Wasser trinken Gastronomie verzicht auf Getränke alkoholisch
Viele Menschen machen die Teuerungen wett, indem sie in der Gastronomie auf das eine oder andere Glas verzichten.
IMAGO/Westend61

In Zeiten gewaltiger Preissteigerungen schauen die Österreicherinnen und Österreicher genau darauf, was wie viel kostet und wo man sparen kann. Im täglichen Leben bedeutet das: Einkaufen beim Diskonter, Angebote und Rabattpickerln im Supermarkt nutzen oder aber auf Genussmittel verzichten.

Besonders stark wird beim Lokalbesuch gespart. Laut Umfrage der Arbeiterkammer vom Sommer 2023 verzichten 62 Prozent der Befragten komplett aufs Essengehen. Das spüren auch die Gastronominnen und Gastronomen. Viele Menschen wollen auf das Schnitzel im Gasthaus oder den Kuchen im Kaffeehaus trotz Teuerung nicht verzichten. Es geht dabei auch um die soziale Komponente, die mit einem Restaurantbesuch einhergeht.

Damit dieser aber nicht allzu teuer ausfällt, spart man auch hier: Statt auf Wein, Spritzer, Cola oder Eistee verzichtet man ganz auf das Getränk und bestellt Leitungswasser. Je nach Getränk und Menge kann man dadurch richtig viel Geld sparen, ohne komplett auf den Besuch im Lokal verzichten zu müssen. Eine Entwicklung, die den Gastronominnen und Gastronomen auffällt?

Der Trend geht zum Wasser

"Definitiv", sagt Marco Simonis. Der Gastronom leitet das nach ihm benannte Lokal mit Foodshop im ersten Bezirk in Wien. Besonders auf alkoholische Getränke verzichten die Gäste. "Der Trend geht mittags ganz klar zur Karaffe Leitungswasser und manchmal zu hausgemachten Säften und Limos. Genießer, die früher ein gutes Glaserl zu ihrer Hauptspeise bestellt haben, sind sehr rar geworden." Seit Corona habe sich das verändert, sagt Simonis. "Ich denke, sehr viel hat sich in den privaten Konsum verlagert." Die Entwicklung werde andauern, solange die Preise weiter steigen würden. Ab einem gewissen Punkt müsse man dann Preiserhöhungen bei Speisen andenken.

Für das Leitungswasser könnte sich Simonis vorstellen, einen Euro für einen halben Liter zu verlangen. Es sei ein symbolischer Euro: "Verdienen wird an diesem Euro niemand etwas, aber vielleicht schaffen wir über diesen Weg Bewusstsein bei unseren Gästen, dass das wertvolle Leitungswasser nicht kostenlos zu Ihnen an den Platz kommt." Er spreche aber nicht über das Glas Wasser zum Espresso oder zum Wein.

"Es ist ein Kampf"

Auch die Kochbuchautorin und Gastronomin Andrea Karrer vom Kleinen Café im ersten Wiener Bezirk kann den Rückgang von Getränkebestellungen bestätigen. Die Ursachen ortet sie wie die meisten aus der Branche in der allgemeinen Teuerung. "Es ist schon auffällig, dass die Menschen weniger bestellen, vor allem was die alkoholischen Getränke betrifft." Manche würden auch auf den Kaffee zum Kuchen verzichten, andere teilen sich ein Stück Torte, trinken dafür schon einen Kaffee dazu.

Tun könne man dagegen nicht viel. "Man sollte sich vielleicht mehr aufregen, auch wenn man nicht genug Macht hat. Die Wirtschaftskammer tut zu wenig dagegen. Es wird immer die Gastronomie an den Pranger gestellt, aber letztlich sind Dinge wie die gestiegenen Energiekosten die Ursache des Problems. Es ist ein Kampf."

Auf die Frage, was sie davon hält, für ein Glas Leitungswasser zu kassieren, sagt sie, man sollte es eigentlich tun, für sie käme dies allerdings nicht infrage. "Ich lehne das bei uns strikt ab. Das Glas Wasser ist eine der vielen Gesten der Gastfreundschaft in Wien. Und wir sind Gastgeber. Dann kann man ja gleich fürs Glas auch noch etwas verlangen."

Wasser trinken Gastronomie verzicht auf Getränke alkoholisch
Immer öfter wird auch für ein Glas Leitungswasser eine Zeche verrechnet.
APA/GEORG HOCHMUTH

Spargedanken sind da

Beim Häuserl am Roan kann man die Entwicklung allerdings nicht bestätigen. Auf STANDARD-Anfrage sagt Sophie Baumgartner, dass sich das Konsumverhalten ihrer Gäste nicht wirklich verändert habe. Baumgartner hat gemeinsam mit ihrem Partner die Lokalität auf der Höhenstraße übernommen und erst im vergangenen Jahr wiedereröffnet.

Und außerhalb der Hauptstadt? Der Posthof Gemse in Zams zum Beispiel ist ein alteingesessener Betrieb, der stark vom Ski- und Sommertourismus abhängig ist. Spürt man beim Dorfwirt, dass die Leute zum Essen immer weniger trinken? "Dieses Thema haben wir auch schon öfters besprochen, und man merkt absolut, dass ein gewisser Spargedanke da ist, wobei sich dieser nicht maßgeblich in den Getränken abbildet. Wir sehen zum Beispiel, dass Einheimische seltener essen gehen. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass Gäste versuchen, bei den Getränken zu sparen. In unserem Betrieb ist das aber keine alltägliche Sache. Auch von Lieferanten bekomme ich nicht die Rückmeldung, dass sie allgemein weniger Getränke verkaufen würden", sagt Josef Neururer gegenüber dem STANDARD.

Politik gefordert

Für jene Gastronominnen und Gastronomen, die durch den Getränkeverzicht wirtschaftliche Einbußen einfahren, heißt es, die Gäste anderweitig abzuholen. Marco Simonis setzt dabei auf "kreative" Drinks. Generell, sagt er, müsse man den Gästen besser vermitteln, wie viel Arbeit überhaupt in einem Gericht steckt und warum es diesen und jenen Preis hat. Aber nicht die Gastronomie sieht er am Ball: "Die Politik muss es schaffen, endlich die Spirale der Inflation zu durchbrechen, um den Markt wieder abzukühlen. Erst dann bekommt die Gastronomie wieder mehr Luft, sich auf einem vernünftigen Weg zu entwickeln." (red, 9.3.2024)