Installateur, City, Vienna, Wollzeile, Elektrofachhandel
Gerhard Engel in seinem Geschäft in der Wollzeile, wo bereits sein Vater nach dem Zweiten Weltkrieg zu arbeiten begann.
Michael Hausenblas

„In zwei Jahren feiert die Firma ihren 100. Geburtstag. Mein Vater hat beim Gründer des Unternehmens, einem gewissen Herrn Schee, als Lehrling begonnen. Das war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg. Ich bin hier seit 1984, ich kam nach der Matura. Das ist jetzt also auch schon bald 40 Jahre her. Ich habe das Geschäft dann sukzessive übernommen. Man könnte sagen, es war ein eher schleichender Prozess. Gelernt habe ich Elektrotechnik.

Momentan beschäftige ich vier Mitarbeiter und zwei Verkäufer. Wir haben das Detailgeschäft hier in der Wollzeile Nummer 25, wo wir kleine Haushaltsgeräte, Leuchtmittel und derlei mehr verkaufen. Der Einzelhandel spielt das Gehalt für den Verkäufer rein. Leben könnte man lediglich von diesem Bereich nicht mehr. Ansonsten bieten wir sämtliche Installationsarbeiten an, also alles, was sich auf Elektro, Gas, Wasser und Heizung bezieht. Ich spreche von kleineren Bereichen, zum Beispiel Wohnungssanierungen, Badezimmerumbau, aber auch einige Geschäfte wurden von uns hergerichtet. Inklusive Lager verfügen wir über eine Fläche von circa 200 Quadratmetern.

An meinem Beruf gefällt mir am besten die Vielfältigkeit. Man wird immer wieder mit Dingen konfrontiert, für die es keine 08/15-Lösungen gibt. Mir taugt es, Probleme zu lösen und mit der Kundschaft in Kontakt zu treten. Man muss in diesem Job schon ein Tüftler sein. Geht nicht, gibt's nicht. Stromschlag hab ich schon lange keinen mehr abbekommen. Früher kam es schon dann und wann vor, dass ich wo hingegriffen hab und meinte, da wäre keine Spannung mehr drin. Passiert ist aber nie etwas.

Zahl der Privatkunden halbiert

Es ist mittlerweile schwierig, im Stadtzentrum gewisse Dinge des täglichen Bedarfs zu kaufen. Die alteingesessenen Geschäfte sperren der Reihe nach zu. Außer Gastronomie kommt kaum was Neues nach. Woran das liegt? Nun, wenn ich hier zusperre, wird sich der Nachmieter lediglich mit Verkauf die Miete nicht leisten können. Gastro geht auch in dieser Gegend nach wie vor. Sämtliche Bars und Restaurant sind voll. Ich glaube, ich habe diesen Sommer 13 Schanigärten in der Wollzeile gezählt. Da findet die Kundschaft keinen Parkplatz mehr. Es darf einen also nicht wundern, dass alle in ein Einkaufszentrum fahren.

Auch die Bewohnerzahl des ersten Bezirks sinkt stetig. Oft werden ehemaligen Wohnungen einfach zu Büros umgebaut. Ich würde sagen, dass sich die Zahl der Privatkunden in den vergangenen 20 Jahren halbiert hat. Auch die Vielfältigkeit der alten Geschäfte ist weg. Denken Sie nur an Feinkost-Böhle, der hier schräg vis-à-vis untergebracht war. Nichts annähernd so Gutes ist nachgekommen. Das Spielzeuggeschäft Hilpert hat nach 140 Jahren zugesperrt. Und die Hausverwaltungen lassen ein Geschäft lieber drei Jahre leer stehen, bevor sie mit der Miete runtergehen.

Ich wurde heuer 60 Jahre alt. Das heißt, ich könnte in fünf Jahren in Pension gehen. Falls ich so lang durchhalte. Das Ganze geht schon auf die körperliche Substanz. Hinzu kommt die Situation, dass meine Mitarbeiter mehr oder weniger alle so alt wie ich sind. Es kommt kaum etwas nach. Ich bin derzeit wieder auf der Suche, was sich allerdings als problematisch herausstellt. Im Moment halte ich Ausschau nach Mitarbeitern im Alter 50 plus. Nach Leuten, die ein gewisses Know-how mitbringen und weiterhin arbeiten wollen. Ich hab nicht vor, im Endspurt noch einmal jemanden von der Pike auf einzuschulen.

Installateur, City, Vienna, Wollzeile, Elektrofachhandel
Eines der wenigen Geschäfte im Stadtzentrum, in dem man noch Dinge des täglichen Gebrauchs erwerben kann.
Michael Hausenblas

Woran ich denke, wenn ich das Wort Pension höre? Da ist so viel liegen geblieben, da gibt es einiges aufzuarbeiten, und ich könnte mir ferner vorstellen, in einer Beraterfunktion tätig zu sein. Von hundert auf null abzuschalten wird es wohl nicht spielen. Aber irgendwann ist es genug.

Handschlagqualität

Was mir auf jeden Fall abgeht, ist die Handschlagqualität, die es früher gegeben hat. Wenn ich heute bei einem Lieferanten am Telefon eine Materialanfrage durchgebe, lautet die Gegenfrage: 'Können Sie mir bitte eine E-Mail schicken?' Ich meine, wenn ich eh schon mit jemand telefoniere, warum muss dann auch noch alles schriftlich über die Bühne gehen? Das ist mühsam und kostet Zeit.

Überhaupt war der Zeitdruck früher nicht so groß. Man hatte mehr Ruhe, um eine Aufgabenstellung zu lösen. Heute muss alles zack, zack gehen. Natürlich hat sich manches auch zum Besseren gewandt, aber die Zeit früher war einfach ruhiger. Es gab auch kein Handy, also konnte man mich nicht auf der Baustelle anrufen. Heutzutage muss ich die Arbeit abbrechen und mit der Kundschaft telefonieren. Ich kann ja schlecht sagen:'Jetzt geht's nicht.'" (Michael Hausenblas, 7.1.2024)