Viele Menschen leiden derzeit unter einer Corona-Infektion. Doch das Anti-Corona-Medikament Paxlovid, das Risikopatientinnen und Risikopatienten vor schweren Verläufen schützen soll, war in den vergangenen Tagen in vielen österreichischen Apotheken vergriffen. Eigentlich hätten seit Anfang der Woche wieder alle Apotheken mit dem Medikament ausgestattet sein sollen – doch ein Rundruf des STANDARDs ergab: Sie sind es nicht.

Am Mittwoch versprach Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) eine rasche Lösung. Ein Vertrag mit dem Pharmaunternehmen Pfizer sei abgeschlossen worden, 18.000 Packungen sollen geliefert werden.

Frage: Wann gibt es wieder ausreichend Paxlovid in den Apotheken zu kaufen?

Antwort: Das Gesundheitsministerium hat am Mittwoch einen Vertrag über die weitere Beschaffung des in Apotheken Covid-Medikaments abgeschlossen. Die neue Lieferung soll in den nächsten Tagen in allen österreichischen Apotheken verfügbar sein, erklärte Gesundheitsminister Rauch auf X (vormals Twitter). Der Hersteller – die Pharmafirma Pfizer, die auch einen der Impfstoffe gegen Covid produziert – könne die nötigen Stückzahlen unmittelbar liefern. 18.000 Packungen wurden bestellt, heißt es auf Anfrage des STANDARD.

Frage: Wie erfolgt die Beschaffung und Verteilung an die Apotheken?

Antwort: Die Beschaffung des Medikaments wird laut Rauch nach dem tatsächlichen Bedarf in Tranchen erfolgen, sodass in den kommenden Wochen immer ausreichende Mengen verfügbar sind, heißt es. Die Apotheken können ihren Bedarf an Paxlovid anmelden und erhalten dann das Medikament. Eine Limitierung auf eine Packung pro Apotheke, wie es zuletzt gehandhabt wurde, gibt es nicht mehr. Ab 1. Februar steht Paxlovid dann wie jedes andere Medikament gegen eine Rezeptgebühr zur Verfügung und wird über die Sozialversicherung abgerechnet.

Frage: Wie kam es überhaupt zum Paxlovid-Engpass in Österreich?

Antwort: Das ist nicht ganz klar. Gesundheitsminister Rauch machte die Apotheker verantwortlich: Diese könnten nicht erklären, wo die ursprünglich 180.000 vom Bund beschafften und an die Apotheken ausgelieferten Packungen geblieben seien, täglich erhalte man von der Kammer andere Zahlen, kritisierte er zuletzt. Die Kammer wies das zurück – und nahm umgekehrt den Bund in die Pflicht. Da man "zu keinem Zeitpunkt" informiert gewesen sei, wie viel Ware beschafft wurde, habe die Apothekerkammer "auch keinen Überblick darüber, bis wann der Pharmagroßhandel die Apotheken mit bedarfsgerechten Paxlovid-Lieferungen aus dem Bundesbestand versorgen können wird", hieß es. Sämtliches verfügbare Datenmaterial sei "zu jedem Zeitpunkt" an den Bund weitergegeben worden. In einer Mittelung der Kammer an die Apotheken von Anfang der Woche war davon die Rede, dass die beschafften Bestände "regional sehr unterschiedlich" verteilt seien.

Frage: Welche Maßnahmen wurden bisher gesetzt, um den Paxlovid-Engpass zu beseitigen?

Antwort: In einem ersten Schritt wurden noch vorhandene Bestände in Apotheken über den Großhandel eingesammelt und dann neu verteilt. Die Apotheken wurden Anfang der Woche aufgerufen, maximal eine Paxlovid-Packung zu behalten und die restlichen an den Großhandel zurückzuschicken, damit diese dann gleichmäßig über die Apotheken in Österreich verteilt werden können – wobei jede nur eine Packung bekommt. Erst wenn diese abgegeben wurde, könne nachbestellt werden, hieß es. Parallel würden Vorräte aus Spitälern für die Apotheken verfügbar gemacht, wurde seitens des Gesundheitsministeriums erklärt. In einem zweiten Schritt solle neues Paxlovid geordert werden – was nun eben gesehen ist.

Bei dem antiviralen Medikament Paxlovid ist es wichtig, die Einnahme möglichst bald nach Krankheitsausbruch zu starten. Deshalb sind die aktuellen Engpässe für Covid-Erkrankte ein Problem.
IMAGO/ZUMA Wire

Frage: Wie viel Paxlovid wurde überhaupt beschafft?

Antwort: Der Bund habe insgesamt 180.000 Packungen Paxlovid beschafft, heißt es vonseiten der Apothekerkammer. Davon seien zwischen März 2022 und Ende November 2023 insgesamt 123.000 Packungen an die öffentlichen Apotheken ausgeliefert worden. Die restlichen 57.000 Packungen seien an die Krankenhäuser und die ärztlichen Hausapotheken geliefert worden.

Frage: Was weiß man darüber, wie viele der an Apotheken gelieferten Packungen abgegeben wurden?

