Felix Bollen und Anton Borkmann sind die Geschäftsführer der Foodhall.
Regine Hendrich

Fertig ist die Foodhall noch nicht. Am Eingang in der Eichenstraße 2 hängt ein Banner, das groß­geschrieben "Im September geht’s los" eine Eröffnung verspricht. Beim Lokalaugenschein des STANDARD Mitte September wird klar, dass sich das nicht ausgeht: Bauarbeiter tragen noch immer Holzplanken ins Innere, der zukünftige Schanigarten ist aufgegraben und dient derzeit als Lagerplatz, in der Halle selbst werkeln zig Männer an den Konstruktionen, die später einmal Gastrostandln und Bühne sein sollen.

"Sagen wir Mitte Oktober." Die Geschäftsführer Felix Bollen und Anton Borkmann ringen sich bei mehrmaligem Nachfragen dann doch zu einem Eröffnungstermin durch. In ihren Gesichtern schwingt viel Skepsis mit. Fertig werden müssen sie, die ersten Ver­anstaltungen sind bereits eingebucht.

Eigentlich hätte der Gleisgarten – unter diesem Namen firmiert das Gastrogroßprojekt – bereits im November vergangenen Jahres eröffnen sollen. Etliche Probleme mit dem in die Jahre gekommenen Gebäude verzögerten die Eröffnung um fast ein Jahr. So fand man Blei in der Beschichtung der Metallstreben. Dessen Entfernung allein habe vier Wochen gedauert, sagt Borkmann.

Foodhall
DieGastromarkthalle hat ihren Platz knapp außerhalb des Gürtels gefunden: in der ehemaligen Remise der Badner Bahn zwischen den Arbeiterbezirken Meidling und Margareten.
Regine Hendrich

Zwischen den Grätzeln

Dass hier Wiens erste Foodhall entsteht, sorgte Anfang 2022 für ein starkes Echo in den Medien und der Politik. Denn die Ankündigung kam der damals kolportieren Naschmarkthalle zuvor – deren Bau wurde im Dezember von Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) allerdings gecancelt. Gut für den Gleisgarten, so gibt es keine Konkurrenz, die zentraler liegt und besser angebunden ist. Die Gastromarkthalle hat ihren Platz nämlich knapp außerhalb des Gürtels gefunden: in der ehemaligen Remise der Badner Bahn zwischen den Arbeiterbezirken Meidling und Margareten. Mit den Straßenbahnlinien 6 und 18 ist man gut erreichbar, das Hinkommen ist weniger umständlich, als Google Maps zunächst vermuten lässt.

Federführend bei der Revitalisierung der 1500 Quadratmeter großen Halle ist der Immobilienkonzern Soravia. Das historische Gebäude befindet sich inmitten von brandneuen Wohnhäusern, die dort in den vergangenen Monaten in die Höhe geschossen sind. Die Anrainer dieser nun verbauten und aufgewerteten Ecke des zwölften Bezirks gehören ebenso zur breit angesetzten Zielgruppe der Foodhall, wie Bollen erklärt.

"Ein Markt für alle" soll es werden. Studentinnen, Arbeiter, Geschäftsleute, Kinder, Kunstschaffende. Dafür bieten ganze drei Bühnen in unterschiedlichen Größen in der Halle Platz. Künstler sollen ausstellen können und Workshops abhalten, das benachbarte Altersheim soll ebenso im Gleisgarten mitwirken. Die Betreiber umrissen die Idee hinter der Foodhall einmal als "Communitycenter".

Herzstück des Gleisgartens wird die hauseigene Brauerei sein.
Regine Hendrich

Ähnliche Konzepte gibt es bereits in anderen Metropolen der Welt. London nennen Bollen und Borkmann als Beispiel. In Wien soll das ebenso funktionieren. Mit Kindertanzkursen am Morgen, Yogastunden am Nachmittag und DJ-Sets am Abend plant man ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm inmitten eines Gastroangebots.

In Technopartys werde das nicht ausarten, beteuern Bollen und Borkmann. Kann es auch gar nicht. Denn der Gleisgarten ist wochentags bis 23 Uhr geöffnet, nur am Wochenende verschiebt sich die Sperrstunde auf ein Uhr Früh. Kaffee, den braucht man dann ja doch öfter als eine Party, fließt ab 7 Uhr aus der Espressomaschine.

Wer hier seine Meetings abhalten oder lernen will, findet locker Platz. Konzipiert ist die Meidlinger Foodhall nämlich als konsum­freier Ort. "Seine Billa-Sachen soll man aber nicht mitnehmen", macht Bollen klar. Kein Schmäh. Sonst wären ja die neun Gastrostandln obsolet, die zum Konsumieren ein­laden. Dazu hat man sich unter anderem die italienische Küche von 400 Gradi und Smoked BBQ des Lokals Trixie Kiddo’s ins Boot geholt. Einen Heurigen soll es auch noch geben, die Liste aller Gastronomie-Angebote will man aber noch nicht bekanntgeben.

Ein "Shack", so nennen die Betreiber die ­Essensbudln, fungiert als Pop-up. Alle vier Wochen bieten sie Junggastronominnen und Junggastronomen die Möglichkeit, hier ihr Restaurantkonzept mit relativ wenigen Ressourcen auszuprobieren. Ein Café und eine Cocktailbar runden das Gastroangebot ab.

Wien wird wer

Herzstück des Gleisgartens – und darauf sind die Betreiber besonders stolz – ist die hauseigene Brauerei. Das Vienna-Kraft-Bier wird vor Ort gebraut und auch nur hier ausgeschenkt. Bei unter fünf Euro soll der Preis eines halben Liters für das "Einstiegsbier" liegen. Speziellere Sorten wie Dry Hopped Pilsner werden entsprechend mehr kosten.

Erfahrung bringen Bollen und Borkmann reichlich mit. In London haben sie drei Brauereien unter dem Namen German Kraft aufgebaut, unter anderem in der Foodhall Mercado Metropolitan im Stadtteil Elephant & Castle.

In den vergangenen Jahren habe man dort sukzessive eigene Gastroprojekte dazuent­wickelt. Nun will man das gewonnene Know-how in Österreichs Hauptstadt umsetzen. Und aus Wien ein bisserl London machen. (Kevin Recher, 16. 9. 2023)

WISSEN

Bekannte internationale Foodhalls:

Wiens erste eigene Foodhall folgt dem Vorbild etablierter Food-Märkte, die sich zum Teil zu richtigen Touristen-Hotspots etabliert haben. In diesen_Foodhalls kann man nicht nur essen: Sie dienen häufig als lokaler Markt für den Lebensmitteleinkauf.

Time Out Market, Lissabon: Mehr als 35 Restaurants, lokale Spezialitäten und Events wie Tanzkurse und Dragshows.

Torvehallerne, Kopenhagen: Lokale wie internationale Küche. Fangfrischer Fisch an einem der mehr als 60 Stände.

Mercado de San Miguel, Madrid: Spanische Spezialitäten mit Fokus auf Tapas, ca. 30 Stände.

Kingly Court, London: Dreistöckige Foodhall mit Open-Air-Areal. 21 Restaurants.

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