Ö1 wird ab 5. Februar ein gutes Stück anders klingen, als es das treue Publikum gewohnt ist. Das öffentlich-rechtliche Aushängeschild des ORF, für das selbst Initiatoren von Volksbegehren gegen ORF-Gebühren Gebühren zahlen wollen, wird deutlich umgebaut: Ein Moderator oder eine Moderatorin führen durch den Tag, das Programm wird neu sortiert, bisher verstreute Sendungen zu Wissenschaft, Religion, Gesundheit, zeitgenössischer und Radiokunst, aber auch Informationsformate bekommen Fixpunkte im Programm. Rudi, der Radiohund, wird pensioniert. Die wichtigsten Änderungen im Überblick, sortiert nach Tageszeit:

Beim ORF-Kultur- und Info-Sender Ö1 wird ab 5. Februar merklich aufgeräumt im Programm.
Beim ORF-Kultur- und Info-Sender Ö1 wird ab 5. Februar merklich aufgeräumt im Programm. Im Bild: Das Ö1-Logo auf dem noch recht neuen Senderstandort auf dem Küniglberg über Wien.
Harald Fidler

Die wichtigsten Änderungen bei Ö1 ab 5. Februar

Der Morgen graut erst einmal wie bisher: Aufstehen mit Ö1 bleibt im Wesentlichen unverändert, daran hat der Sender schon früher geschraubt und eine von den Info-"Journalen" umrahmte Fläche "Guten Morgen mit Ö1" mit Musik auch abseits der Klassik und weniger Signations geschaffen, mit Service und "Kultur aktuell" und "Leporello". Das "Pasticcio" folgt weiter dem "Journal um acht", aber gleich nach "Vom Leben der Natur" geht es los mit den Neuerungen.

1. Moderation durch den Tag

Ab 5. Februar werden weniger unterschiedliche Menschen das Publikum begrüßen und verabschieden: Das übernimmt von neun bis 18 Uhr eine Tagesmoderatorin oder ein Tagesmoderator, die oder der das Publikum durch den Tag begleiten wird. Sie führen durch den Tag, moderieren Sendungen an und führen zur nächsten. Entwickelt wurde diese "Tagesmoderation" in Zusammenarbeit mit der langjährigen ORF-Moderatorin Angelika Lang – ihr gehörte 1995 übrigens jene Stimme, die Hörerinnen und Hörer beim Senderstart von FM4 begrüßte.

Ein Pool von zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, aber keine Sprecherinnen und Sprecher, übernimmt abwechselnd den neuen Zehn-Stunden-Job mit langen Pausen zwischen den Einsätzen. Mit welchen Stimmen darf man rechnen? Monika Kalcsics ("gehört gewusst", "Contra"), Sarah Kriesche ("Radiokolleg", "Matrix") oder Peter Waldenberger ("Diagonal").

Die Tagesmoderatorinnen sollen den Sendungsmachern lange Verabschiedungen und Verweise auf kommende Ausgaben desselben Sendeformats abnehmen. Sie werden dafür aber praktischerweise in die unmittelbar anschließende Sendung weiterführen.

2. Neu sortierte Musik am Vormittag

Statt einer Vielzahl von Sendungsmarken gibt es nun zwei Musikformate am Vormittag – "Ausgewählt" um 10.05 Uhr und "Vorgestellt" ab 11.30 vor dem "Mittagsjournal". "Ausgewählt" verspricht "Musik im Kontext ihrer Zeit", von Kammermusik bis a capella. "Vorgestellt" kann man sich als eine Art "Spielräume" für Klassik vorstellen, aktuelle Aufnahmen, neue Einspielungen, Veröffentlichungen.

Dazwischen, in den literarischen "Radiogeschichten" um 11.05 Uhr, gibt es Fixplätze am Mittwoch (neue Literatur aus Österreich), Donnerstag (Weltliteratur) und Freitag für den Ö1-Essay "50 relevante Texte der letzten 100 Jahre".

In der Sachbuchsendung "Kontext" am Freitag gibt es jetzt neu ein "Album der Woche", man verspricht Singer-Songwriter, "relaxten Erwachsenen-Pop" und zeitgenössischen Soul.

3. "Punkt eins", wissenschaftlich

Die Gesprächs- und Anrufsendung "Punkt eins" verabschiedet sich von der bisher sehr weiten Themenwahl und fokussiert sich auf "Wissensthemen", um aktuelle Ereignisse und Entwicklungen besser einzuordnen. Ein klarer Fall nun also für die Ö1-Wissenschaft, aber auch in Kooperation mit science.orf.at.

