Der Prozessfinanzierer LV24 hat nach eigenen Angaben vom Mittwoch eine Art Sammelbeschwerde von mehr als 300 Antragstellern gegen den ORF-Beitrag von allen unabhängig vom Empfang beim Verfassungsgerichtshof eingebracht. Der Prozessfinanzierer spricht von einem "ersten Antrag auf Prüfung der Zulässigkeit" der seit 1. Jänner 2024 geltenden ORF-Haushaltsabgabe. Es handle sich um einen Individualantrag.

Sammel-Antrag gegen neuen Beitrag für den ORF beim Verfassungsgericht eingebracht.
Sammelantrag gegen neuen Beitrag für den ORF beim Verfassungsgericht eingebracht.
Harald Fidler

Schwierig zu kippen

Bei der Prozessfinanzierungsfirma, die einer Liechtensteiner Muttergesellschaft zuzuordnen ist, hätten sich in den letzten Monaten tausende Betroffene gemeldet, die mit der vom Gesetzgeber geschaffenen exzessiven Rechtslage überhaupt nicht einverstanden sind, ließ die LV24 am Mittwoch per Aussendung verlauten.

Die LV24 moniert etwa, dass reine Streamingnutzer bisher nicht das volle ORF-Angebot nutzen könnten, sie müssten aber vollen ORF-Beitrag zahlen. Der ORF kündigte volles Livestreaming ab etwa April an, als ihn DER STANDARD vor wenigen Wochen zu entsprechenden Beschwerden befragte.

Mit dem Antrag an den Verfassungsgerichtshof will der Prozessfinanzierer nach eigenen Angaben den (dafür im Instanzenzug vorgesehenen) Weg über unzählige individuelle Verfahren beim Bundesverwaltungsgericht umgehen. Der mit der Sache befasste Wiener Rechtsanwalt Oliver Felfernig sieht "durchaus gute Argumente dafür, dass eine unmittelbare Betroffenheit der Antragsteller vorliegt, der Umweg über das Bundesverwaltungsgericht nicht zumutbar ist und eine Finanzierung des ORF mittels 'Zwangsgebühren' durch alle Haushalte letztlich unzulässig ist".

DER STANDARD befragte in dieser Rechtsmaterie sachkundige Experten im August 2023 über die Aussichten der damals angekündigten Initiative des Prozessfinanzierers LV24 gegen den ORF-Beitrag. Diese wurden damals eher skeptisch bewertet. Der neue ORF-Beitrag, basierend auf einer Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs, sei schwer zu kippen.

Verfassungswidrige GIS

Der Verfassungsgerichtshof hat 2022 entschieden, dass die Ausnahmen für reine Streamingnutzerinnen und -nutzer von der bis Ende 2023 eingehobenen GIS verfassungswidrig sind, und hat die bisherige Rundfunkgebühr aufgehoben. Eine so wesentliche Nutzungsmöglichkeit wie Streaming könne man nicht von der Zahlungspflicht ausnehmen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seiner Entscheidung auch eine Finanzierungsgarantie der Republik für einen viefältigen, unabhängigen öffentlich-rechtlichen Rundfunk festgeschrieben.

Die Regierungsmehrheit von ÖVP und Grünen hat die Anforderungen des Höchstgerichts über eine unabhängige Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem ORF-Beitrag umgesetzt, der nun unabhängig von der Nutzung von allen eingehoben wird – allerdings mit Befreiungen für einkommensschwache Haushalte und Einpersonenunternehmen. Seit 1. Jänner sind Hauptwohnsitze zahlungspflichtig. Meldedaten und Meldepflicht als Anknüpfungspunkt für den ORF-Beitrag sind ebenfalls ein Kritikpunkt der LV24-Beschwerde. (fid, 14.2.2024)