Anfang 2016 sagte Reed Hastings linearem Fernsehen – also Programm nach Schema, wie es öffentlich-rechtliche und private Sender anbieten – einen langsamen, aber sicheren Tod voraus. Wie Festnetztelefonie werde es früher oder später ganz aussterben, prognostizierte der Netflix-Boss. Anfang 2017 hat sich diese Vorhersage nicht bewahrheitet: Die vermeintlich Totgesagten tummeln sich mehr oder minder munter am Markt.

Noch will keiner von letzten Zuckungen sprechen, wiewohl sich inhaltliche Veränderungen unter dem Druck von Amazon und Netflix sehr wohl feststellen lassen. Trend 1: Serien und Blockbuster verlieren im linearen Programm weiter an Bedeutung. Trend 2: Programm soll auch hier noch stärker Markenträger sein. Alleinstellungsmerkmal rules. Was kommt, im Überblick:

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ORF Rund 28 Millionen Euro mehr an Gebühren bekommt der ORF ab Mai, große Sprünge bei Programmvorhaben erlaubt das trotzdem nicht. Fernsehchefin Kathrin Zechner muss mit einem Budget von 424,1 Millionen Euro sorgsam haushalten – weniger als 2016 (430,6 Millionen Euro) – wenn auch ohne Olympische Spiele und Fußball-WM.

Vorgelegt hat Zechner einiges: Da soll per Ruder-Casting ein Teilnehmer für die Olympischen Sommerspiele in Tokio 2020 ermittelt werden, Setteles Wochenfahrt steht bevor, ebenso wöchentliche Dokeins-Reportagen, die ZiB 100 wird laut ORF-Plänen aufgestockt, Comedy mit Pratersterne gestärkt. Dem Programmausschuss im Stiftungsrat legte Zechner im November auch Camera Café vor. Die Adaption der gleichnamigen italienischen Sitcom stammt aus dem Jahr 2008. Damals lehnte der ORF den Pilotfilm von Leo Bauer ab. Soll die Comedy jetzt doch in Serie gehen? Der ORF will dazu "nichts Vertiefendes sagen". Newsshow und eine investigative Redaktion liegen ebenfalls auf dem Präsentierteller.

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Fixstarter sind jedenfalls Die große Chance der Blasmusik und Stadtkomödien, etwa Notlüge von Marie Kreutzer mit Josef Hader sowie Herrgott für Anfänger mit Deniz Cooper. Elizabeth T. Spira soll mit Heimatgeschichten an ihre Alltagsgeschichten anknüpfen. Noch nicht genug? Neues kommt von Cop Stories, Vorstadtweiber und Dancing Stars (11) ab 31. März.

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Jahrestage bieten Gelegenheit zum Erinnern: 70 Jahre Nürnberger Prozesse, 60 Jahre Ungarnaufstand, 90 Jahre Justizpalastbrand, 100. Jahrestag der Russischen Revolution werden in Dokumentationen erfasst.

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Puls 4 legt nach der Beamtensatireshow Vurschrift is Vurschrift im Frühjahr ein weiteres Bist du deppert! nach. Am 14. Februar beginnt die vierte Staffel der Start-up-Show 2 Minuten 2 Millionen, im ersten Quartal die Quizshow Guess my Age. Gekürt wird ein weiteres Austria's Next Topmodel.

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ATV Während im Hintergrund ATV-Eigentümer Herbert Kloiber über den Verkauf des Senders mit Interessenten von Mediaprint und ProSiebenSat.1 verhandelt, tun die Wiener ihren Job und setzen weiter auf Erlebnisfernsehen: Am 9. Jänner startet etwa Die Flugretter – jede Sekunde zählt, im Frühling die Abnehmshow Der Speck muss weg und die Benimmshow Manieren statt Blamieren. Kein Jahr ohne Bauer sucht Frau: Ab 25. Jänner gibt es das "große Wiedersehen".

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Servus TV Ab 8. Jänner reicht Terra Mater – Making of sonntags um 19.35 Uhr Entstehungsgeschichten seiner Naturfilme. Am 11. Jänner besucht der Tiroler Extremkletterer David Lama in der Reihe Bergwelten die Heimat seines Vaters und klettert im Alleingang auf den Lunag Ri, Nepals höchsten noch unbestiegenen Berg. Ab 6. März ruft der Red-Bull-Sender das Abenteuer Österreich aus: Zuschauer können Bergretter, Fassadenkletterer, Nationalpark-Ranger beim Arbeiten beobachten. Ab Frühjahr gibt Andreas Moravec den Quizmaster.

