Diesmal wirklich: Die US-Börsenaufsicht SEC hat am Mittwoch den aufsehenerregenden Bitcoin-ETF genehmigt. In der Kryptoszene spricht man von "Durchbruch" und "Meilenstein". Das ist es auch, angesichts dessen, dass die ersten Versuche für einen solchen Fonds schon 2013 starteten. Mit der Entscheidung werden in den USA börsennotierte Fonds zugelassen, die direkt in Bitcoin investieren, sogenannte Bitcoin-Spot-ETFs. Genehmigt wurden elf Anträge, unter anderem von Investment-Schwergewichten wie Blackrock und Fidelity. Dass die Wertpapieraufsicht grünes Licht gibt, wurde erwartet, dennoch gab es ordentliche Startschwierigkeiten.

Am Dienstag wurde der SEC-Account des Kurznachrichtendiensts X, ehemals Twitter, gehackt und eine Falschmeldung über die Genehmigung verbreitet, DER STANDARD hat berichtet. Die Wertpapieraufsicht musste zurückrudern, erntete viel Hohn und Spott. Ähnlich wie bei der "ersten Genehmigung" schoss der Bitcoin-Kurs kurz danach in die Höhe und erreichte fast 48.000 Dollar, doch das Plus hielt nicht lang. Aktuell bewegt sich BTC bei rund 46.000 Dollar.

Bitcoin bei 100.000 Dollar?

Analysten des britischen Bankhauses Standard Chartered hatten geschätzt, dass Bitcoin-ETFs allein in diesem Jahr 50 bis 100 Milliarden Dollar an Anlegergeldern anziehen könnten. Dies würde womöglich den Bitcoin-Kurs auf bis zu 100.000 Dollar treiben. Andere Analysten gehen dagegen davon aus, dass die Zuflüsse über einen Zeitraum von fünf Jahren eher bei rund 55 Milliarden Dollar liegen könnten. Zuverlässige Prognosen lassen sich am Kryptomarkt jedoch keine erstellen.

Die SEC steht Kryptoanlagen generell skeptisch gegenüber und sperrte sich jahrelang gegen die Erlaubnis für Spot-ETFs.
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Was bedeutet das für Österreich?

Ein Bitcoin-ETF in der Form, wie er in den USA genehmigt wurde, ist in Österreich bzw. Europa nicht möglich. Hierzulande gibt es Vorschriften, wonach es eine gewisse Diversifizierung bei Fonds geben muss. Wer in Österreich Bitcoin hält, darf zwar auf keinen solchen ETF hoffen, kann aber dennoch von möglichen Kursgewinnen profitieren, die mit der Genehmigung einhergehen.

"Sell the news"

Die Genehmigung sei ein Meilenstein in der Geschichte von Bitcoin und Co, sagt Timo Emden von Emden Research. "Der Nervenkrimi hat ein Ende." Analysten zufolge dürfte die Entscheidung der SEC für die notierten börsengehandelten Bitcoin-Fonds eine verstärkte Nachfrage nach Bitcoin auslösen, weil Anleger so über regulierte Anbieter Zugang zu Bitcoin erhalten, ohne den Umweg über eine Kryptobörse gehen zu müssen. Auf diesem Wege wären Experten zufolge auch große Investitionssummen denkbar, die bisher vielen zu riskant gewesen sind.

Auch bei Bitpanda zeigt man sich erfreut über den Schritt: "Das langfristig orientierte Kapital institutioneller Investoren wird von nun an in den Kryptomarkt fließen und die Branche grundlegend verändern", heißt es in einer Aussendung. Ein Großteil der erwarteten Genehmigung sei aber bereits eingepreist, und es sei wahrscheinlich, dass es nach einem kurzen Aufschwung zu einem "Sell the news"-Ereignis komme. "Sell the news" ist eine alte Börsenweisheit, die darauf hinweist, dass manche Marktteilnehmer dazu neigen, ihre Anlagen zu verkaufen, nachdem eine erwartete Nachricht, Ankündigung oder Veranstaltung bereits stattgefunden hat. Langfristig geht man bei Bitpanda aber davon aus, dass die höhere Liquidität und das höhere Volumen den Bitcoin-Kurs erhöhen und die Volatilität verringern.

Druck wegen Gerichtsentscheidung

Die SEC steht Kryptoanlagen generell skeptisch gegenüber, daran ändert sich auch weiterhin nichts. Diese Genehmigung gab sie schließlich auch nicht ganz freiwillig. Vergangenes Jahr hatte die Aufsichtsbehörde nach der Ablehnung eines Antrags der Firma Grayscale eine Niederlage vor Gericht einstecken müssen. Ein Berufungsgericht befand, die Entscheidung sei willkürlich gewesen, da die SEC nicht den Unterschied zu zugelassenen anderen Anlagen deutlich gemacht habe. ETFs auf Bitcoin-Zukunftskontrakte waren bereits 2021 zugelassen worden. Kurz danach preschte zunächst Blackrock mit einem Antrag vor – und allgemein wurde davon ausgegangen, dass die SEC nach der Gerichtsentscheidung wenig Spielraum für ein Nein habe.

Um den Bedenken hinsichtlich Manipulation seitens der SEC zu begegnen, haben die Börsen Nasdaq und CBOE einen Marktüberwachungsmechanismus mit Coinbase, der größten US-Kryptowährungsbörse, geschaffen. Emittenten planen, Gebühren zwischen 0,20 und 0,80 Prozent zu erheben, deutlich unter dem durchschnittlichen ETF-Markt.

Der große Unterschied

Der Zugang zu Bitcoins wird deutlich vereinfacht – vergleichbar mit traditionellen Finanzprodukten wie Aktien oder Anleihen. Denn man muss sich nicht selbst um die Verwahrung in einem Wallet kümmern. Das übernimmt der Emittent des ETFs, der im Übrigen auch die tatsächlichen Coins kauft. Wer Anteile an einem BTC-ETF kauft, hält BTC also nicht direkt selbst, sondern bekommt ein Zertifikat, das besagt, dass man Anspruch auf die gekaufte Menge X hat. Das Konzept ist dasselbe wie bei einem Goldzertifikat.

Auch Kryptobörsen genießen nach zahlreichen Skandalen nicht mehr den besten Ruf. Zur Erinnerung: Vergangenes Jahr wurde Sam Bankman-Fried in einem spektakulären Betrugsprozess schuldig gesprochen. Seine Börse, FTX, war die zweitgrößte Kryptobörse der Welt und ist innerhalb weniger Tage implodiert. Zur Zeit des Zusammenbruchs fehlten fast 14 Milliarden Dollar an Kundengeldern, die Bankman-Fried veruntreut, verzockt, gestohlen oder anderweitig verjubelt hatte. Andere Börsen wurden beschuldigt, gegen US-Wertpapiergesetze zu verstoßen, während Binance, die weltweit größte Kryptowährungsbörse, kürzlich schuldig gesprochen wurde, gegen US-Gesetze zur Geldwäsche zu verstoßen. Viele dieser Probleme sind Resultate mangelnder Regulierung.

All dies macht viele Anleger weiterhin misstrauisch. Im Gegensatz dazu sind ETFs an streng regulierten Börsen gelistet und daher über die bestehenden Brokerkonten von Privatanlegern zugänglich, die ebenfalls eng überwacht werden. (Andreas Danzer, 11.1.2024)