An spannenden Terminen in der Raumfahrt herrscht 2024 kein Mangel, im Zentrum steht dabei einmal mehr der Mond. Zahlreiche Mondmissionen sind in den kommenden Monaten geplant, zum ersten Mal seit mehr als fünf Jahrzehnten könnten auch Menschen dem Erdtrabanten wieder nahe kommen. Premieren auf dem Mond wollen zudem private Unternehmen und aufstrebende Weltraumnationen feiern. Aber auch abseits des lunaren Ansturms hat 2024 in Sachen Weltraumerkundung einiges zu bieten.

Orion Raumschiff Nasa Mond
Beim Mondflug der Mission Artemis 2 sollen die Systeme des neuen Nasa-Raumschiffs Orion erstmals mit Besatzung getestet werden.
NASA/ESA/ATG Medialab

Das prestigereiche Highlight der US-Weltraumbehörde Nasa ist zweifellos der für November geplante Start der Mission Artemis 2, bei der drei Astronauten und erstmals auch eine Astronautin zum Mond fliegen sollen. Eine Landung ist noch nicht geplant, die Crew soll das neue Raumschiff Orion bei einer Mondumrundung testen. Die Mission dient als Vorbereitung für die erste astronautische Mondlandung seit 1972, die frühestens Ende 2025 auf dem Programm steht. Für die Landung taugt Orion nicht, dafür braucht es ein eigenes Vehikel, derzeit ist der Einsatz einer Version des Starship der US-Weltraumfirma Space X geplant. Doch das Starship ist noch nicht einsatzbereit, 2024 dürfte es weitere Testflüge geben. Unsicher ist Fachleuten zufolge auch, ob sich der Novembertermin für den Orion-Flug von Artemis 2 wirklich halten lässt. Andere Vorbereitungsflüge für die umfangreichen Mondpläne der Nasa sind indes schon fixiert.

Die Crew der Artemis-2-Mission der Nasa: Christina Koch, Reid Wiseman, Victor Glover und Jeremy Hansen.
Die Crew der Artemis-2-Mission: Christina Koch, Reid Wiseman, Victor Glover und Jeremy Hansen.
Nasa

Drei Versuche im Jänner

Noch im Jänner könnte es gleich drei Versuche für eine Landung auf dem Mond geben. Am 19. Jänner soll die japanische Mission Slim (Smart Lander for Investigating Moon) die Mondoberfläche erreichen. Gelingt eine weiche Landung, wäre Japan die fünfte Mondnation. Der Lander ist bereits im vergangenen September ins All gestartet und soll Technologien zur Hinderniserkennung und Präzisionslandung erproben. Auch zwei private Unternehmen wollen sich noch im Jänner an Mondlandemanövern versuchen: die US-amerikanischen Firmen Intuitive Machines und Astrobotic. Beide Unternehmen fliegen im Auftrag der Nasa, sie sind Teil des Commercial Lunar Payload Services Program (CLPS), eine Art kommerzieller Lieferdienst zum Mond, der den Aufbau einer dauerhaften lunaren Infrastruktur ermöglichen soll.

Intuitive Machines und Astrobotic liefern sich ein Rennen um die erste erfolgreiche private Mondlandung. Beide Unternehmen haben, so der jeweilige Erstversuch klappt, im Lauf des Jahres noch weitere Mondflüge geplant. Das anspruchsvolle Landemanöver ist bisher nur der Sowjetunion, den USA, China und Indien gelungen, zwei private Sonden sind bereits auf dem Mond zerschellt: der israelische Lander Beresheet (2019) und der japanische "Mondhase" Jakuto-R (April 2023). Zuletzt stürzte im vergangenen August auch die staatliche russische Sonde Luna-25 ab. 2023 schaffte es nur Indien heil auf den Mond, einige Jahre zuvor war auch der erste indische Landeversuch missglückt.

Strategische Bedeutung

Chinas umfangreiche Mondpläne sehen 2024 ebenfalls keine Pause vor. Nach ersten erfolgreichen Landungen 2013, 2018 und 2020 soll die Mission Chang'e 6 im Mai starten und Proben von der Rückseite des Mondes zur Erde bringen. Bis 2030 will China auch Menschen zum Mond bringen. Der Mond ist wissenschaftlich durchaus reizvoll, der aktuelle "Moonrush" hat aber vor allem strategische, sicherheitspolitische und wirtschaftliche Gründe.

Starship SpaceX Starbase
Das Starship der US-amerikanischen Firma Space X beim Startversuch im November 2023. Das Abheben funktionierte bei diesem Test, kurz darauf kam es aber zur Explosion.
AFP/TIMOTHY A. CLARY

So ist der Erdtrabant eine logische Zwischenstation für weitere astronautische Flüge, etwa zum Mars. Nicht zuletzt ist er auch ein günstiges Testgelände für neue Technologien in der Raumfahrt und zum Abbau von Ressourcen im All. Die wirtschaftliche Bedeutung des Weltraums ist nicht zu unterschätzen: Auf 400 Milliarden Euro wird das Volumen der Weltraumwirtschaft heute geschätzt, 2040 könnte es schon eine Billion Euro überschreiten.

