Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bei Russlands Präsident Wladimir Putin.
Foto: AFP / Thibault Camus

"La Repubblica" (Rom): Nato wiederbelebt

"(Russlands Präsident Wladimir) Putin glaubt, die besten Karten in der Hand zu haben: Wegen (US-Präsident) Joe Bidens politischer Schwäche und weil ihn Europa in seiner Zerstreutheit wenig beunruhigt. In Wirklichkeit ist der Zar des Kremls ein Wagnis eingegangen, aus dem er früher oder später aussteigen muss. Angesichts der Zusammengehörigkeit des westlichen Systems, von dem Moskau glaubte, es sei in einer unheilbaren Krise, und der Hilfen für die Ukraine wären die Kosten einer großangelegten Militärinvasion in der Tat sehr hoch. Zu hoch für Russland, das seine finanziellen Reserven gestärkt hat, aber nicht die Festigkeit seines Wirtschaftssystems, das ohnehin auf den Export von Gas in den europäischen Markt angewiesen ist.

Der militärische Druck des Kremls hat tatsächlich auch die Nato wiederbelebt, und damit den 'Hirntod' des Bündnisses widerrufen, von dem (Frankreichs Präsident Emmanuel) Macron vor Jahren inmitten vieler Kontroversen gesprochen hatte. Innerhalb eines stimmigen westlichen Systems ist eine Arbeitsteilung möglich."

"Le Figaro" (Paris): Der Tanz mit dem Bären

"Bei einem Gespräch unter vier Augen mit (...) Putin, (...) hat Macron versucht, den Teufel zu spielen: Was wiegt der gallische Hahn im Vergleich zum russischen Bären? Der französische Präsident hat weder viele Optionen noch große Erfolgschancen in diesem Machtkampf, der ihn übersteigt. (...) Bleibt zu hoffen, dass Macron das folgende russische Sprichwort kennt: "Wenn du einen Bären zum Tanzen aufforderst, bist es nicht du, der entscheidet, wann der Tanz beendet ist, sondern der Bär."

"De Telegraaf" (Amsterdam): Internationale Bühne

"Dass Macron mit Putin konferiert, kann ihm bei seiner angestrebten Wiederwahl im April zugutekommen: Während seine Herausforderer sich in Sälen vor ein paar Tausend Leuten präsentieren, kann er zeigen, dass er auf der internationalen Bühne eine bedeutende Rolle spielt. Doch wenn seine Vermittlungsbemühungen misslingen, wird ihm das für den Rest des Wahlkampfes auf die Füße fallen. Der unberechenbare Putin weiß auch sehr gut, dass er damit den Urnengang beeinflussen kann."

"The Telegraph" (London): Anführer Europas

"Macron ist bestrebt, sich nach dem Abgang von Angela Merkel und vor den französischen Präsidentschaftswahlen im Frühjahr als unbestrittener Anführer Europas zu etablieren. (...) Russland hat Großbritannien und den USA vorgeworfen, sie würden die Möglichkeit einer Invasion der Ukraine hochspielen, die Putin trotz der Präsenz von 100.000 Soldaten an der Grenze bestreitet. Außenministerin Liz Truss sagte, dieser Aufmarsch zeige, dass 'Russlands ... Behauptungen, keine Invasionspläne zu haben, falsch sind'. Wenn Macron hinter den Kulissen einen neuen diplomatischen Vorstoß inszeniert, wird Großbritannien mit seinem Beharren darauf, dass es keine Zugeständnisse an den Kreml geben darf, die die Souveränität der Ukraine in irgendeiner Weise untergraben, als Vertreter einer ausgesprochenen harten Haltung dastehen."

"Aftenposten" (Oslo): Starkes Deutschland

"Deutschland wirkt bei den Bemühungen, einen russischen Angriff auf die Ukraine zu verhindern, abwesend. Insgesamt ist es zu früh, um sowohl (den deutschen Kanzler Olaf) Scholz als auch seine Regierung zu verurteilen. Sie sind noch keine 100 Tage im Amt. (...) Dennoch gibt es einen gewissen Grund zur Unruhe im Kanzleramt, und auch außerhalb wird die Situation eine gewisse Besorgnis erregen: Deutschland braucht eine starke Regierung. Die EU und die Nato brauchen ein starkes Deutschland.

"Washington Post": Große Symbolkraft

"Das freundschaftliche Treffen zwischen dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping und seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin zur Eröffnung der Olympischen Winterspiele in Peking war von großer Symbolkraft. In einer Zeit, in der andere Länder von dem Vorgehen dieser eurasischen Giganten beunruhigt sind – von Russlands drohender Invasion in der Ukraine bis hinzu Chinas Völkermord an den Uiguren – stellten sich die beiden Diktatoren ins Rampenlicht, um sich gegenseitig zu unterstützen. (...) Zwischen Russland und China gibt es viele potenzielle Konfliktfelder -wirtschaftlicher, territorialer und anderer Art -, die sie letztlich wie vor 60 Jahren entzweien könnten. (...) Was jedoch im Moment am wichtigsten zu sein scheint, ist die starke gemeinsame Feindseligkeit gegenüber den Vereinigten Staaten und die Überzeugung, dass diese eine schwindende Macht sind, deren Schwäche ausgenutzt werden kann." (APA, 8.2.2022)