Wien – Die FPÖ Niederösterreich ist mit ihrer Klage gegen das Satireportal "Tagespresse" abgeblitzt. Das Handelsgericht Wien hat in erster Instanz zugunsten der "Tagespresse" entschieden. Wie berichtet, hatte die FPÖ Niederösterreich die "Tagespresse" geklagt, da diese im April 2023 sogenannte Wirtshausbriefe im Namen der FPÖ verschickt hatte, um die niederösterreichische Wirtshausprämie zu persiflieren.

Udo Landbauer, Chef der FPÖ Niederösterreich.
Udo Landbauer, Chef der FPÖ Niederösterreich und Landeshauptfrau Stellvertreter, verliert mit seiner Partei in erster Instanz eine Klage gegen die "Tagespresse".
APA/TOBIAS STEINMAURER

"Gabalier-Fleischlaberl"

Die Briefe gingen an 500 niederösterreichische Gastronominnen und Gastronomen, sie waren versehen mit dem Logo der FPÖ Niederösterreich. Darin ist die Rede von einer neu geschaffenen "Abteilung zur Förderung der patriotischen Esskultur". Als Kriterium zur Beurteilung, ob der Betrieb für die Wirtshausprämie geeignet sei, wurde neben einer "Panierquote" u.a. eine "rot-weiß-rote Kinderkarte" angeregt, die etwa ein "Andreas-Hofer-Schnitzel" oder ein "Gabalier-Fleischlaberl" aufweisen könne.

Die Partei muss dem Urteil zufolge auch rund 10.500 Euro an Verfahrenskosten leisten. Das Handelsgericht stuft die Aktion als "zulässige Satire" ein, die der durchschnittliche Leser auch als solche erkenne. Und: Es gebe keine rechtswidrigen Verletzungen von Persönlichkeits- und Kennzeichenrechten. Die FPÖ kann gegen das Urteil beim Oberlandesgericht Wien berufen. Es ist nicht rechtskräftig.

Anwältin: Schutz der Satire

Die FPÖ Niederösterreich bewertete das Unterlassungsbegehren mit 40.000 Euro und den Anspruch auf Urteilsveröffentlichung mit 7.500 Euro. Die Partei hatte vorgebracht, dass das Schreiben an Gastwirte nicht als Satire erkennbar sei und die Partei schädige. Die FPÖ ist bereits mit einem Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die "Tagespresse" gescheitert.

Kerstin Köcher, die Anwältin der "Tagespresse" von der Kanzlei Höhne in der Maur & Partner, sagt zum Urteil: "Der Richter hat sich für die rechtliche Beurteilung – wie er schon in der Verhandlung angekündigt hat – auch mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auseinandergesetzt. Insbesondere dessen jüngere Rechtsprechung schützt Satire, weil sie zur öffentlichen Debatte beiträgt und somit wesentlicher Bestandteil des Rechts auf freie Meinungsäußerung ist."

Dieser Tenor ziehe sich durch die gesamte rechtliche Beurteilung. "Der Richter geht davon aus, dass der durchschnittliche Leser bereits durch die 'Abteilung zur Förderung der patriotischen Esskultur' und die Formulierung 'Panierquote Neu' an der Ernsthaftigkeit des Briefs zweifelt und nach den ersten Zeilen klar ist, dass das Schreiben nicht von der Beklagten stammen kann", so Köcher

"Tagespresse" infomiert

Die "Tagespresse" informierte am Donnerstag über das Urteil und schlachtet es genüsslich aus. In dem Artikel "Kuscheljustiz fällt Skandalurteil: FPÖ verliert gegen 'Tagespresse' in erster Instanz" heißt es etwa: "Dicke, salzige Tränen laufen heute über die Wangen tausender schmissverzierter FPÖ-Gesichter und tropfen auf die Schnitzel in ihren Tellern. Wieder einmal folgt der Rechtsstaat dem Recht und nicht der Politik, wie es eigentlich von Volkskanzler Herbert Kickl gefordert wurde." Die "Tagespresse" resümiert: "Österreich bleibt Schnitzel!" (red, 7.3.2024)