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Mehrteiler sind groß im Kommen. Aufwändig inszeniert, sollen sie um Marktanteile ringenden TV-Sendern zu Quotenglück verhelfen. ORF und ZDF erhoffen sich durch drei Teile Maximilian – Das Spiel von Macht und Liebe unter der Regie von Andreas Prochaska Zuschauerinteresse wie zuletzt beim Hotel Sacher. ARD hält den Sechsteiler Charité unter der Regie von Sönke Wortmann bereit. An Martin Luthers Thesen wird gleich mehrfach erinnert: Ab 15. Februar in Katharina Luther mit Karoline Schuch und Devid Striesow als Reformator in der ARD. Das ZDF schickt Maximilian Brückner in Himmel und Hölle ins Rennen. Deutsche Familiengeschichte erzählt Die Dasslers (ARD). Heinrich Breloer dreht eine mehrteilige Brecht-Biografie mit Adele Neuhauser als Ehefrau des Dichters Helene Weigel.

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Shows RTL lässt ab Ende Jänner in Dschungelcamp und Deutschland sucht den Superstar erneut die Puppen tanzen. Anfang 2017 folgt die Castingshow It takes 2. Im Sommer startet das große Trampolinhüpfen in Big Bounce. Am Rande des guten Geschmacks schrammt Zahltag: Sozialhilfeempfänger bekommen 25.000 Euro, unter Anleitung sollen sie sich eine neue Existenz aufbauen. Sat.1 macht mit Thomas Gottschalk die Kindershow Little Big Shots. Der BR produziert mit David Schalko (Landkrimi, Braunschlag, Altes Geld) eine Show mit dem bayerischen Kabarettisten Hannes Ringlstetter. Jan Böhmermann strebt das Ende seines Nischendaseins auf ZDF neo und die A-Klasse des Zweiten Deutschen Fernsehens an.

Internationale Serien Der Mainstream des Fernsehens in Fortsetzungen ist weitgehend an große Abrufplattformen verloren, weil Serien dort international zum gleichen Zeitpunkt starten und Fernsehjunkies ungern Monate oder gar Jahre auf die TV-Ausstrahlung warten wollen. Hinterher zu sein, kann sich nur der erlauben, der anderes bietet. Arte macht das: Die belgische Serie Beau Séjour zum Beispiel wird man auf Netflix und Co nicht finden, ebenso den italienischen Zwölfteiler Non uccidere.

Flanders 360

Hausgemachte Serien RTL verspricht eine Fortsetzung von Deutschland 83, der bei Kritikern hochgelobten, vom Publikum aber verschmähten Zeitgeschichtsserie. Mit den Sitcoms Nicht tot zu kriegen und Triple Ex schicken die Kölner Versuchsballons aus. Tom Beck spielt in der Sat.1-Serie Einstein einen Wissenschafter, der die Polizei unterstützt. Meike Droste (Mord mit Aussicht) stellt als wackere Risikoanalystin komödiantisches Talent in Frau Temme sucht das Glück unter Beweis.

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Tatort Kein Jubiläum, aber ein neues Team: Im Schwarzwald gehen Hans-Jochen Wagner und Eva Löbau auf Mörderjagd, sie horchen auf Kriminaloberrat Gernot Schöllhammer, gespielt von Harald Schmidt. Ludwigshafen meldet ein TV-Experiment: Die Folge Babbeldasch soll zur Gänze improvisiert werden. Harald Krassnitzer und Adele Neuhauser sind 2017 zweimal im Einsatz. (Doris Priesching, 4.1.2017)

Vorschau Medien 2017:

Teil 1: 2017 geht es um News-Anteile – und um "Profil"

Teil 2: Über die "Krone" wird auch 2017 gestritten

Teil 3: ORF-Gebührenfragen, Sportrechte und Kanalarbeiter

Teil 4: "Wirtschaftsblatt"-Redakteure planen Wochenmagazin

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