Quelle: STANDARD

Kommende Woche soll der Nationalrat den neuen ORF-Beitrag für alle, unabhängig vom Empfang, beschließen. Mit 2024 soll dieses neue ORF-Gesetz in Kraft treten, das dem ORF auch Streamingproduktionen abseits von TV und Radio erlaubt.

Am Freitag hat der Verband der österreichischen Privatsender in der Sache einen Brief nach Brüssel geschickt: Die EU-Kommission möge die neue ORF-Finanzierung doch bitte eingehend prüfen. Es handle sich – entgegen der Argumentation der Republik – nicht um eine kleine Änderung der bestehenden GIS, sondern um eine neue Beihilfe.

Neue staatliche Beihilfen von Mitgliedsstaaten müssen von der EU – so der Fachbegriff – notifiziert, also geprüft und akzeptiert werden. Sie dürfen etwa den Wettbewerb nicht maßgeblich verzerren.

Österreich beruft sich auf eine Entscheidung zur deutschen Haushaltsabgabe – deren Änderung keiner Notifizierung bedurfte. Nicht vergleichbar, argumentieren die ­Privatsender nun – wie vor ­ihnen schon die österreichischen Verlagshäuser in ihrem Schreiben an die EU-Kommission in Sachen ORF-Gesetz.

Die Argumentationslinie der privaten Medien: Im deutschen Fall habe sich der öffentliche Auftrag nicht wesentlich verändert, im ORF-Gesetz aber sehr wohl, das dem ORF nun erlaubt, eigene Streaming­formate etwa im Newsbereich zu produzieren, und ihm einen neuen, linearen Kinderkanal via Streaming vorgibt.

Der ORF ist mit mehr als einer Milliarde Euro Jahresumsatz schon bisher der weitaus größte, in TV, Radio und Online dominierende Medienkonzern in Österreich. Zumindest doppelt so groß wie die weiteren, privaten Medienunternehmen.

Im Gegensatz zum deutschen Fall werde auch die Höhe der öffentlichen ORF-Einnahmen mit dem neuen Beitrag wesentlich erhöht.

Bisher nimmt der ORF aus der GIS für 2023 prognostizierte 676 Millionen Euro ein. Der Beitrag soll über die nächsten drei Jahre jeweils maximal 710 Millionen einbringen.

Erläuterungen zum ORF-Gesetz

Der ORF darf – laut EU-Vorgaben   – nur so viel öffentliches Geld erhalten, wie er braucht, um den gesetzlichen Auftrag zu erfüllen. Die Privatsender sehen freilich den Auftrag des ORF schon bisher vom ORF­-Gesetz beihilfenrechtlich nicht ausreichend definiert.

In den Erläuterungen zum ORF-Gesetz findet sich eine rasante Steigerung dieses Geldbedarfs in den nächsten drei Jahren. 2024 soll der Auftrag nach ORF-Angaben 683 Millionen Euro kosten, 2025 schon 704,7 Millionen und 2026 dann 742,5 Millionen Euro. Und das laut Erläuterungen "unter Berücksichtigung von Einsparungsmaßnahmen" (der ORF soll über drei Jahre 325 Millionen einsparen), aber auch "der aktuellen Inflation und Kostensteigerungen im Energiebereich".

Mit 2026 läuft auch die Beschränkung des neuen ORF-Gesetzes auf 710 Millionen Euro pro Jahr aus – das Gesetz sieht auch für sie Ausnahmen bei erhöhtem Finanz­bedarf vor.

Zu den Einnahmen aus ORF­-Beiträgen überweist die Republik dem ORF zudem pro Jahr 70 Millionen als Ausgleich für Vorsteuer­abzug, der mit dem ORF-Beitrag entfällt. 2024 kommen dazu noch 30 Millionen für den Weiterbetrieb von Radio-Symphonieorchester und TV-Sportkanal.

Brüssel, übernehmen Sie, rufen nach dem Zeitungsverband auch die Privatsender in Sachen ORF-Gesetz für alle nach der EU-Kommission.
Sie möge den neuen ORF-Beitrag beihilfenrechtlich prüfen. (Harald Fidler, 28.6.2023)