Mond
Nova-C war vor rund einer Woche vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida gestartet.
AFP/Intuitive Machines/HANDOUT

Houston – In der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurde Raumfahrtgeschichte geschrieben: Erstmals hat ein privates Raumfahrtprojekt sanft die Mondoberfläche erreicht. Gelungen ist das dem US-amerikanischen Unternehmen Intuitive Machines mit dem Lander Nova-C, Beiname Odysseus, der ohne menschliche Crew unterwegs war. Wie die Raumfahrtbehörde Nasa berichtet, setzte er in der Nacht auf Freitag in der südlichen Region des Mondes auf. Damit ist auch erstmals seit 1972 wieder ein US-amerikanisches Unterfangen zum Erdtrabanten geglückt.

"Odysseus hat den Mond erobert", freute sich Nasa-Chef Bill Nelson und sprach von einem Triumph. Dem erleichterten Klatschen gingen bange Minuten voraus: Zunächst war unklar, in welchem Zustand sich der Lander befindet. Das Team des kommerziellen Raumfahrtunternehmens erinnerte sich wohl an die langen Wartezeiten der jüngsten privaten Raumflüge, die nichts Gutes verhießen. Auch bei der ersten japanischen Mondlandung vor wenigen Wochen dauerte es lange bis zur Bestätigung – und dann stand "Slim" auf dem Kopf und hatte Stromversorgungsprobleme, weil die Solarpaneele so nicht funktionierten.

Odysseus landete um 0.23 Uhr zentraleuropäischer Zeit. Nach etlichen Warteminuten empfing das Kontrollzentrum zunächst nur schwache Signale – aber immerhin, die Landung war sanft. Man arbeite daran, stärkere Signale zu bekommen und mehr über den genauen Zustand des Landers zu erfahren, hieß es. War wieder eine Sonde auf dem Kopf gelandet? Binnen einiger Stunden kam die nächste Erleichterung: Odysseus steht aufrecht, teilte Intuitive Machines mit.

Die Freude im Team ist groß
Die Freude im Team ist groß.
AFP/NASA/DAVID SWANSON

Der Lander ist etwa so groß wie eine altmodische britische Telefonzelle, hat Aluminiumbeine, wiegt rund 700 Kilogramm und kann etwa 130 Kilogramm Ladung befördern. Einen großen Teil davon hat die Nasa mit Forschungsgeräten und anderem Material belegt. Zum Glück: Schon vor dem Sinkflug gen Mondoberfläche kam es zu technischen Schwierigkeiten, weil Laser nicht funktionierten, die den Abstand zum Mond messen sollten. Den Ingenieuren gelang es aber, die experimentellen Laser der Nasa, die ebenfalls an Bord waren, stattdessen einzusetzen.

Den Rest des Platzes haben sich vor allem kommerzielle Unternehmen für ihre Vorhaben gesichert. Zudem hat der US-Künstler Jeff Koons 125 Miniaturskulpturen aus rostfreiem Stahl mitgeschickt. Nun bleibt abzuwarten, ob Fotos vom Mondlander auf der Erde ankommen. Eine Kamera sollte sich von der Sonde absetzen und die Landung fotografisch dokumentieren.

Nasa will mit neuem Programm zurück zum Mond

Odysseus beziehungsweise Nova-C – war vor rund einer Woche vom Weltraumbahnhof Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida gestartet. Transportmittel war eine Falcon 9-Rakete des Raumfahrtunternehmens Space X von Technologie-Milliardär Elon Musk. Die Mission ist Teil des Nasa-Programms CLPS (Commercial Lunar Payload Services). Mit diesem Programm will die US-Raumfahrtbehörde auf ihrem eigenen Weg zurück zum Mond vergleichsweise günstig und effizient so viel Wissen ansammeln wie möglich, indem sie Verträge für Mondlandungen an private Firmen vergibt und mit diesen zusammenarbeitet. Insgesamt sind für das CLPS-Programm bis 2028 rund 2,6 Milliarden Dollar (etwa 2,4 Milliarden Euro) veranschlagt.

Mondlander Nova-C/Odysseus
So sah der Lander vor dem Beginn der Landung aus.
IMAGO/Intuitive Machines

Intuitive Machines bekam für die Nova-C-Mission rund 77 Millionen Dollar. Das Unternehmen mit Sitz im texanischen Houston war 2013 unter anderem vom US-iranischen Unternehmer Kam Ghaffarian gegründet worden. Er steht auch hinter der Firma Axiom Space, die gerade erst wieder mit einer kommerziellen Mission Raumfahrer zur Internationalen Raumstation schickte.

Warum die Landung schwierig ist

Mondlandungen gelten als technisch höchst anspruchsvoll und gehen häufig schief, vor allem, wenn keine Menschen im Lander sitzen, die Anpassungen vornehmen und so etwa Felsbrocken ausweichen können. So muss man sich aufgrund der Zeitverzögerung, wenn man Daten vom Mond zur Erde und zurück sendet, auf die autonom arbeitenden Systeme verlassen. Auch der Chef der europäischen Weltraumorganisation Esa, Josef Aschbacher, lobte die "erstaunliche Leistung".

Allein in diesem Jahr verliefen schon zwei geplante Landungen anders als erhofft: Das US-Unternehmen Astrobotic mit Sitz in Pittsburgh schickte im Jänner die Peregrine-Kapsel los – ebenfalls Teil des CLPS-Programms der Nasa. Schon kurz nach dem Start gab es jedoch Probleme aufgrund einer Störung des Antriebssystems. Den Ingenieuren gelang zwar zeitweilig eine Stabilisierung der Kapsel, das Ziel einer Mondlandung musste aber aufgegeben werden. Wenige Tage später verglühte Peregrine in der Erdatmosphäre.

Menschen auf dem Mond

Kurz darauf setzte der Lander Slim (Smart Lander for Investigating Moon) der japanischen Raumfahrtbehörde Jaxa zwar sanft auf dem Mond auf, hatte allerdings zunächst Probleme mit der Energieversorgung, weil er nicht aufrecht landete. Erst nach tagelangem Stromausfall konnte Slim dann doch noch in Betrieb gehen. Damit ist Japan – nach den USA, Russland, China und Indien – das fünfte Land, das erfolgreich eine unbemannte Landung auf dem Mond vollbracht hat. Im April vergangenen Jahres war eine japanische Firma mit einer ähnlichen Mission gescheitert.

Bald sollen auch wieder Menschen in die Nähe des Mondes fliegen: Die Artemis-2-Mission startet frühestens im September 2025, mit Artemis 3 ist die nächste Mondlandung von Menschen ab 2026 geplant. Dabei kooperieren unter anderem Nasa und Esa. Günter Kargl vom Institut für Weltraumforschung (IWF) der Akademie der Wissenschaften (ÖAW) und der Universität Graz hält die nun erfolgte Landung von Odysseus für einen wichtigen Schritt für die Mond-Ambitionen mit Crew. Eine private Mondlandung von europäischen Unternehmen sei aber nicht in Sicht. (sic, APA, 23.2.2024)