Von welchen Medienmenschen wird man 2024 mehr hören? Silvia Lahner leitet mit Ö1 einen Sender, der laut Eigenwerbung gehört gehört. Und man wird gleich ab Februar noch mehr von ihr hören: Lahner baut den Kultur- und Infosender recht fundamental um und bringt ihn so ein Stück näher in jene Streamingwelt, die der ORF insgesamt anpeilt.

Silvia Lahner, Ö1-Chefin, baut den ORF-Kultursender um.
Silvia Lahner, Ö1-Chefin, baut den ORF-Kultursender um.
Ö1/Joseph Schimmer

Fällt aus dem Ö1-Schema

Als Silvia Lahner 2022 die interimistische Leitung von Ö1 übernommen hat, schien sie ins bisherige Bestellungsmuster von Senderchefs zu fallen: Leiterin einer der großen (Haupt-)Abteilungen des Senders, nicht allzu weit vom Pensionsalter entfernt. Sie übernahm die Leitung des Kultur- und Inforadios, weil der amtierende Senderchef Martin Bernhofer den Job schon vor Erreichen seines 65. Lebensjahres aus persönlichen Gründen aufgab. Bernhofer leitete die Ö1-Wissenschaft, bis er kurz vor seinem 60. Geburtstag zum Senderchef wurde. Lahner leitete seit 2018 die Ö1-Kultur und war schon stellvertretende Channel-Managerin, als sie 2022 übernahm. Auch sie ist Jahrgang 1959 und wird damit im kommenden Jahr 65.

Doch im Gegensatz zu ihren Vorgängern wartet Lahner mit einem Konzept für Ö1 auf, das ein über viele Jahre recht bunt gewordenes Programm mit vielen Sendungsmarken für verwandte Themen und Inhalte neu und klar strukturiert. Und sie verpasst dem Sender etwas bisher Ungehörtes für das Kultur- und Infoprogramm: Ein Tagesmoderator oder eine Tagesmoderatorin führt von voraussichtlich 9 bis 18 Uhr durch das Programm – und erspart den Sendungsmacherinnen und -machern eine Vielzahl von Einleitungen, Begrüßungen, womöglich mit Bezug zu Tag und Tageszeit, und Verabschiedungen.

Streamingtauglich

Das macht aus Ö1 noch kein Flächenradio im klassischen Sinn, und das soll es offenbar auch nicht werden. Aber: Ohne solche Tagesbezüge können die Sendungen einfacher und ohne große Bearbeitung auf ORF-Streamingangeboten wie "Sound" eingesetzt werden. Die Plattform soll nach bisher ausbaufähigem Erfolg, wie auch das ORF-Management einräumt, Anfang 2024 noch einmal runderneuert durchstarten. Das Nachtprogramm von Ö1 zwischen 1 und 6 Uhr früh soll ebenso Streamingplaylist-Taugliches liefern, zum Beispiel mit Konzert- und Festivalmitschnitten. Streamingtauglich soll sich auch die Feature-Redaktion mit Dokuserien und Hörbildern ausrichten – wenn sie das nicht ohnehin schon längst ist. Andere Wortformate indes sollen künftig mehr auf Livecharakter setzen. Auch jüngere Formate werden diskutiert, etwa in der Literatur, erzählt man sich im Ö1-Würfel auf dem Küniglberg.

Eine klarere Struktur im linearen Programm bedeutet: Um 16 Uhr werden, mit täglichen thematischen Schwerpunkten, Sendungen zu Talk, Literatur, Religion, Wissenschaft und Gesundheit gebündelt. Und nach dem Abendjournal werden auf dem Sendeplatz des Journal-Panorama künftig Formate der Information zusammengefasst – neben dem Journal-Panorama auch Klartext/Mittwochsrunde, das Wirtschaftsmagazin Saldo vom Freitagvormittag, das monatliche Medienmagazin Doublecheck und, weiter am Freitag, das Europajournal. Ergibt logisch: weniger Journal-Panorama. Und insgesamt weniger Kosteneinsatz für die Info jenseits der Journale im Programm.

Und ja, Rudi, der Radiohund, der viele rasend macht und andere begeistert, wird in den Ruhestand geschickt.

Wenn Lahner, wie im ORF mit wenigen Ausnahmen üblich, im kommenden Jahr in Pension gehen sollte, braucht der ORF eine neue Führung für seinen Info- und Kultursender. Man wird also noch von ihr hören. (fid, 8.12.2023)