Rahmen, Vienna, City
Elisabeth Haider in ihrem Reich. Noch heuer werden zwei ihrer Söhne den Betrieb übernehmen. Aber sie wird weiterhin mitarbeiten.
privat

"Unsere Vergolderei und Rahmenhandlung 'Conrad Bühlmayer' wurde bereits 1833 gegründet. Sie liegt im schmalen Durchgang zwischen Michaelerplatz und Habsburgergasse im Zentrum Wiens. 1862 wurde dem Betrieb der Titel k. u. k. Hofvergolder verliehen. Wir Haiders haben das Geschäft vor über 50 Jahren von einer Tante meines Mannes übernommen. Auch zwei meiner sechs Kinder, meine Söhne Constantin und Dominic, arbeiten hier. Sie sind 30 und 38 und werden den Betrieb noch heuer übernehmen. Ich darf aber natürlich weiterhin mithelfen. Ferner gibt es noch eine Angestellte plus einen Tischler und meine Schwiegertochter, die als Vergolderin arbeitet.

Das Geschäft misst mittlerweile 60 Quadratmeter, früher war es kleiner. Es gibt ferner eine Werkstatt samt Vergolderei. Beides liegt gleich um die Ecke, in einem Kloster. Es kommt also alles 'heilig' in unser Geschäft. Bei uns wird vergoldet, geschnitzt und politiert. Beim Polieren wird etwas abgetragen, beim Politieren wird etwas aufgetragen. Klaviere zum Beispiel sind alle politiert. Wir verkaufen Rahmen aller Art, kleine, große, alte, neue, auch Spiegel, Luster, Kerzenhalter, Applikationen, Supraporten und einiges mehr. Wie viele Rahmen wir im Programm haben? Das kann man gar nicht sagen. Wir fertigen oft auch ganz individuelle Rahmen. Einen hochqualitativen Rahmen macht einerseits die Bauweise aus, die Verwendung des richtigen Holzes und die Verarbeitung der Rückseite, vor allem bei historischen Rahmen. Mit der Zeit sammelt man viel spannendes, kunsthistorisches Wissen. Man lernt nie aus.

Erlebniswelt

Zu unserer Klientel zählen verschiedenste Menschen, einige entstammen Adelshäusern, außerdem kommen Sammler und Kunstliebhaber auf der Suche nach einem Rahmen für ein Kunstwerk. Dazu zählt immer wieder auch moderne Kunst. Sagen wir, es ist durchmischt. Sogar Rod Stewart war schon bei uns. Und erst vor kurzem ein japanisches Fernsehteam, das hier gedreht hat. Manche stecken auch nur den Kopf herein, schauen fasziniert und verschwinden wieder.

Am meisten Freude am Beruf bereitet der Umstand, dass wir es den ganzen Tag mit schönen Dingen zu tun haben. Das viele Gold gibt einem das Gefühl, man sei von einer Art Sonne umgeben. Wahrscheinlich haben wir auch deshalb kaum grantige Kunden. Hier fühlt man sich einfach wohl, wir sind eine kleine Erlebniswelt, und wir beraten sehr gern. Mein Mann hat einmal gesagt: 'Jeder Kunde, der nichts kauft, aber mit einem Lächeln aus dem Geschäft geht, ist ein guter Kunde.' Weil er eine gute Erfahrung gemacht hat, weil er vielleicht wieder kommt oder uns weiterempfiehlt.

Rahmen, Vienna, City
Das Geschäft liegt in einem charmanten Durchgang zwischen Michaelerplatz und Habsburgergasse im Herzen Wiens.
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Welche Kundschaft uns die Liebste ist? Die, die weiß, was sie will. Was weniger Freude macht, sind Leute, die fünf- oder sechsmal versuchen, den Preis zu drücken. Von der Klientel her hat sich gar nicht so viel verändert. Früher wurde eher auf ein schönes Stück mehr gespart, heute sind viele auf günstigere Preise aus. Ich denke schon, dass einem Bilderrahmen früher ein größerer Stellenwert beigemessen wurde.

Was sich am meisten verändert hat? Wir waren früher nicht so abgelenkt, haben uns voll auf das Geschäft konzentriert. Die Leute würden heute am liebsten vier Tage in der Woche arbeiten, wir taten das an sechs Tagen. Früher verspürten die Menschen auch mehr das Bedürfnis, einen Job sehr lange Zeit zu machen, am besten bis zum Lebensende oder, sagen wir, bis zur Pension. Heute wechseln die Menschen oft viel schneller. Das verändert die gesamte Gesellschaft, denk' ich. Das Freizeitangebot war früher ebenfalls nicht derart umfangreich, das heißt, heute fällt es auch einfach leichter, sich ablenken zu lassen.

Wir sind für viele Menschen eine Erlebniswelt aus dem 19. Jahrhundert. Ein Anker in die Vergangenheit. Umso mehr wir uns in die Zukunft bewegen, desto rarer und geschätzter wird ein Ort, wie wir ihn hier haben. Dennoch werden wir in Zukunft auch mehr auf Digitalisierung Wert legen, um auch international stärker mitmischen zu können." (Michael Hausenblas, 21.4.2024)