4. Fixplatz 16 Uhr für Wissenschaft, Literatur, Religion, Gesundheit, Gespräch

Ö1 schlichtet und bündelt Themenschwerpunkte nun wochentags um 16 Uhr: Am Montag verspricht die neue "Science Arena" philosophische Streitgespräche, wissenschaftliche Kontroversen mit gesellschaftspolitischer Relevanz. Dienstag laufen auf dem Sendeplatz die "Tonspuren" mit einem neuen Zugang, zwei Autorinnen und Autoren über ihr Tun reden zu lassen, für eine Pilotfolge schon probiert mit Barbi Marković und Clemens Setz. Mittwoch um 16.05 ist der Platz für "Im Fokus – Religion und Ethik". Donnerstag bündelt "Am Puls" Gesundheit und Medizin (bisher etwa "Radiodoktor" und "Gesund Leben"). Am Freitag findet "Im Gespräch" in der Reihe seinen Platz.

5. "Journal-Panorama", "Saldo" und "Doublecheck"

Die aktuelle Radioinformation versammelt ihre Ö1-Sendungen jenseits der "Journale" in der Schiene zwischen 18 und 19 Uhr. Nach dem "Abendjournal" gibt es künftig etwas weniger "Journal-Panorama"-Ausgaben in gewohnter Form: Am Donnerstag übernimmt einmal* pro Monat das Wirtschaftsmagazin "Saldo" den Sendeplatz, bisher kürzer Freitagvormittag, und einmal pro Monat das Medienmagazin "#Doublecheck", bisher Freitagabend um 19.05 Uhr auf dem "Matrix"-Sendeplatz (das damit eine Folge mehr pro Monat hat). Das "Europajournal" am Freitag bleibt unverändert.

6. Zeitgenössisches und Radiokunst vor Mitternacht

Das neue Ö1-Programm zieht wochentags um 23.05 Uhr eine Schiene namens "Soundart" ein. Montag, Dienstag und Freitag für zeitgenössische Musik in "Zeitton", Mittwoch "Lyrik heute", erstmals auch mit Gesprächen über Lyrik in dem Format. Am Donnerstag "Kunst zum Hören" (bisher "Radiokunst-Kunstradio" am Sonntag), nun auch mit einordnenden Künstlergesprächen und mit ORF On, Social Media, Podcastformaten.

7. Große Nachtmusik

Nach mitternächtlichen Wiederholungen von "Ambiente", "Menschenbilder", "Science Arena", "Passagen", "Intrada" kommt nun – bis auf die "Jazznacht" am Samstag – die Nachtschiene "Ö1 Hausmusik" mit Konzertmitschnitten und anderem Archivmaterial, die sich auch gleich als Playlists für die ORF-Streamingapp "Sound" eignen.

8. "Hinterzimmer", "Hausmusik", "Supernova" statt  "Kunstsonntag"

Abschied nehmen heißt es ab 5. Februar vom "Kunstsonntag": Das Abendprogramm am siebenten Tag eröffnet nach dem "Abendjournal" um 18.15 das neue "Ö1 Hinterzimmer". Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Ö1, aber auch anderen ORF-Kanälen und Teams erklären sich und ihr Tun im "entspannten" Gespräch. Da soll es um Themen gehen, die den Sender Ö1 aktuell bewegen – etwa auch, warum man dieses und nicht jenes Konzert überträgt und was in News, Kultur, Musik, Wissenschaft und Religion gerade – wohl auch das Publikum – beschäftigt.

Um 19.05 machen österreichische Musikerinnen und Musiker Sonntagabend im Großraumbüro des neuen Sendergebäudes auf dem Küniglberg "Ö1 Hausmusik".

Von 19.45 bis 21.30 gibt es im neuen Format "Supernova" zeitgenössische Konzertmitschnitte, der Sender verspricht Uraufführungen großer Orchesterwerke, neue Kammermusik, Improvisationsgigs und Festivalmitschnitte.

9. Und wo ist eigentlich ...?

Suchtipps für gewohnte Formate im neuen Ö1-Programm ab 5. Februar (teils schon oben erwähnt):

Auf dem gewohnten Sendeplatz am Samstag um 17.05 Uhr bleibt das Feuilletonformat "Diagonal". Neu aber: "Diagonal" soll künftig "unregelmäßig-regelmäßig" live senden, und das aus Stadt und Land und nicht alleine vom Küniglberg.

10. Abschied von Rudi, dem Radiohund

Ö1 verabschiedet sich von Formaten für ein sehr junges Publikum wie der "Kinderuni" und "Rudi, dem Radiohund". Unter den vielen Kanälen und Plattformen des größten österreichischen Medienkonzerns ORF fokussiert sich der Kultur- und Infosender auf eine Zielgruppe ab 35. Seit Jahresbeginn hat der ORF einen neuen Streamingkanal namens "ORF Kids" für die Zielgruppe, vorerst mit Videoformaten, aber auch Audioformate sind dort ein Thema. (fid, 25.1.2024)