Deborah Feldman ist unter den Unterzeichnern.
Deborah Feldman ist unter den Unterzeichnern.
imago images/Müller-Stauffenber

Berlin - Durch eine neue Förderklausel der Berliner Kulturverwaltung sehen Kulturschaffende die Kunst- und Meinungsfreiheit gefährdet. In einem offenen Brief wenden sich mehr als 800 Vertreterinnen und Vertreter aller Kultursparten gegen einen von ihnen so bezeichneten "Bekenntniszwang" und "die politische Instrumentalisierung von Antisemitismusklauseln".

Die Kulturverwaltung hatte am Donnerstag angekündigt, Empfänger von öffentlichen Fördergeldern mittels einer Klausel unter anderem zum Bekenntnis gegen Antisemitismus zu verpflichten. Grundlage dafür soll eine Antisemitismus-Definition der International Holocaust Rememberance Alliance (IHRA) sein.

"Diese Entscheidung der Senatskulturverwaltung erkennt nicht an, dass es eine kontroverse Debatte um die Antisemitismus-Definition der IHRA, sowie eine von internationalen Wissenschaftler*innen erarbeitete Alternativ-Definition, die Jerusalemer Erklärung zum Antisemitismus, gibt", heißt es in dem Brief, unter anderem unterzeichnet von Natascha Sadr Haghighian, die 2019 den deutschen Pavillon für die Biennale in Venedig gestaltete, oder der US-amerikanisch-deutschen Schriftstellerin Deborah Feldman.

"Undemokratisch!"

"Wir protestieren in aller Deutlichkeit gegen die Aufnahme dieser spezifischen Antisemitismusklausel als rechtsverbindliche Voraussetzung für Kulturförderungen durch das Land Berlin", heißt es in der Stellungnahme. Der Beschluss sei ohne Debatte oder Konsultation mit betroffenen Personen, Verbänden und Institutionen erfolgt. "Dieses Verständnis von Meinungs- und Kunstfreiheit ist zutiefst undemokratisch!", so die Autorinnen und Autoren.

Berlins Kultursenator Joe Chialo (CDU) will nach eigenen Worten bewirken, dass mit öffentlichen Mitteln nicht rassistische, antisemitische, queerfeindliche oder anderweitig ausgrenzende Ausdrucksweisen gefördert werden.

Israelkritische bzw. pro-palästinensische Statements von Kulturschaffenden haben seit dem Angriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres in Deutschland zu regen Debatten geführt. So sollte die Autorin Adania Shibli einen Preis nicht auf der Buchmesse in Frankfurt verliehen bekommen, auch Ehrungen für Sharon Dodua Otoo oder Masha Gessen führten zu Diskussionen. Im Dezember wurde eine Lesung von Deborah Feldman in Wien kurzfristig abgesagt. (APA, red, 7.1.2024)