Antwort: Von den 123.000 an die Apotheken ausgelieferten Packungen wurden laut Kammer bis Ende November 2023 insgesamt 90.000 Packungen auf Kassenrezept abgegeben und weitere 15.000 Packungen auf Privatrezept (u. a. an Touristen, Lehrer, Ärzte, Beamte). Rund 4600 Packungen wurden entsorgt, weil sie abgelaufen waren. Im Dezember haben die Apotheken nach Hochrechnungen auf Basis der November-Daten bereits rund 8000 Packungen über Kassen- und Privatrezepte abgegeben, informierte die Apothekerkammer. Macht also insgesamt 117.600 Packungen, deren Verbleib geklärt ist – und eine Lücke von 5400 Packungen, die noch irgendwo sein müssen.

Frage: Was sagt der Gesundheitsminister zu den verschwundenen Packungen?

Antwort: Rauch betonte am Mittwoch, dass er sich von der Apothekerkammer "Belege über den Verbleib aller gelieferten Packungen" erwarte. Bisher habe er zwar verschiedene Erklärungen erhalten, jeder Nachweis dafür fehle aber. "Dass in Österreich ein so wichtiges Medikament fehlt, weil Abrechnungen unvollständig sind, ist nicht zu akzeptieren. Das habe ich der Apothekerkammer bereits sehr deutlich gemacht."

Frage: Was sagt die Apothekerkammer?

Antwort: Die Apotheker sehen den Fehler bei der Gesundheitspolitik. "Fakt ist, dass hier zu wenig eingekauft wurde", zitiert die APA Gerhard Kobinger vom Präsidium der Österreichischen Apothekerkammer. "Es ist praktisch alles belegbar, was auf Kassenbeleg abgegeben wurde", betonte er. Und: "Es wurde zu wenig kommuniziert, dann hätten wir gewusst, wie viele Packungen noch da sind."

Frage: Wer sollte Paxlovid eigentlich einnehmen?

Antwort: Paxlovid wird für Personen mit einem erhöhten Risiko für eine schwere Corona-Erkrankung empfohlen – also für ältere Personen oder Menschen mit Vorerkrankungen. Voraussetzung dafür, dass man Paxlovid erhält, ist eine ärztliche Verschreibung nach einem positiven Corona-Test.

Frage: Wie wirkt Paxlovid?

Antwort: Bei dem Medikament handelt es sich um ein Virostatikum, also ein antivirales Medikament, das als Tablette verabreicht wird und aus zwei aktiven Substanzen besteht. Das sind die Wirkstoffe Nirmatrelvir und Ritonavir. Nirmatrelvir hindert Sars-CoV-2 daran, sich in den Zellen zu vermehren. Und Ritonavir, das auch in der HIV-Therapie eingesetzt wird, verlangsamt den Abbau des ersten Wirkstoffs. Wichtig ist bei Einnahme, dass man möglichst früh damit startet, maximal innerhalb der ersten fünf Krankheitstage, noch besser spätestens am dritten Tag. Insgesamt muss man sechs Tabletten täglich einnehmen, drei am Morgen, drei am Abend.

Frage: Gibt es auch Nebenwirkungen?

Antwort: Ja, wie jedes Medikament hat auch dieses Nebenwirkungen. Die häufigsten sind Geschmacksstörungen, Durchfall, Kopfschmerzen und Erbrechen. Außerdem kann es zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen. Das ist insofern problematisch, weil jene Personen, die am meisten von Paxlovid profitieren, also Ältere und chronisch Kranke, sehr oft auch andere Medikamente einnehmen, deshalb muss man eine Einnahme sorgfältig abklären und sollte das niemals ohne ärztliche Konsultation tun. Insgesamt wirkt das Medikament aber sehr gut und kann bei Risikopersonen einen schweren Verlauf verhindern.

Frage: Warum erhält Paxlovid immer wieder ein neues Ablaufdatum? Ist das nicht bedenklich?

Antwort: Nein, das ist nicht bedenklich. Da Paxlovid ein sehr neues Medikament ist, konnte man am Anfang die genaue Haltbarkeit noch nicht bestimmen, es wurde ein vorläufiges Ablaufdatum angegeben. "Man bekommt aber laufend neue Daten zur Haltbarkeit. Dafür gibt es eine eigene Medikamentencharge, die nur dafür da ist, die Stabilität des Medikaments zu prüfen", erklärt Markus Zeitlinger, Pharmakologe an der Med-Uni Wien. Diese Charge ist einige Monate älter als die ersten ausgegebenen Packungen. Rückt das derzeitige Ablaufdatum näher und passt die Stabilität der Prüfcharge noch, kann das Ablaufdatum sicher verlängert werden.

Frage: Ist Paxlovid in der EU als Medikament mittlerweile zugelassen?

Antwort: Ja, es ist bereits seit März 2023 voll zugelassen, ursprünglich gab es dafür ja nur eine vorläufige oder bedingte Zulassung. Das bedeutet allerdings nicht, dass das Medikament nicht sicher ist. Es heißt nur, dass noch ein paar Informationen nachgereicht werden müssen. Sind diese zu Zufriedenheit der zulassenden Behörde eingelangt, in diesem Fall ist das die Europäische Arzneimittelagentur EMA, kommt die volle Zulassung. (Oona Kroisleitner, Pia Kruckenhauser, Stefanie Rachbauer, 13.12.2023)