Peter Westenthaler, seit März neuer ORF-Stiftungsrat der FPÖ, hat eine Beschwerde bei der Medienbehörde KommAustria gegen den Vorsitzenden des Stiftungsrats eingebracht. Anlass: Westenthaler wollte, dass der Stiftungsrat den ORF-Generaldirektor beauftragt, mit der Regierung Gespräche über eine "alternative Finanzierungsform" für den ORF – statt des ORF-Beitrags von allen – aufzunehmen. Stiftungsratschef Lothar Lockl ließ vorerst nicht über den Antrag abstimmen, um seine rechtliche Zulässigkeit zu prüfen. Westenthaler spricht auf STANDARD-Anfrage von "Willkür" des Vorsitzenden.

Peter Westenthaler, ORF-Stiftungsrat der FPÖ, vor dem ORF-Logo auf dem Küniglberg
Peter Westenthaler, ORF-Stiftungsrat der FPÖ, beschwert sich schon nach seiner ersten ORF-Sitzung bei der KommAustria über den Stiftungsratschef Lothar Lockl.
APA Roland Schlager

"Gespräche über alternative ORF-Finanzierung"

"Mein Antrag im Stiftungsrat lautete: Der Generaldirektor wird ersucht, mit der Bundesregierung Gespräche über eine alternative Finanzierungsform des ORF zu führen", erklärt Westenthaler auf Anfrage. Der Stiftungsrat konstatiert: "Dies entspricht einer Empfehlung nach Paragraf 21 Absatz 12 des ORF-Gesetzes und hätte natürlich vom Vorsitzenden zur Abstimmung gebracht werden müssen." Lockl habe dies "aus politischer Willkür nicht getan", erklärt Westenthaler. "Daher habe ich bei der KommAustria eine Beschwerde dagegen eingebracht."

Westenthaler argumentiert: Mitglieder des Stiftungsrats hätten das Recht, in den Sitzungen Anträge zu stellen. Aufgabe des Stiftungsrats sei unter anderem "die Beratung von grundsätzlichen Problemen des Rundfunks und seiner Programmgestaltung sowie der Einführung von Qualitätssicherungssystemen im Zusammenwirken mit der Geschäftsführung für Programme, die Entgegennahme von Berichten des Generaldirektors sowie die Beschlussfassung über Empfehlungen hierzu".

Der freiheitliche Stiftungsrat erklärt seinen Antrag an die KommAustria, er sehe "eine Verletzung des subjektiven Rechts eines Stiftungsrats". Lockl habe aber "einen ordnungsgemäß gestellten Antrag nicht zur Abstimmung gebracht", wozu er laut Geschäftsordnung verpflichtet sei. "Durch Verletzung der Geschäftsordnung durch den Vorsitzenden des Stiftungsrats wurde das ORF-G in § 19 Abs 2 verletzt", heißt es in der Beschwerde.

Nach STANDARD-Informationen soll die Prüfung, ob der Antrag rechtskonform ist, bis zur Juni-Sitzung des Stiftungsrats abgeschlossen sein. Lockl soll in Rücksprache mit den übrigen Fraktionen, dort "Freundeskreise" genannt, die Abstimmung zur Prüfung vertagt haben. Er soll sich im Stiftungsrat auf die im ORF-Gesetz aufgezählten Aufgaben des Stiftungsrats bezogen haben. Sie würden keine Entschließungsanträge vorsehen, wie sie etwa in Gemeinderäten, Landtagen oder dem Nationalrat üblich seien. Das ORF-Gesetz sehe nun die Finanzierung des ORF über einen ORF-Beitrag vor.

Eine Mehrheit für den Antrag im Stiftungsrat ist sehr unwahrscheinlich; Westenthaler könnte damit aber danach argumentieren, dass die übrigen Fraktionen im ORF-Aufsichtsrat gegen die Interessen der Beitragsgegner gestimmt hätten.

FPÖ gegen ORF-Beitrag

Die FPÖ spricht sich vehement für eine Budgetfinanzierung (aus allgemeinen Steuereinnahmen) statt des ORF-Beitrags aus bei gleichzeitiger Kürzung des ORF-Budgets auf einen "Grundfunk", wie die Freiheitlichen formulieren. ORF-Stiftungsräte sind als Mitglied eines Organs der Stiftung ist dem Unternehmen und dem Gesetz sowie der Geschäftsordnung verpflichtet; sie haften für ihre Aufsicht über die wirtschaftliche Entwicklung ähnlich Aufsichtsräten in Aktiengesellschaften.

Der ORF-Beitrag löste mit Jahreswechsel die GIS ab, die bei alleiniger Streamingnutzung nicht anfiel. Der Verfassungsgerichtshof hatte diese Ausnahme für Streaming für verfassungswidrig erklärt.

Beim Verfassungsgerichtshof liegt eine Sammelbeschwerde gegen den neuen ORF-Beitrag.

Im nächsten Stiftungsrat Budgen-Tweet zu Kickl

In der nächsten Sitzung des ORF-Stiftungsrats am 13. Juni will Westenthaler zudem einen Tweet von Patrick Budgen zum Thema machen. Budgen hatte in seiner Sendung Bei Budgen den Profil-Journalisten Gernot Bauer zu Gast. Um Werbung für die Sendung zu machen, zitierte Budgen auf X, vormals Twitter, Bauer mit folgendem Satz: "Wir wissen von Herbert Kickl, dass er relativ oft krank ist. Er lässt sich oft entschuldigen und verschwindet für 1–2 Tage. Ich bin gespannt, ob er überhaupt die Robustheit hat, dass er ganz oben ist." Bauer hat mit Profil-Kollege Robert Treichler eine Biografie über FPÖ-Chef Kickl veröffentlicht.

Westenthaler spricht von einem "niederträchtigen und charakterlosen" Verhalten, von "Lügen über den Gesundheitszustand von Politikern" und einem "nicht bestandenen Charaktertest" des ORF-Moderators, "unrecherchiert einen falschen Gesundheitszustand eines Politikers" zu verbreiten. Der FPÖ-Stiftungsrat vermisst eine Entschuldigung "für diesen Fehler". ORF-Landesdirektor Edgar Weinzettl und ORF-Generaldirektor Roland Weißmann würden "eine solche schwere Verfehlung auch noch decken".

Der ORF sah keine Verstoß gegen den Ethikkodex: "Der angesprochene Beitrag in Wien heute am 20. 4. 2024 wurde geprüft und entspricht allen geltenden journalistischen Richtlinien und Regulativen des ORF. Die von Patrick Budgen auf der Plattform X gepostete Aussage war ein Zitat des Journalisten und Buchautors Gernot Bauer. Landesdirektor Edgar Weinzettl wird ergänzend redaktionsintern nochmals auf den sensiblen Umgang mit der Bewerbung von Sendungsinhalten in den Sozialen Netzwerken hinweisen." (Harald Fidler, 26.4.2024)