Die TU Robots.
Die TU Robots.
ACSL/Lukas Zotter

Es wird dunkel in der Wiener Stadthalle B. Dann: Ein Flammenwerfer! Und Rauch! Die Basketballerinnen der Uni Wien Emperors laufen, vom Hallensprecher einzeln aufgerufen, durch das Spalier der Cheerleaderinnen aufs Parkett. Die rund 1800 Fans toben.

Auch während des Spiels kocht die Stimmung: "Defense". Klatsch. Klatsch. Klatsch. "Defense". Klatsch. Klatsch. Klatsch. Sophia Keller bleibt unbeeindruckt. Die Spielerin der TU Robots versenkt den Ball eiskalt im Korb. Jubel. Willkommen in der Austrian College Sports League – zum "Sportfestival mit Länderspielcharakter", wie ACSL-Gründer Lawrence Gimeno es beschreibt.

Von Kentucky nach Wien

Wer an Collegesport denkt, der denkt zuerst an das Milliardengeschäft in den USA. Acht der zehn größten Stadien der Welt gehören Collegefootballteams. Auch die March Madness – das Finalturnier der besten 68 Basketballteams – ist ein Publikumshit.

Gimeno saugte den Hype einst im Auslandssemester an der University of Kentucky auf. "Mir hat das Studium in Österreich null getaugt", sagt er. "An der WU habe ich am ersten Tag gehört: 'Schau dir deine Sitznachbarn an. Du wirst sie nie wieder sehen.'" In Lexington war das anders. Egal, ob Basketballfan oder nicht: Der Sport – und in einem Spiel Rapper Drake als Showact – schweißte die Massen zusammen.

Riesige Fanmenge auf Spielfeld.
In den USA ist der Collegesport ein Publikumsmagnet. Im Bild feiern Nebraska-Fans ihren Sieg gegen Purdue.
AP/Rebecca S. Gratz

Diese Stimmung wollte Gimeno nach Österreich transportieren. Mit Freunden veranstaltete er erste Testspiele, 2015 startete ein Ligabetrieb. Die Aufbauarbeit war schwer. "Nur weil du auf der WU studiert hast, bist du kein Unternehmer", sagt Gimeno. "Da bin ich zu Recht auf die Fresse geflogen."

Die Pandemie war die nächste Hürde. Mittlerweile hat die ACSL 15 Angestellte. Der jährliche Umsatz stieg von 180.000 Euro auf 1,3 Millionen. Man sei "noch sehr breakevenish unterwegs".

Wien gegen Linz

30 Sponsoren helfen bei der Finanzierung, ORF Sport Plus überträgt manche Spiele live. Mit Unis gibt’s Kooperationsverträge. "Wie die Zusammenarbeit aussieht, ist von Uni zu Uni unterschiedlich", sagt Mak Bajrektarevic. Der ehemalige Spieler und Trainer der WU Tigers ist für die sportliche Leitung im ACSL-Basketball zuständig. "Es geht um die Repräsentanz am Campus." Von der Werbung für die Spieltage in den sozialen Medien bis hin zu Hilfe bei den Trainingsbedingungen.

Basketballszene.
Manche ACSL-Spieltage finden in der Wiener Stadthalle statt.
ACSL/Lukas Zottl

Sechs Teams kämpfen um Titel, im Basketball bei Frauen und Männern, im Football in gemischten Teams. Die Uni Wien Emperors, Boku Beez, TU Robots, WU Tigers und Med-Uni Serpents vertreten die Bundeshauptstadt. 2022 kamen die JKU Astros von der Johannes-Kepler-Universität in Linz dazu.

Basketballspiele wie die Halbfinale am vergangenen Samstag finden dort vor rund 850 Fans in der eigenen Kepler Hall statt. "Ein Hexenkessel", sagt Bajrektarevic. In Wien wird in der Stadthalle und an kleineren Spieltagen in einem Turnsaal gespielt.

