Gründerin von Max Inferno Games
Annie Macmillan, Co-Gründerin vonMax Inferno Games, hat offensichtlich Spaß an der Arbeit.
Max Inferno Games

Es gibt viele Tätigkeiten, denen ich mich in meiner Freizeit mit Begeisterung widme, aber eine gehört sicher nicht dazu: Aufräumen. Und doch habe ich zuletzt, nachdem ich davor das ganze Haus geputzt hatte, ein Game mit genau diesem Inhalt gestartet. "A Little to the Left" ist ein Puzzlespiel, bei dem man aufräumen muss. Motiviert wurde ich durch den nachfolgenden Trailer, in dem das Indie-Team aus Kanada auf äußerst charmante Weise die Portierung in die Welt der Xbox und Playstation verkündet.

A Little to the Left is coming to Xbox & PlayStation!
Max Inferno Games

Das Indie-Game hatte mein Interesse aber nicht nur wegen des ungewöhnlichen Spielkonzepts auf sich gezogen, sondern auch wegen eines kleinen, unscheinbaren Satzes, der neben der schauspielerischen Leistung der Developer schnell überhört werden kann: Erstmals kann das ursprünglich 2022 veröffentlichte Spiel auch auf Smartphones gespielt werden. Und zwar via Xbox Cloud Gaming, wahlweise mit Controller oder per Toucheingabe.

Und da ich bereits äußerst müde vom Aufräumen in der echten Welt war sowie keinen Controller bei der Hand hatte, habe ich mich auf das nächstbeste Sofa gelegt, um Aufräumen zu spielen. Ohne Controller, mit meinen bloßen Händen, auf dem Smartphone-Bildschirm.

Touch ist nicht gleich Touch

Wohlgemerkt: Unter "Toucheingabe" wird bei diesem Spiel etwas anderes verstanden als beim Großteil jener Spiele, die in der Gamepass-App prominent als "Mit Toucheingabe spielen" gelistet sind. In den meisten Fällen können Objekte nämlich nicht direkt per Fingertippen angewählt werden, sondern es wird ein virtuelles Controller-Interface über das Geschehen gelegt.

Das hat den simplen Grund, dass es sich bei den angeblich "touchoptimierten" Spielen im Gamepass lediglich um lieblose Portierungen der Konsolenversionen handelt, bei denen sich die Verantwortlichen wenig Gedanken über mögliche Adaptierungen in der Steuerung gemacht haben. Beim Spieler sorgt dies wiederum für Frust, wenn Menüpunkte oder Objekte im Spiel mühsam mit den virtuellen Joysticks ausgewählt werden müssen.

Bei Netflix und Apple geht es ja auch

"A Little to the Left" macht das anders: hier werden einfach jene Objekte per Fingertippen ausgewählt, die man auf dem Touchscreen verschieben möchte. Das Spiel ist somit eine regelrechte Rarität. So finden sich im Gamepass nur wenige Games, die eine derartige Steuerung ermöglichen – darunter das während der Pandemie so erfolgreiche "Among Us", das aber von Anfang an auch als Handyspiel mit konzipiert wurde.

Entsprechend muss im Sinne der Vollständigkeit an dieser Stelle auch der Blick zu anderen Anbietern gemacht werden. Denn natürlich unterstützen die iPhone- und iPad-Spiele in Apple Arcade echte Toucheingabe dort, wo es Sinn macht, wie etwa bei einem Tower Defense Game.

Screenshot Football Manager 2024
Einen Schönheitspreis gewinnt die mobile Version des "Football Manager 2024" nicht, das Spiel hat aber eine eigene Fanbase.
Screenshot

Und auch beim nach wie vor auf mobile Geräte beschränkten Gaming-Angebot von Netflix können im postapokalyptischen Abbauspiel "Terra Nil" Objekte per Fingertippen platziert und im aktuellen "Football Manager 24" auf diese Weise ein Fußballteam verwaltet werden. Das actionreiche "Raji: An Ancient Epic" will hingegen per Controller gesteuert werden, entweder über einen virtuellen oder über einen per Bluetooth verbundenen Hardware-Controller.

Verschenktes Potenzial

Nun kann man natürlich argumentieren, dass es sich bei all diesen Spielen um solche handelt, die von Anfang an auch als mobile Games konzipiert waren. Aber das ist bei "A Little to the Left" eben nicht der Fall: Hier hat sich ein kleines Team aus Kanada Gedanken darüber gemacht, wie das eigene Spiel auf mobilen Geräten gesteuert werden soll, und dies entsprechend umgesetzt. Das ist vielen großen Studios nicht gelungen, obwohl es Sinn machen würde.

So lässt sich das ebenfalls im Gamepass enthaltete "Cities: Skylines" nur über einen virtuellen oder einen Hardware-Controller steuern, da hier einfach die Xbox-Version portiert wurde. Das Gleiche gilt für einen Blockbuster, der von Microsoft selbst veröffentlicht wurde: "Age of Empires 4". Nicht auszudenken, wie viel mehr Spaß diese Spiele auf einem Tablet-PC machen würden, wenn man Gebäude und Einheiten durch simples Antippen anstatt durch mühsames Rumfummeln mit Controllertasten steuern könnte.

Handy mit Controller
Den "Flight Simulator" nur per Controller steuern? Hier wird viel Potenzial verschenkt.
Der Standard/Stefan Mey

Und diese Liste an Spielen mit Touch-Verbesserungspotenzial lässt sich beliebig lang fortsetzen. Man stellte sich nur vor, Microsofts "Flight Simulator" würde eine Kombination aus Touchscreen und Gyrosensor unterstützen, sodass man sich durch Schwenken des Geräts im Cockpit umsieht und dann die passenden Hebel und Knöpfe einfach per Antippen bedient. Das wäre gar immersiver als die PC-Version. Oder das in Kürze im Gamepass aufschlagende "Diablo 4" ermöglichte es, die fiesen Monster einfach totzutippen.

Aufräumen

Jammere ich hier auf hohem Niveau? Vermutlich ja. Aber wir schreiben das Jahr 2024. Abos wie den Gamepass oder Sonys Playstation Plus gibt es nun schon ein paar Jahre, und es ist an der Zeit, Forderungen nach neuen Innovationen und besserer Nutzbarkeit zu stellen. Sich zu wünschen, dass man Spiele überall auf jedem Gerät in der Weise spielen kann, wie sie Spaß machen. Und zwar nicht nur einzelne Indie-Titel, sondern auch die Blockbuster mit den deutlich größeren Budgets. Das bedeutet halt, dass die Publisher und Plattformanbieter mit ihren Titeln etwas machen müssen, das eben wenigen Menschen Spaß macht: aufräumen. (Stefan Mey, 25.2.2024)