, in einer Skihütte oder einem Lokal schon diese Bestellung aufgegeben haben. Den wenigsten dürfte bewusst sein, dass das alkoholische Mischgetränk aus Kakao und einem Schuss Rum, manchmal noch mit Schlagobers versehen, nach dem ersten kongolesischen Premier Patrice Émery Lumumba benannt wurde, einer zentralen Figur des antikolonialen Widerstands. 1960 wurde Lumumba weggeputscht und ein Jahr später unter belgischem Kommando ermordet.

Seit den 1960er-Jahren kursiert der Name des Unabhängigkeitshelden als Bezeichnung für den Kakao mit Rum. Die Bezeichnung war in der Vergangenheit immer wieder kritisiert worden. Vor einigen Tagen sorgte die sächsische Historikerin und ehemalige Politikerin Annalena Schmidt für eine Wiederaufnahme der Debatte um den Lumumba. Sie schrieb auf X (vormals Twitter): "Patrice Lumumba steht für die Unabhängigkeitsbewegung in Afrika! Er wurde erschossen! Und ihr benennt 'Kakao mit Schuss' nach ihm!" Der Beitrag wurde vielfach kommentiert und unterschiedlich aufgenommen, mittlerweile ist er gelöscht.

Annalena Schmidt sorgte mit einem Posting auf X für Diskussionen. Mittlerweile wurde der Beitrag offline genommen.
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Nach der Aufregung auf der Social-Media-Plattform X erklärte Schmidt gegenüber der "Bild"-Zeitung, warum sie den Post veröffentlicht hat. "In einer Zeit, in der die Gesellschaft sensibler mit Rassismus umgeht, wollte ich die Menschen erreichen, die gar nicht wissen, dass das Kakaogetränk mit Schuss nach einem schwarzen Menschen benannt ist." Mittlerweile wurde die Debatte von vielen deutschen Medien aufgenommen.

Debatte nicht neu

Doch was ist dran an der Bezeichnung? "Im DWDS finden sich zum Begriff 'Lumumba' Belege zu Patrice Émery Lumumba, einem kongolesischen Politiker, der von Kolonialmächten ermordet wurde", sagt Minitta Kandlbauer, Herausgeberin des Antirassismushandbuchs "War das jetzt rassistisch?". Da weder das DWDS noch der Duden eine andere Verwendungsweise anführten, könne davon ausgegangen werden, dass das Getränk nach dem ermordeten Politiker benannt wurde.

Auch der afroösterreichische Journalist Simon Inou hat sich in der Vergangenheit immer wieder zu der Thematik geäußert, der STANDARD griff seine Beiträge bereits 2011 auf. Lumumbas Namen "als Getränk und Vergnügen vieler zu verwenden, ist rassistisch", postete Inou unlängst auf der Social-Media-Plattform Instagram. Den Beitrag bebilderte er unter anderem mit einem Foto eines "Hüttenzauber"-Joghurtdrinks eines österreichischen Herstellers namens "Lumumba" aus dem Jahr 2012. Das Produkt dürfte mittlerweile nicht mehr am Markt sein.

Das Thema sei für die schwarze Community nicht neu, bestätigt Kandlbauer. Allerdings würden die Forderungen von schwarzen Aktivistinnen und Aktivisten in den Medien häufig ins Lächerliche gezogen oder gar nicht beachtet. "Aus sprachwissenschaftlicher Sicht finden sich im Deutschen sehr viele rassistische Formulierungen, in denen die Hautfarbe von schwarzen Menschen als Ausgangspunkt zur Benennung von Gerichten dienen – wie M* im Hemd oder N*-Kuss", erklärt Kandlbauer.

Der Begriff "Lumumba" reihe sich in jenes sprachliche Phänomen ein, in dem die Hautfarbe von schwarzen Menschen mit Schokolade, Karamell oder Kastanien verglichen werde. Während schwarze Menschen häufig ausschließlich auf ihre Hautfarbe reduziert würden, werde die Hautfarbe von weißen Menschen im Alltag in der Regel nicht erwähnt: "Wir sprechen nicht von den weißen Menschen, die eine Hautfarbe wie Vanillekipferl, Kartoffelbrei oder einem leckerer Putenbraten haben."

Neben dem "Kakao mit Schuss" böte sich als alternative Bezeichnung die "Tote Tante" an, so wird das Getränk im Norden Deutschlands und in Dänemark genannt. Sie geht auf eine Legende zurück, nach der eine auf der Insel Föhr geborene und in Amerika verstorbene Frau in einer Kakaokiste in ihre Heimat zurückkehrte. (feld, 3.12.2023)