Nachbarmonde und ein mitgenommener Asteroid

Im wissenschaftlichen Fokus stehen aber auch andere Monde. Japan will mit der Mission Martian Moons Explorations (MMX) die Marsmonde Phobos und Deimos genauer erforschen, von Phobos sollen auch Proben zur Erde gebracht werden. Der Start ist für September geplant. Im Oktober soll dann die Nasa-Raumsonde Europa Clipper Richtung Jupiter aufbrechen, um dessen viertgrößten Mond Europa zu untersuchen. Europa zählt zu den astrobiologisch interessantesten Objekten im Sonnensystem, der Eismond besitzt unter einem kilometerdicken Eispanzer einen Ozean aus flüssigem Wasser, in dem theoretisch lebensfreundliche Bedingungen herrschen könnten. Die Reise zu Europa dauert lange, die Ankunft der Raumsonde wird 2030 erwartet.

Europa Jupiter
Den Jupitermond Europa erwartet Besuch, wenn auch erst 2030.
Getty Images/iStockphoto

Ebenfalls im Oktober steht der Start der europäischen Asteroidenmission Hera auf dem Programm. Sie soll die Spuren eines Crashs untersuchen, den die Nasa-Raumsonde Dart 2022 hingelegt hat. Dart ist planmäßig mit einem kleinen Asteroiden kollidiert, um die Ablenkung potenziell gefährlicher Objekte zu testen. Hera soll nun untersuchen, welche genauen Auswirkungen der Crash auf den Asteroiden hatte, und nebenbei auch gleich mehr über dessen Entstehungsgeschichte herausfinden. Befördert wird die Sonde von Space X.

Erstflug von Europas neuer Trägerrakete

Europa hat im Moment keinen eigenen Zugang zum Weltraum. Im Juni oder Juli und damit vier Jahre später als ursprünglich vorgesehen soll die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 erstmals starten. Das Nachfolgemodell der seit 1996 eingesetzten Ariane 5 soll künftig Satelliten für kommerzielle und öffentliche Auftraggeber ins All bringen. Die Ariane 6 ist leistungsstärker, günstiger und konkurrenzfähiger als ihre Vorgängerin. Sie wurde entwickelt, um im harten Wettbewerb auf dem Markt für Trägerraketen bestehen zu können, der mittlerweile von Elon Musks Raumfahrtunternehmen Space X dominiert wird. Anders als die Space-X-Trägerrakete Falcon 9 ist die Ariane 6 allerdings nicht wiederverwendbar, was sie viel teurer macht und ihre Wettbewerbsfähigkeit deutlich einschränkt.

Ariane 6 ESA
Der Erstflug der Ariane-6-Rakete vom europäischen Weltraumbahnhof Kourou soll kommenden Juni oder Juli erfolgen.
AFP/ArianeGroup/P. PIRON

Auch der wissenschaftliche Blick ins Universum soll sich 2024 weiter verbessern. Gegen Ende des Jahres soll das Vera C. Rubin Observatory in Chile in Teilbetrieb gehen, das Spiegelteleskop soll den gesamten Südhimmel alle drei Nächte scannen und Milliarden von Sternen und Galaxien detektieren. Noch ein zweites Teleskop in der Chile steht vor der Fertigstellung, mithilfe des Simons Observatory wollen Forschende die Entstehung und Entwicklung des Universums genauer erforschen. Und auch im Erdorbit dürfte es noch vor Jahresende ein neues "Auge" geben, das auf die Weiten des Weltraums blicken soll: Das chinesische Weltraumteleskop Xintuan soll mit Verspätung noch in diesem Jahr starten und in denselben Orbit wie die chinesische Weltraumstation gebracht werden, an die es bei Bedarf andocken kann.

Komet auf Durchreise

Wer selbst von der Erde aus gerne in den Himmel blickt, darf sich 2024 keine allzu großen Highlights erwarten, zumindest nicht von Österreich aus betrachtet: Den bescheidenen Höhepunkt des Astronomiejahres markiert eine partielle Mondfinsternis am 18. September. Spannend könnte es zudem am 13. Oktober werden, wenn der im Vorjahr entdeckte Komet C/2023 A3 Tsuchinshan-Atlas in einem Abstand von 70 Millionen Kilometer an der Erde vorbeizieht – der ferne Besucher könnte mit bloßem Auge zu sehen sein. Eine totale Sonnenfinsternis gibt es 2024 anderswo zu sehen: Am 8. April wird eine Eklipse in Teilen Mexikos, der USA und Kanadas zu sehen sein. Immerhin eine partielle Sonnenfinsternis wird es von Österreich aus 2025 wieder zu sehen geben. (David Rennert, 6.1.2024)