Der deutsche Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sieht in der Elektromobilität die Zukunft, synthetische Kraftstoffe seien ein "lahmer Gaul", sagte er kürzlich auf Ö1. Anders sieht das Stephan Schwarzer in diesem Gastkommentar. Der Geschäftsführer der Interessengemeinschaft eFuel Alliance Österreich findet, dass E-Fuels auch im Pkw-Bestand zum Einsatz kommen sollen.

Außer Streit steht, dass E-Fuels bei der Energiewende eine Rolle spielen werden. Auch Kritikerinnen und Kritiker räumen ein, dass sie in einigen Bereichen unverzichtbar sind. Als Beispiele werden Luftfahrt und Schifffahrt genannt. Die Liste der Anwendungsfälle umfasst noch Landmaschinen, Baumaschinen, Heeresgeräte, Pistenraupen, Diesellokomotiven, Notstromversorgungen und Oldtimer. Auch bei Lkws werden E-Fuels mitspielen. Das allein genügt, um E-Fuels rasch zu entwickeln und auf den Markt zu bringen. Die Politik kümmert sich derzeit viel zu wenig darum.

Was treibt künftig Automobile an? Klar ist, dass fossile Kraftstoffe ersetzt werden müssen.
Foto: APA / dpa / Uwe Lein

Kampfzone ist der Pkw-Bereich. Dort seien die E-Fuels ein totes Pferd, der Zug sei in Richtung Elektromotor abgefahren. Die Begründung: zu teuer, zu spät verfügbar, zu ineffizient. Diese Vorhalte sind fragwürdig. Man zeige mir eine innovative Technologie, die im Frühstadium preisgünstig war. Mit Kosten aus Demo- und Pilotanlagen zu argumentieren ist unseriös. Zu spät verfügbar sind sie, weil die Politik der Technologie Prügel vor die Beine wirft. In einem guten regulatorischen Umfeld geht es schneller. Die Umwandlungsverluste bei den E-Fuels werden sinken.

Stößt sich jemand daran, dass bei Pumpspeicherkraftwerken das Hinaufpumpen von Wasser mehr Strom verbraucht als nachher zurückgewonnen wird? In Mitteleuropa werden Windkraftwerke gebaut, die auf 25 Prozent Volllastbetriebsstunden kommen, anderswo könnten sie 75 Prozent erreichen.

"Autoexperten wie Ferdinand Dudenhöffer gehen stillschweigend von der unbegrenzten Verfügbarkeit von Strom aus. Das ist der Kardinalfehler der Argumentation."

Effizienz ist nicht alles. Im Kampf gegen die Erderwärmung sticht die Verfügbarkeit die Effizienz. Wenn wir von bisher ungenutzter Sonneneinstrahlung und Windkraft ein Sechstel in klimaneutral gefahrene Kilometer umsetzen können und in diesem Ausmaß fossile Treibstoffe vermindern, dann ist das ein Schritt, den man unbedingt setzen muss.

Autoexperten wie Ferdinand Dudenhöffer gehen stillschweigend von der unbegrenzten Verfügbarkeit von Strom aus. Das ist der Kardinalfehler der Argumentation. Wir können das bisschen Mehr an Strom aufgrund des Erneuerbaren-Ausbaus nicht gleichzeitig für Pkws, Lkws, Busse, Wärmepumpen, Wasserstoff für Kraftwerke und die Industrie reservieren. Unsere Autos werden bei Vollelektrifizierung von teurem Atomstrom und schmutzigem Kohlestrom versorgt, wenn sie an Ladestationen Strom tanken. Im Effizienzvergleich ist das nicht berücksichtigt. Und die Emissionen sind mit jenen der fossil betriebenen Pkws vergleichbar, auch wenn sie nicht im Auspuff anfallen.

"Wenn Europa Industriestandort bleiben möchte, wird es den durch den Ausbau zusätzlich erzeugten Ökostrom für die Versorgung der Industrie nutzen."

Die EU bezieht 58 Prozent ihrer Energie aus dem Ausland. Das Ziel ist es, fossile durch nicht fossile Importe zu ersetzen. Auch die fossile Eigenproduktion muss durch nicht fossile Produkte ausgetauscht werden. Dazu braucht es E-Fuels. Wenn Europa Industriestandort bleiben möchte, wird es den durch den Ausbau zusätzlich erzeugten Ökostrom für die Versorgung der Industrie nutzen.

Jeder Mensch weiß, dass es unklug ist, alles auf eine Karte zu setzen. Es kommt oft ganz anders als erwartet. Die Schweiz hat dem Verbrennerverbot deshalb eine Absage erteilt. Und wenn wir E-Fuels sowieso brauchen, warum setzen wir sie nicht im Pkw-Bestand ein? Dort ist am meisten zu holen. (Stephan Schwarzer, 21.4.2023)