Der VfGH berät im ersten Halbjahr über eine Beschwerde der burgenländischen Landesregierung in Sachen Politeinfluss auf den ORF.

Foto: VfGH/Achim Bieniek

Wien – Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) tritt zu seiner März-Session zusammen – und dürfte sich dabei auch dem ORF widmen. In seiner Vorschau auf das erste Halbjahr 2023 kündigt der VfGH Beratungen hinsichtlich des Politeinflusses auf den ORF an: Die burgenländische Landesregierung hat demnach beantragt, "einige Bestimmungen des ORF-Gesetzes, die den Stiftungs- sowie den Publikumsrat betreffen, als verfassungswidrig aufzuheben". Die verfassungsmäßige Unabhängigkeit der beiden Kollegialorgane liege wegen des maßgeblichen Einflusses der Bundes- und Landesregierungen nicht vor, heißt es in der Beschwerde.

Unabhängig von der persönlichen Qualifikation der Stiftungsräte seien allein deren Bestellung durch die Bundesregierung, unter anderem auf Vorschlag der politischen Parteien im Nationalrat, beziehungsweise die Zusammensetzung des Stiftungsrats geeignet, den Anschein politischer Abhängigkeit zu erwecken, kritisiert die burgenländische Landesregierung. Teile von Paragraf 20 des ORF-Gesetzes seien in der gegenwärtigen Fassung nicht mit Artikel I Absatz 2 des Bundesverfassungsgesetzes über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks vereinbar. Der Artikel hält fest, dass der Gesetzgeber die Unabhängigkeit der betrauten Personen und Organe gewährleisten müsse.

Unvereinbarkeit

Außerdem sieht die burgenländische Landesregierung eine Unvereinbarkeit mit Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) über Meinungs- beziehungsweise Rundfunkfreiheit: Die Bestimmungen im ORF-Gesetz seien nicht geeignet, einen "political bias" zu verhindern, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als mit Artikel 10 EMRK unvereinbar bewerte.

Zudem widerspreche die Bestellung des Publikumsrats, die in den Paragrafen 28 und 29 des ORF-Gesetzes geregelt ist, Artikel I Absatz 2 des Bundesverfassungsgesetzes Rundfunk sowie der in der EMRK garantierten Rundfunkfreiheit. Die Landesregierung sieht "keinen ausreichenden Schutz vor parteipolitischer Dominanz und Einflussnahme der Regierung im Prozess zur Bestellung von 17 (der derzeit 30) Publikumsräte". Der Bundeskanzler beziehungsweise die Medienministerin oder der Medienminister bestimmt diese 17 Mandate und damit die Mehrheit im Publikumsrat. (red, 28.2.2023)