Wien – ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher hat seit geraumer Zeit an einer neuen Flottenstrategie für die Radiosender des öffentlich-rechtlichen Medienhauses gearbeitet – DER STANDARD berichtete darüber. Im Branchenmedium "Horizont" hat sie nun erste Ergebnisse preisgegeben. So soll es mehr österreichische Musik auf FM4, eine Schemareform bei Ö1 und mehr Abstimmung zwischen den ORF-Regionalradios und Ö3 geben. Auch an digitalen Angeboten für junge Menschen wird gearbeitet.

ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher.
ORF-Radiodirektorin Ingrid Thurnher.
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Laut Thurnher liege mittlerweile ein finales Papier vor, das nun umgesetzt werde. Ein konkretes Ergebnis der neuen Flottenstrategie sei, dass es künftig eine regelmäßige Abstimmung bezüglich der Musikfarbe zwischen den ORF-Regionalsendern und Ö3 geben soll. DER STANDARD berichtete bereits über Überlegungen, etwa die Musikfarbe von Radio Wien in Richtung Rock zu drehen. Der Mix aus Unterhaltung und Information soll auf Ö3 erhalten bleiben und der reichweitenstärkste Radiosender des Landes sich weiterhin "klar" von FM4 unterscheiden, sagte jetzt Thurner. Es sei die Stärke des Senders, "das Gefühl zu wecken, Teil einer großen Hörerinnen- und Hörergemeinschaft zu sein, die vielleicht nicht immer die gleichen Werte teilt, aber die über den Tag ein Lebensgefühl transportiert bekommt".

FM4 als Startrampe

"FM4 wird sich aber noch viel mehr als bisher der österreichischen Musik annehmen und noch mehr den Fokus darauf legen, eine Art Startrampe für österreichische Künstlerinnen und Künstler zu sein", so die ORF-Radiodirektorin. Der Sender solle sich weiterhin auf seine Stärken – etwa die Lebenswelten junger Menschen – fokussieren und seinen typischen Sound nicht verlieren. "Aber wir wollen natürlich auch dort mehr Breite abbilden", sagte Thurnher. Wenn es nach ihr ginge, dann solle es "keinen Künstler und keine Künstlerin im Bereich der Populärmusik geben, die nicht mit dem ORF groß werden". Und: "Wenn wir da ein gutes Angebot machen können, dann sollte das auf FM4 und in weiterer Folge natürlich auch auf Ö3 stattfinden."

Bei Ö1 arbeite man gerade an einer Schemareform. "Wir werden bei Ö1 einiges umsetzen, was die Durchhörbarkeit befördert", kündigte die Radiodirektorin an. Gleichzeitig konzentriere man sich auch auf das zeitversetzte Nachhören über den Sound-Player des ORF. Der Sender sei eine "echte Podcastmaschine". Man arbeite daran, die Inhalte auch gut im Digitalen verwerten zu können.

Mit der Novelle des ORF-Gesetzes ist es dem ORF mit 2024 auch erlaubt, Sendungen online only zu produzieren. An digitalen Angeboten für junge Menschen werde bereits gearbeitet, so Thurnher, die bedauert, dass der ORF weiterhin keine eigenen digitalen Spartenkanäle betreiben darf, "etwa ein Rockradio". Speziell der Privatsender 88.6 legte mit einem Fokus auf Rockmusik in letzter Zeit stark an Reichweite zu, zeigen Radiotestdaten. (APA, red, 14.9.2023)

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