"Heirate mich!" Prince Charles klingt fast flehentlich, als er sich an seine Camilla wendet. Aber er fügt so gleich hinzu: "Das ist kein Antrag, dazu müsste ich meine Mutter fragen."

Dominic West als Prince Charles und Olivia Williams als Camilla.
Dominic West als Prince Charles und Olivia Williams als Camilla.
Justin Downing/Netflix; Netflix

Und schon sind wir wieder mitten drin in The Crown, der imperialen Saga über den Glanz, aber auch die immense Last der britischen Krone. Im Herbst 2016 erschien die erste Staffel, nun geht die Monarchie zumindest bei Netflix ihrem Ende entgegen. Die letzten sechs Folgen stehen zum Abruf bereit.

Aber bis er Camilla (Olivia Williams) zum Altar führen kann, muss Charles (Dominic West) zunächst noch warten. Der zweite Teil der sechsten und letzten Staffel beginnt in der Zeit nach Dianas Tod, also 1997. Charles und Camilla ergeht es wie den beiden Königskindern. Sie kommen zunächst gar nicht zusammen, denn Camilla muss sich, aus Angst vor dem Volkszorn, verstecken.

William hasst es

Das würde am liebsten auch Prince William tun, der um seine Mutter trauert. Doch die Krone ist unerbittlich, sie fordert immer wieder ihren Tribut. Ein Auftritt vor Fotografen da, ein wohldosierter Einblick dort. William, gespielt von Ed McVey, hasst es. Er möchte einfach ein normaler Schüler in Eton und dann ein unscheinbarer Student im schottischen St. Andrews sein.

Ihm und seinem Bruder Harry (Luther Ford) ist ein großer Teil der letzten Staffel gewidmet. Die beiden werden als Brüder in herzlicher Verbundenheit gezeigt und in all ihrer Unterschiedlichkeit. Harry schenkt William zum Geburtstag Kondome, vor Queen Mum werden die bunten Verpackungen rasch zu "Bonbons" umdeklariert.

Manchmal muss die Queen mit ihren Enkeln William (Ed McVey) und Harry (Luther Ford) ein ernstes Wort reden.
Manchmal muss die Queen mit ihren Enkeln William (Ed McVey) und Harry (Luther Ford) ein ernstes Wort reden.
Netflix

Der jüngere Rebell fordert den zurückhaltenden Bruder aber auch auf, es an der Uni krachen zu lassen: "Zeuge uneheliche Kinder, verändere die Thronfolge!" William ist jedoch nur an Studienkollegin Kate Middleton (Meg Bellamy) interessiert, die einen anderen datet.

Tony Blairs Popularität

Sorgen hat auch die Queen (Imelda Staunton). "King Tony" schreiben die Medien über den neuen britischen Premierminister Tony Blair – und Elizabeth ist so eifersüchtig wegen dessen Popularität, dass sie ihn sogar fragt, was sie tun soll, um ihr nach Dianas Tod ramponiertes Ansehen aufzupolieren.

Imelda Staunton als Queen Elizabeth II and Jonathan Pryce als Prince Phillip.
Imelda Staunton als Queen Elizabeth II and Jonathan Pryce als Prince Phillip.
Justin Downing/Netflix; Netflix

Der smarte Mister Blair (Bertie Carvel) hat auch ein paar Ideen. Es wäre doch fein, würde man die Monarchie mehr wie eine transparente Aktiengesellschaft führen und entrümpeln. Wer brauche noch den Posten eines königlichen Schwanenwächters?

Debatte über Schwanenwächter

Man ahnt, dass derlei Dialoge ins Reich der Fiktion gehören. Dennoch führen sie The Crown zum Abschluss zu alter Stärke zurück. Die Queen nämlich informiert dann Blair höflich, aber bestimmt, was ein Schwanenwächter alles leiste und welchen Stellenwert er mit seinem Wissen für Großbritannien habe.

Der Premier und die Monarchin – beide haben recht. Aber am Ende ist es Blair, der wie ein kleiner Schuljunge mit kurzen Hosen dasteht. "Modernität ist nicht immer die Antwort", bekommt er noch zu hören. Und: "Die Monarchie ist nicht rational oder demokratisch oder logisch oder fair."

Anders als in den ersten vier Folgen der letzten Staffel, in denen es gleich einer langen Soap hauptsächlich um Dianas letzten Sommer ging, stehen jetzt wieder die großen Fragen im Mittelpunkt: Was ist das Geheimnis dieser Monarchie? Müssen Royals alles der Krone unterordnen? Und wo bleibt in diesem System die eigene Persönlichkeit?

Shakespeare zum Schluss

Die Queen altert, trägt ihre Mutter zu Grabe, auch ihre Schwester Margaret (Lesley Manville), deren Verfall ausführlich, aber durchaus berührend ausgebreitet wird. Am Schluss zeigt die Monarchin in Peter Morgans Œuvre deutlich mehr Gefühl, als es 2006 Helen Mirren in seinem Film The Queen tat.

Für Williams Wunsch nach Privatsphäre hat sie Verständnis, letztendlich auch für das Undenkbare: dass Thronfolger Charles eine geschiedene Ehebrecherin heiraten will.

Und dennoch: Als sie bei den Obersten der anglikanischen Kirche deren Segen einholt, verkauft sie die Ehe als Stärkung der Dynastie. Ein König müsse schließlich in geordneten Verhältnissen regieren.

Mit der Hochzeit endet die Saga auch. "Unsere Spiele sind jetzt zu Ende", zitiert der Fotograf aus William Shakespeares Sturm. Irgendwie ist es dann doch schade. Stoff für eine siebente Staffel gäbe es ja genug. Aber die soll definitiv nicht mehr kommen. (Birgit Baumann, 16.12.2023)