ACSL-Gründer: "Wir wollen Zugehörigkeitsgefühl aufbauen"

"Das große Problem von Unis ist, dass sie es nicht schaffen, Leute für die Uni zu begeistern", sagt Lorenz Wolf, der das Projekt College Sport an der JKU betreut. Das soziale Leben finde außerhalb der Bildungseinrichtung statt. Die ACSL soll dies ändern. "Wir können das Studieren revolutionieren", sagt Wolf.

Fans jubeln.
Bei der Austrian College Sports League geht es natürlich um Sport – aber vor allem auch um das Zusammengehörigkeitsgefühl der Studierenden und Hochschulen.
ACSL/Lukas Zottl

Gimeno erklärt das ACSL-Konzept so: "Unser Job ist nicht, den besten Sport zu machen, wir wollen Zugehörigkeitsgefühl aufbauen." Auch Professorinnen und Professoren schauen sich Spiele an. "JKU, JKU, JKU"-Sprechchöre ertönen auf der Tribüne. "Wie viel Geld stecken Unis in Alumniklubs? Der Output ist da niedriger", sagt Gimeno.

Der Community Award bezieht die Fans ein. Sie matchen sich in Spielen wie Eierlauf, Tanzduellen oder Liederraten. "Wenn mein Team auf dem Spielfeld verliert, kann die Community abseits des Feldes gewinnen", sagt Gimeno.

Uni- und Vereinssport

In den USA prägen Bildungseinrichtungen das Sportsystem. Wer einmal für die San Antonio Spurs in der NBA spielen will, muss sich zuvor in Highschool- und Collegeteams beweisen. Die Ausbildung ist oft nebensächlich. Wer hingegen einmal für die Traiskirchen Lions spielen will, kann bereits mit sechs Jahren in den Verein eintreten und sich über alle Altersklassen hochspielen.

Lawrence Gimeno hat die ACSL gegründet.
Lawrence Gimeno hat die ACSL gegründet.
ACSL/Tobias Holzer

Die ACSL sieht sich nicht als Konkurrenz zu Vereinen. Etwa beim Football: "60 Prozent haben bei uns überhaupt erst damit angefangen", sagt Gimeno. Studierende müssten sich oft entscheiden zwischen Ausbildung und Vereinskarriere. Die Uniteams sind ein Kompromiss. Spielberechtigt sind aktive Studierende. Im Basketball kann man für Verein und Hochschule spielen, das machen rund 50 Prozent.

Bianca Rantz läuft für die Uni Wien Emperors und die Vienna Timberwolves auf. "Es ist schon anstrengend. Manchmal bin ich bis 16 Uhr auf der Uni, und dann fahre ich von einem Training zum anderen", sagt die Lehramtsstudentin.

In der ACSL hätten alle Teams "mindestens Landesliganiveau, manche auch darüber hinaus". Was taugt ihr besonders? "In der Bundesliga spiele ich manchmal vor 80 Zuschauern, bei den Emperors vor 1200", sagt die 23-Jährige. Rantz strebt eine doppelte Karriere an: vormittags unterrichten, abends Körbe werfen.

Frauen stehen in Reihe.
Die ACSL-Cheerleaderinnen.
ACSL/Lukas Zottl

Große Ziele

Am Samstag finden in der Wiener Stadthalle die Endspiele im Basketball statt. Bei den Frauen treffen die Uni Wien Emperors auf die TU Robots, bei den Männern die Boku Beez auf die WU Tigers.

Die Footballsaison geht im April weiter. Das Endspiel 2023 stieg vor 6.500 Fans auf der Hohen Warte in Wien. "Ich habe mehr Fans als Stadien", sieht Gimeno Platzprobleme.

Der ACSL-Gründer will irgendwann ganz Österreich abdecken, dann den deutschsprachigen Raum und weitere europäische Länder. "Wir werden die Einzigen sein, die das Happel-Stadion einmal im Monat füllen werden." (Andreas Gstaltmeyr, 11.3.2024)

Spieler setzt zum Wurf an.
Geht der Ball hinein oder nicht?
ACSL/Lukas Zottl