"Schmerzt manchmal": Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) im "ZiB 2"-Studie bei Armin Wolf zum neuen ORF-Gesetz.

ZiB 2 ORF-TVthek
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So gern wie selten könnte Susanne Raab Mittwoch auf den Küniglberg gefahren sein, zum Interview mit Armin Wolf in der "ZiB 2". Wenige Stunden zuvor hatte die Medienministerin das neue ORF-Gesetz präsentiert und Kürzungen der "Privilegien" von ORF-Mitarbeitern angekündigt, die Offenlegung von Spitzengehältern und einen um gut ein Sechstel gekürzten, für drei Jahre eingefrorenen ORF-Beitrag.

Das lächelnde Verständnis der Ministerin

"Ich verstehe, das ist für den ORF nicht lustig", versicherte Raab verständnisvoll lächelnd dem ORF-Anchor. Und: "Manchmal schmerzt Veränderung."

Raab kann schon verstehen, dass es für das betroffene Unternehmen in Zeiten von zehn Prozent Inflation wenig Unterhaltungswert hat, wenn es seine Preise für drei Jahre nicht erhöhen darf. Der Preis ist in dem Fall der künftig verpflichtende ORF-Beitrag – den nach ORF-Schätzungen 300.000 weitere Haushalte ab 2024 zahlen müssen, wenn ein ORF-Beitrag unabhängig vom Geräteempfang die GIS ablöst.

Um den Beitrag für alle vertreten zu können, verlangte Raab eine Senkung des Anteils für den ORF von 18,59 auf 15,30 Euro pro Monat; 3,86 Euro Bundesabgaben auf die GIS wurden gestrichen. Der ORF muss bis Ende 2026 kumuliert 325 Millionen Euro sparen. Und Sonderregelungen für ORF-Personal mit älteren Verträgen sollen gekürzt werden.

Eingefroren, transparent

Warum eingefrorene ORF-Beiträge, wenn die Parteiförderung jährlich angepasst wird, will Wolf wissen. Warum Transparenzregeln nicht auch für die Einkünfte von Kammern und Parteiangestellten, warum keine Namenslisten mit den Spitzenverdienern dort, wie im ORF geplant? Warum nicht so strenge Offenlegung von Nebeneinkünften von Abgeordneten wie beim ORF geplant? Warum verordnete der Bund nicht auch die Abschaffung von Landesabgaben auf den ORF-Beitrag (bisher verzichten Vorarlberg, Oberösterreich und künftig jedenfalls Niederösterreich)? Warum wird das Textangebot auf ORF.at um zwei Drittel eingeschränkt? Wer außer der ÖVP, die derzeit dort eine Mehrheit hat, befindet die Besetzungsregeln für die ORF-Gremien für sinnvoll?

Zahlenstreit

Raab arbeitet sich recht entspannt, wenn auch sachlich nicht immer richtig klar durch die Überlänge des Interviews. Sie weist Wolf darauf hin, dass der ORF online zwar nur noch 350 reine Textmeldungen pro Woche, dafür aber mehr als 800 Videomeldungen bringen kann, insgesamt mehr als 1.100 Meldungen. "Deutlich weniger als bisher", wirft Wolf darauf ein.

  • Update/Korrektur: Entgegen meiner ersten Berechnung hatte Wolf offenbar recht damit: ORF.at hat derzeit rund 900 Textmeldungen plus rund 420 Videobeiträge, erfuhr ich inzwischen. Also sind 1.100 tatsächlich deutlich weniger. Danke für die Hinweise. (fid)

Das Limit von 350 Meldungen hat übrigens die ORF-Führung vorgeschlagen – nach Forderungen des Zeitungsverbands, sie auf 100 pro Woche zu reduzieren, sagen Verhandler.

Polemisch, findet Wolf

Und warum nun keine Entpolitisierung der ORF-Gremien? "Ich habe nicht den Eindruck, dass Journalistinnen und Journalisten im ORF nicht unabhängig arbeiten können", sagt Raab. Wolf findet das "Argument polemisch": "Unsere Arbeit wäre viel leichter, wenn wir uns nicht ständig gegen Einflussversuche wehren müssten", etwa bei Jobbesetzungen, die in Regierungssidelettern vereinbart wurden – wie die farbliche Besetzung des aktuellen ORF-Managements.

Das jüngste Höchstgericht

Und warum keine Reform der ORF-Gremien, um Politeinfluss zurückzudrängen? Steht nicht im Regierungsübereinkommen, sagt Raab. Das gilt auch für den neuen ORF-Beitrag für alle, kontert Wolf. Den hat der Verfassungsgerichtshof nötig gemacht, der die GIS als verfassungswidrig aufhob, sagt Raab.

Das Höchstgericht prüft derzeit den Politeinfluss auf die ORF-Gremien, auf eine Beschwerde des Landes Burgenland hin. Da könnte die Regierung also noch einmal abseits des Arbeitsübereinkommens zu tun bekommen. Aber das hat sich Wolf höchstens noch gedacht. (Harald Fidler, 27.4.2023)

Das "ZiB 2"-Interview zum Nachsehen:

ORF