Donald Trump mit den goldenen
Donald Trump mit den goldfarbenen "Never Surrender"-Sneakers um stolze 399 US-Dollar (rund 370 Euro).
AP/Manuel Balce Ceneta

Die goldfarbenen Sneakers heißen "Never Surrender" und gehen unter Donald Trumps MAGA-Anhänger für 399 US-Dollar das Paar weg wie warme Semmeln. Das Motto steht dabei nicht für die standfeste Verteidigung von Demokratie und Freiheit, sondern für das Gegenteil: den Angriff auf den Rechtsstaat. Weshalb der mutmaßliche Präsidentschaftskandidat der Republikaner in den vergangenen Tagen mehr zur Vermarktung seiner Turnschuhe sagte als zu dem denkwürdigen Tod des 47-jährigen Putin-Kritikers Alexej Nawalny in einem sibirischen Straflager.

Trump postete nicht mehr als einen kryptischen Satz im Netz. "Der plötzliche Tod von Alexej Nawalny hat mir mehr und mehr bewusstgemacht, was in unserem Land geschieht", hieß es dort, um danach in eine Litanei über "verlogene, linksradikale Politiker, Staatsanwälte und Richter" zu verfallen, die die USA zu einer "gescheiterten Nation im Niedergang" machten. Zum strategischen Rückschlag der Ukraine bei Awdijiwka, wo den Verteidigern die Munition auszugehen drohte, sagte er nichts.

Bei einem Wahlkampfauftritt in Michigan wiederholte der Spitzenreiter im Rennen um die Präsidentschaftsnominierung der Republikaner, was er immer sagt: Dass Putin die Ukraine nicht angegriffen hätte, wenn er im Weißen Haus gewesen wäre, und der Krieg nach seiner Rückkehr in einem Tag zu Ende sei.

Unterschied zu Joe Biden

Gewiss beschäftigte Trump noch das Urteil in dem Betrugsprozess von New York, das ihn dazu zwingt, binnen Monatsfrist mehr als eine halbe Milliarde Dollar oder eine entsprechende Bürgschaft bei der Gerichtskasse zu hinterlegen. Geld, das er nur dann zurückerhält, wenn seine angekündigte Berufung Erfolg hat. Aber das Schweigen des Kandidaten entspricht auch dem Verhalten, das er als Präsident an den Tag gelegt hatte.

Nach dem Giftanschlag auf Nawalny im August 2020 fiel Trump nichts weiter ein, als öffentlich zu sagen, dass es keinen Beweis für eine Verantwortung Russlands gebe. Die Reaktion Joe Bidens könnte nicht verschiedener sein. Er zeigte mit dem Finger auf Putin und forderte den Kongress auf, umgehend die 61 Milliarden Dollar an Hilfen für die Ukraine zu beschließen. "Ich hoffe bei Gott, dass es hilft", sagte Biden zu der Erwartung, dass der Tod Nawalnys ein Weckruf an die Abgeordneten sein könnte. "Die Tragödie erinnert uns daran, was im Moment auf dem Spiel steht."

Blockade im Repräsentantenhaus

An Speaker Mike Johnson perlt das ab. Auf Geheiß Trumps blockiert er persönlich die Abstimmung über das bereits vom Senat mit großer überparteilicher Mehrheit beschlossene Gesetz. Demonstrativ schickte Johnson den Kongress für zwei Wochen in die Sitzungspause. In einer Erklärung zu Nawalnys Tod sagt der Trump-Verbündete an der Spitze des Kongresses, die USA müssten "jede vorhandene Möglichkeit nutzen, um Putins Finanzierung seines nicht provozierten Krieges in der Ukraine und die Aggression gegen die baltischen Staaten zu unterbinden".

Senatsführer Chuck Schumer von den Demokraten erinnerte daran, dass es nicht darum geht, Mittel für Russland "zu unterbinden", sondern der Ukraine Geld zu geben, damit sie ihre Demokratie verteidigen könne. "Der Tod Alexej Nawalnys muss alle Alarmglocken schrillen lassen", erklärte Schumer. "Die ganze Welt wird sich daran erinnern, was die USA hier machten."

Konservative in Erklärungsnot

Während Kreml-Nähe in einem Wahljahr in der Vergangenheit ein Problem gewesen wäre, gibt es heute eine einflussreiche Gruppe an Republikanern, die Trumps Nähe zu Putin teilen – was traditionelle Konservative um Erklärungen ringen lässt. Für Senator Tim Scott ist nicht Trump das Problem, sondern Joe Biden. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Michael R. Turner, glaubt, dass es der Ex-Präsident nicht so meint. "Was Trump bei seinen Kundgebungen sagt, entspricht nicht der Politik Trumps."

Die letzte verbliebene Herausforderin im Rennen um die Präsidentschaftsnominierung, Nikki Haley, sieht das anders. "Entweder ist er (Trump) auf der Seite Putins und findet es cool, dass Putin einen seiner politischen Gegner getötet hat – oder er hält es für keine so große Sache. Beides ist besorgniserregend. Beides ist ein Problem", sagte Haley. "Wir müssen die Amerikaner daran erinnern, dass Putin nicht unser Freund ist." Es sei deshalb mehr als irritierend, wenn Trump bei einer Kundgebung in South Carolina Putin dazu ermuntere, unsere Verbündeten anzugreifen. "Das erschüttert bis ins Mark." (Thomas Spang aus Washington, 19.2.2024)